G. W. F. Hegel
von Christoph Jamme (Lüneburg)
Was feiern wir, wenn wir 250 Jahre Hegel feiern? Feiern wir mit Klaus Vieweg den „Philosophen der Freiheit“? Feiern wir in Hegel den letzten Systematiker, denn das Denken der Freiheit mündet bei ihm in die systematische Ausarbeitung einer Philosophie, die als Idealismus bekannt geworden ist? Oder feiern wir mit Hegel den großen Geschichtsphilosophen, dessen Wirkungen bis hin zu Francis Fukuyamas berühmtem Buch Das Ende der Geschichte reichen? Oder ist Hegel deshalb aktuell, weil er zu Beginn des 19. Jahrhunderts (hier übrigens zusammen mit Goethe) einer der wenigen ist, der jeder Sehnsucht nach Rückkehr in vormoderne Zeiten eine deutliche Absage erteilt hat? Oder ist Hegel einfach nur ein großer Schriftsteller, dessen Hauptwerk Phänomenologie des Geistes als „Geschichte der Bildung des Bewusstseins“ sich auch als Bildungsroman lesen lässt? Oder müssen wir Hegel einfach lieben wegen einiger genialer Sätze wie z.B. dem über die Liebe: „Der Geliebte ist uns nicht entgegengesetzt, er ist eins mit unserem Wesen; wir sehen nur uns in ihm – und dann ist er doch wieder nicht wir – ein Wunder, das wir nicht zu fassen vermögen.“ Noch schöner und eindrucksvoller kurze Bemerkungen wie: „Jedes lieblose ist Gewalt“ oder „der Weg des Geistes ist der Umweg“. Von bleibender Gültigkeit auch seine Bestimmung der Moderne als allgemeine Rechtsfähigkeit: „Es gehört der Bildung, dem Denken als Bewusstsein des Einzelnen in Form der Allgemeinheit, dass Ich als allgemeine Person aufgefasst werde, worin Alle identisch sind. Der Mensch gilt so, weil er Mensch ist, nicht weil er Jude, Katholik, Protestant, Deutscher, Italiener usf. ist. Dies Bewusstsein, dem der Gedanke gilt, ist von unendlicher Wichtigkeit, – nur dann mangelhaft, wenn es etwas als Kosmopolitismus sich dazu fixiert, dem konkreten Staatsleben gegenüberzustehen.“ (Rechtsphilosophie §209). Die aktuelle Gleichsetzung von Kosmopolitismus und Globalisierung müsste von hier aus in Frage gestellt werden.
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