Kants zu abstrakter Universalismus
Von Elena Romano (Berlin)
Meines Erachten handelt es sich beim “Universalismusstreit” um eine Debatte, die eine Grenze von Kants Philosophie berührt und uns aber auch ermöglicht, mit Kant über Kant hinauszuschauen. Ganz allgemein betrifft der Universalismusstreit Kants Konzeption der Rationalität als allgemeine Eigenschaft des Menschen, die zentral für seine Philosophie ist. Problematisch ist dies, da Kant dabei nicht die empirischen (sozialen, historischen, usw.) Bedingungen berücksichtigt, die die Ausübung der Rationalität beeinflussen. In diesem Zusammenhang scheint es jedoch offensichtlich, dass bestimmte Klassen von Menschen für Kant von der Möglichkeit, diese Rationalität auszuüben, ausgeschlossen sind. Kants rassistische und sexistische Behauptungen tragen also letztendlich dazu bei, seinen Universalismus infrage zu stellen. Daraus ergeben sich zwei mögliche Perspektiven auf Kants Philosophie.
Man könnte erstens der Vorstellung von der menschlichen Vernunft als Träger allgemeiner universaler Charakteristiken misstrauen, die alle Menschen unabhängig von ihrer jeweiligen Situierung verkörpern. Der abstrakte Universalismus könnte durch eine alternative Konzeption der Rationalität ersetzt werden, die z. B. auf den Begriff der “situatedness” beruhen könnte.
Zweitens könnte man aber auch Abstand davon nehmen, Kants Universalismus aufgeben und ihn stattdessen radikalisieren. Man könnte sich fragen, unter welchen Bedingungen wir den Universalismus denken und letztendlich verteidigen können, ohne dabei die spezifischen kulturellen und sozialen Voraussetzungen zu verneinen, in die Menschen überall auf der Welt hineingeboren werden.