19 Feb

Sich besser fühlen dank analytischer Philosophie

von Thomas Pölzler (Graz)

Jeder von uns trägt ein gewisses Maß an Problemen mit sich herum. Manche werden regelmäßig von Reue oder Schuldgefühlen heimgesucht; andere haben eine Neigung, sich zu ängstigen; wieder andere wurden betrogen und schaffen es deshalb nur schwer, ihrem/r Partner/in zu vertrauen. Probleme wie diese beeinträchtigen unser psychisches Wohlbefinden. Werden sie zu intensiv oder manifestieren sich zu häufig, sprechen wir von psychischen Erkrankungen.

Die Beförderung psychischen Wohlbefindens und psychischer Gesundheit ist in erster Linie Sache der Psychologie, insbesondere in Form von psychotherapeutischen Interventionen oder Beiträgen zur entsprechenden Selbsthilfe-Literatur. Allerdings gibt es auch verschiedene Konnexe zur Philosophie. An dieser Stelle interessiert mich vorrangig, ob philosophische Inhalte und Methoden konkrete Hilfestellungen für weitverbreitete psychische Probleme begründen können. Kann die Philosophie – vermittelt durch Psychotherapien oder Selbsthilfe-Bücher – zu mehr psychischem Wohlbefinden und mehr psychischer Gesundheit beitragen? 

Versuche, philosophisches Denken auf diese Weise praktisch fruchtbar zu machen, haben sich bislang zumeist aus zwei Quellen gespeist. Philosophen/innen bereiten häufig die ethischen Schriften antiker Denker/innen allgemeinverständlich auf oder spinnen sie weiter. Typische Gegenstände ihres Interesses sind beispielsweise Epikur, Seneca oder Epiktet. Psychotherapeuten/innen (etwa der psychoanalytischen und existentialistischen Schule) haben sich hingegen oft von den Ideen kontinentalphilosophischer Autoren/innen wie Kierkegaard oder Heidegger inspirieren lassen.

Bemerkenswert an diesem Stand der Diskussion ist die weitgehende Abwesenheit der gegenwärtigen analytischen Philosophie. Man scheint anzunehmen, dass sie sich angesichts ihres Fokus auf die Analyse von Begriffen, ihrer Orientierung an den Naturwissenschaften und der damit einhergehenden Hintansetzung des Erste-Person-Standpunkts von vornherein als wenig hilfreich disqualifiziert. Meines Erachtens ist diese Annahme jedoch ungerechtfertigt. In diesem Essay werde ich nahelegen, dass die gegenwärtige analytische Philosophie im Gegenteil sogar beträchtliches Potential hat, wenn es darum geht, unser psychisches Wohlbefinden und unserer psychische Gesundheit zu verbessern.

Zuerst werde ich argumentieren, dass das Ausmaß und die Art des potentiellen Beitrags der analytischen Philosophie von der zugrunde gelegten psychotherapeutischen Schule abhängt. Dann skizziere ich zwei jüngere Pionierleistungen auf diesem Gebiet: Iddo Landaus Buch „Finding Meaning in an Imperfect World“ (2017) und Kieran Setiyas Buch „Midlife: A Philosophical Guide“ (2017). In Auseinandersetzung mit diesen Werken diskutiere ich schließlich Probleme und das Potential dieser vielversprechenden praktischen Nutzbarmachung der analytischen Philosophie.

Psychotherapeutische Schulen

Psychotherapeutische Interventionen können auf verschiedensten Schulen basieren. Ein wesentlicher Unterschied zwischen diesen Schulen betrifft ihre theoretischen Annahmen; etwa darüber, wie die menschliche Psyche funktioniert und sich entwickelt, und welche Verhaltens- und Erlebensweisen als krankheitswertig zu betrachten sind. In Folge dieser unterschiedlichen Annahmen raten die Schulen zu unterschiedlichen Verfahren, um unser psychisches Wohlbefinden und unsere psychische Gesundheit zu verbessern.

Analytische Philosophen/innen können eine wichtige Rolle bei der Bewertung der theoretischen Annahmen von psychotherapeutischen Schulen spielen. Dabei stellen sich etwa Fragen wie: Ist die Idee unbewusster mentaler Zustände kohärent? Wenn ja, welche mentalen Zustände können unbewusst sein? Besitzen Emotionen kognitiven Gehalt, d.h. schließen sie eine Bewertung oder ein Urteil ein? Trotz ihrer Konsequenzen für die psychotherapeutische Praxis sind Antworten auf diese Fragen jedoch von unmittelbar eher theoretischem Interesse. Sie helfen uns für sich genommen noch nicht, psychische Probleme besser in den Griff zu bekommen.

Inwieweit und in welchem Sinn die analytische Philosophie auch konkrete praktische Hilfestellungen hervorbringen kann, hängt stark von der psychotherapeutischen Schule ab, der man zugeneigt ist. Nehmen wir etwa die klassischen Freud’sche Psychoanalyse. Dieser Schule zufolge ist unser Verhalten und Erleben stark unbewusst gesteuert. Konflikte und Traumata können durch Verfahren wie Hypnose, Traumdeutung und freie Assoziation überwunden werden. Auf den ersten Blick ist nicht ersichtlich, wie die analytische Philosophie solche Verfahren – oder allgemeiner die Ergründung des Unbewussten – wesentlich befördern können sollte.

Eine psychotherapeutische Schule, die mit der analytischen Philosophie dagegen besonders gut zu harmonieren scheint, ist die kognitive (Verhaltens-)Therapie. Vertreter/innen dieses Ansatzes betrachten unser Verhalten und Erleben als maßgeblich von Kognitionen geprägt. Nicht so sehr eine Situation selbst, sondern vielmehr wie wir diese Situation bewerten, entscheidet darüber, ob wir angstvoll oder entspannt, deprimiert oder glücklich sind. Ziel der kognitiven (Verhaltens-)Therapie ist es daher, dysfunktionale (faktisch falsche, auf Fehlschlüssen beruhende oder wenig hilfreiche) Kognitionen dauerhaft durch funktionalere Alternativen zu ersetzen.

Meines Erachtens können die Inhalte und Methoden der analytischen Philosophie diesen Prozess der kognitiven Umstrukturierung in verschiedener Hinsicht befördern. Beispielsweise liegt es nahe, die Bedeutung lebenspraktischer Begriffe zu analysieren, Schlussfolgerungen logisch und argumentationstheoretisch zu überprüfen und grundlegende erkenntnistheoretische Einsichten zu berücksichtigen. Im Folgenden werde ich dieses Potential der analytischen Philosophie anhand der zwei oben genannten Selbsthilfe-Bücher illustrieren. Diese Bücher fußen implizit auf Grundsätzen der kognitiven (Verhaltens-)Therapie. Ihr Ziel ist es, unser Denken über den Sinn des Lebens und die Symptome des mutmaßlichen Phänomens der Midlife Crisis zu verbessern.

Fallstudie 1: Der Sinn des Lebens

In Iddo Landaus „Finding Meaning in an Imperfect World“ geht es um die Frage nach dem Sinn des Lebens. Manche Menschen sind der Auffassung, dass ihr Leben sinnlos ist (d.h., dass es nicht genügend Wert besitzt). Darunter leiden sie. Landau zufolge lässt sich diese Auffassung oft auf Argumente zurückführen, die sich bei genauerer Betrachtung als problematisch erweisen. Sein Buch behandelt neun solcher Argumente. Exemplarisch werde ich hier die Argumente aus dem Perfektionismus, der kosmischen Bedeutungslosigkeit und der Endzwecklosigkeit unseres Handelns betrachten.

Dem Perfektionismus zufolge könnte beispielsweise nur ein hohes Maß an Wert bzw. ein in sehr schwierigen und seltenen Leistungen bestehender Wert unserem Leben Sinn verleihen. Den meisten Menschen mangelt es an solcher Perfektion. Sie sind weder Einstein noch Mutter Teresa. Landau zufolge legt der Perfektionismus die Latte für sinnerfülltes Leben jedoch zu hoch. Das zeige sich z.B. darin, dass wir perfektionistische Ansichten zurückweisen, wenn es um andere Werte geht (wie etwa Schönheit oder Wissen). Im Gegensatz zu unserem eigenen Leben würden wir typischerweise auch andere Personen nicht an solchen hohen Maßstäben messen. Perfektion zu verlangen scheine sowohl irrational als auch grausam einem selbst gegenüber zu sein. Schließlich sei diese Haltung oft auch ein Produkt von Arroganz und Narzissmus oder übertriebenem Konkurrenzdenken.

Manche Menschen glauben, dass ihr Leben sinnlos ist, weil es sich aus der Sicht des Universums als Ganzem als unbedeutend erweist. Was auch immer wir tun, es ändert den Lauf der meisten Dinge auf unserem Planeten nicht im Geringsten. Noch viel weniger tut es dies mit Bezug auf andere Planeten oder in anderen Sonnensystemen. Gegen dieses Argument führt Landau ins Feld, dass Handlungen auch dann sinnvoll sein können, wenn es ihnen an solchen weitreichenden Konsequenzen mangelt. Als Beispiele nennt er etwa die Erziehung von Kindern zu guten Menschen; Mut im Angesicht von Schmerz, Scheitern und Enttäuschung; sowie das Erreichen eines gewissen Maßes an Weisheit, Glück oder ästhetischer Erfüllung. Weiters sei gar nicht klar, warum wir überhaupt ein Interesse haben sollten, das Universum im Ganzen zu beeinflussen. 

Einem dritten behandelten Argument zufolge ist unser Leben sinnlos, weil es ihm an einem letzten Ziel mangelt, d.h. es ist nicht Mittel zu einem übergeordneten Zweck. Ein Vorschlag Landaus mit Bezug auf diese Annahme besteht darin, sich einfach einen solchen Zweck zu setzen. So könne man sein Leben beispielsweise der Verehrung Gottes oder der Beförderung sozialer Gerechtigkeit widmen. Doch selbst wenn man sich nicht an einem einzigen Ziel ausrichtet, sei es möglich, Sinn zu finden. Schließlich können wir auch viele wertvolle lokale Zwecke realisieren, wie z.B. die Entwicklung und Aufrechterhaltung von Freundschaften oder den Abschluss einer Ausbildung.

Fallstudie 2: Die Midlife Crisis

Kieran Setiyas Buch “Midlife: A Philosophical Guide” analysiert das Phänomen der Midlife Crisis. Worin besteht diese Krise zur Mitte des Lebens? Und wie sollte man ihr begegnen? Setiya erforscht introspektiv, wie es für ihn selbst war, an einer mutmaßlichen Midlife Crisis zu laborieren. Auf diese Weise fördert er fünf seines Erachtens zentrale Symptome zu Tage: das Gefühl, dass das nicht alles gewesen sein kann; das Gefühl, etwas verpasst zu haben; Bedauern über Fehler, Pech und Scheitern; Angst vor dem Tod; und ein Gefühl der Leere. Durch die Analyse der diesen Symptomen zugrunde liegenden Begriffe und Schlussfolgerungen versucht Setiya zu zeigen, dass sie hauptsächlich auf Irrationalität zurückgehen.

Wie erwähnt, manifestiert sich die Midlife Crisis Setiya zufolge unter anderem in dem Gefühl, etwas verpasst zu haben. In der Jugend quillt das Leben vor Möglichkeiten nur so über. Wir hätten etwa einen anderen Beruf, eine/n andere/n Partner/in und einen anderen Wohnort wählen können. Zur Mitte ihres Lebens dämmert vielen Menschen – auf sehr schmerzvolle Weise –, dass diese Alternativen nicht mehr verfügbar sind. Eine Weise, sich mit dieser Beschränkung zu versöhnen, besteht Setiya zufolge in der Erkenntnis, dass sie die Kehrseite von etwas sehr Positivem ist. Das Leben beinhalte so viele verschiedene inkommensurable Werte, dass wir sie unmöglich alle realisieren können. Darüber hinaus warnt Setiya auch davor, den Wert bloßer Möglichkeiten zu überschätzen und die Jugend zu romantisieren.

Fehler, Pech und Scheitern zu bereuen, ist ein weiteres von Setiyas Symptomen der Midlife Crisis. Eltern können diesem Symptom begegnen, indem sie sich vor Augen führen, dass vor der Zeugung ihrer Kinder liegende negative Ereignisse eine notwendige Bedingung für die Existenz dieser Kinder waren. Sie haben somit großen Wert ermöglicht. Weiters macht das Buch darauf aufmerksam, dass alternative Lebensverläufe sich möglicherweise weniger reibungslos entwickelt hätten, als man zu denken geneigt ist. In einem anderen Beruf, mit einem/r anderen/r Partner/in oder an einem anderen Ort könnte es mir schlechter gehen als in meinem jetzigen Leben. Schließlich sollten wir uns auch regelmäßig das Gute in und um uns herum bewusst machen. Dies mache es rational, das Hier und Jetzt den meisten abstrakten „Was wäre wenn?“-Szenarien vorzuziehen.

Ein dritter Bestandteil von Setiyas Analyse ist das Gefühl der Leere. Dieses Gefühl führt er, anknüpfend an Schopenhauer, auf einen systematischen Defekt hinsichtlich der Realisierung von Projekten zurück. So lange wir an einem Projekt arbeiten, leiden wir darunter, es noch nicht zu Ende gebracht zu haben. Mit seinem Abschluss werden die Dinge allerdings nicht besser. Wir verlieren, was unserem Leben Sinn und Orientierung gab. Setiya argumentiert, dass Gefühle der Leere dadurch gemildert werden können, dass wir vermehrt „atelische“ Handlungen ausführen: Handlungen, die nicht auf das Erreichen eines Endzustands abzielen. Z.B. können wir einen Spaziergang unternehmen, Zeit mit Freunden verbringen oder die Natur genießen. Indem wir uns auf den Weg konzentrieren (z.B. philosophieren), und nicht so sehr auf das Ziel (ein fertiges Buchmanuskript), könnten wir selbst unseren Projekten einen gesunden atelischen Touch verleihen. Achtsamkeits-Meditation ist Setiya zufolge ein effektives Training für so einen Perspektivenwechsel.

Probleme und Potential

Die Wirksamkeit der kognitiven (Verhaltens-)Therapie ist empirisch hervorragend belegt; weitaus besser als jene der meisten anderen psychotherapeutischen Schulen. Die beiden hier vorgestellten Bücher illustrieren deshalb meines Erachtens gut, wie die analytische Philosophie auf plausible Weise konkrete praktische Hilfestellungen begründen kann. Landau und Setiya entlarven und korrigieren dysfunktionale Kognitionen mit Bezug auf bedeutsame existentielle Fragen. Gelingt es uns, ihre Erkenntnisse zu internalisieren, erscheinen positive Effekte auf unser psychisches Wohlbefinden und unsere psychische Gesundheit tatsächlich wahrscheinlich.

Gleichzeitig wird auch deutlich, worauf Forscher/innen an dieser Schnittstelle zwischen analytischer Philosophie und Psychotherapie/Selbsthilfe in Zukunft noch größeres Augenmerk legen sollten. Dies betrifft meines Erachtens vor allem den Umgang mit empirischen Hypothesen.

“Finding Meaning in an Imperfect World” ist reich an solchen Hypothesen. Wie erläutert, weist Landau etwa den Perfektionismus zurück, weil wir eine solche Ansicht auch mit Bezug auf andere Werte nicht vertreten; weil wir andere Personen typischerweise nicht an solchen hohen Maßstäben messen; weil perfektionistische Tendenzen manchmal ein Produkt von Arroganz und Narzissmus sind; und weil sie oft auch von übertriebenem Konkurrenzdenken herrühren. Für diese Hypothesen schuldet uns Landau Belege, z.B. Beschreibungen relevanter psychologischer Studien. Weder in diesem noch in anderen Fällen kommt er dieser Verpflichtung jedoch nach (nicht einmal in Form von Literaturverweisen).

Damit zusammenhängend fragt man sich gelegentlich auch, wie manche empirischen Hypothesen des Buches dessen Konklusionen überhaupt stützen sollten. Gestehen wir Landau etwa zu, dass Perfektionisten bezüglich des Sinns des Lebens eine solche Haltung gegenüber dem Schönen, Wissen, etc. typischerweise ablehnen. Dies muss nicht als ein Einwand gegen den Perfektionismus betrachtet werden. Genauso gut könnte man argumentieren, dass der Sinn des Lebens (als ein besonderer Wert zweiter Ordnung) einfach schwieriger zu realisieren ist als diese anderen Werte. Ähnliche Fragen werfen auch Landaus Hypothesen auf, wonach der Perfektionismus oft auf Arroganz, Narzissmus oder übertriebenes Wettbewerbsdenken zurückzuführen ist. Wie etwa sollte die Tatsache, dass der Perfektionismus auf diese Weise verursacht ist, seine Rechtfertigung oder Wahrheit unterminieren?

Auch die empirischen Aspekte von Setiyas Buch werfen Fragen auf. So ist etwa unklar, ob die Midlife Crisis überhaupt ein reales psychologisches Phänomen ist. Setiya zitiert einige ökonomische Studien, die nahelegen, dass unser Wohlergehen die Form einer U-Kurve aufweist: Von einem relativ hohen Stand in jungen Erwachsenenjahren fällt es ins mittlere Alter hin ab, ehe es im letzten Abschnitt unseres Lebens wieder steigt. Die Evidenz für diese U-Kurve ist jedoch schwach. So ist etwa der suggerierte Wohlergehens-Abfall im mittleren Alter bestenfalls gering; und ob er sich als statistisch signifikant erweist, hängt von zahlreichen kontroversen methodologischen Entscheidungen und philosophischen Annahmen ab (z.B. der Annahme, dass sich Wohlergehen auf Basis von Selbstbeschreibungen messen lässt). Wenig überraschend haben daher andere Studien auch überhaupt keine U-Kurve zu Tage gefördert, oder nur hinsichtlich bestimmter Weltregionen.

Doch nehmen wir an, es gibt diesen Wohlergehens-Abfall im mittleren Alter. Ist die beste Erklärung dafür tatsächlich die Midlife Crisis im Sinne Setiyas (also das Gefühl, dass das nicht alles gewesen sein kann; das Gefühl, etwas verpasst zu haben; Bedauern über Fehler, Pech und Scheitern; Angst vor dem Tod; und das Gefühl der Leere)? Für diese Auffassung bringt Setiya kaum Gründe vor. Seine Argumentation hängt überdies abermals von nicht belegten empirischen Annahmen ab. Schließlich bleiben auch plausible alternative Erklärungen für die potentielle U-Kurve unseres Wohlergehens unerläutert: etwa, dass es sich dabei um ein biologisches Phänomen handelt (den Beobachtungen von Zoo-Mitarbeiter/innen nach zu urteilen, zeigt sich die U-Kurve bei Menschenaffen), dass sie auf Stress oder nicht erfüllte Erwartungen zurückzuführen ist, etc.

Die in den vorangegangenen Absätzen vorgebrachten Einwände sind nicht als Widerlegung der Ansichten Landaus und Setiyas zu verstehen. Unzureichend begründete empirische Hypothesen können sich als wahr herausstellen. Manche der in „Finding Meaning in an Imperfect World“ und „Midlife: A Philosophical Guide“ vorgebrachten Auffassungen und Argumente besitzen keinen empirischen Gehalt. Und auch wenn es so etwas wie eine Midlife Crisis gar nicht geben sollte, würde Setiyas Buch noch immer plausible und hilfreiche Ratschläge für all jene bereithalten, die – in welchem Alter auch immer – mit den thematisierten existentiellen Problemen wie Bedauern, Angst vor dem Tod, Gefühlen der Leere, etc. hadern.

Mein Anliegen ist vielmehr methodologischer und prospektiver Natur. Vor allem auf Grundlage der kognitiven (Verhaltens-)Therapie kann die analytische Philosophie meines Erachtens einen bedeutsamen Beitrag zu mehr psychischem Wohlbefinden und mehr psychischer Gesundheit leisten. Landaus und Setiyas Bücher legen davon eindrucksvoll Zeugnis ab. Um dieses Potential voll auszuschöpfen, sollten Philosophen/innen jedoch in Zukunft auch die empirischen Voraussetzungen ihrer Argumente ergründen und belegen; sei es, dass sie sich mit der verfügbaren psychologischen Literatur auseinandersetzen, selbst Studien durchführen (im Sinne der experimentellen Philosophie) oder mit Psychologen/innen oder Psychotherapeuten/innen zusammenarbeiten.  

Auf jeden Fall hoffe ich, dass sich schon bald mehr analytische Philosophen/innen dem vielversprechenden und lohnenswerten Projekt anschließen, konkrete praktische Hilfestellungen für psychische Probleme zu erarbeiten. 

Bibliografie

Landau, Iddo (2017): Finding Meaning in an Imperfect World. Oxford: Oxford University Press.

Setiya, Kieran (2017): Midlife: A Philosophical Guide. Princeton: Princeton University Press.

Kurzbiografie

Thomas Pölzler ist Post-Doc Universitätsassistent am Arbeitsbereich Praktische Philosophie des Instituts für Philosophie der Karl-Franzens-Universität Graz. Er ist Autor des Buches Moral Reality and the Empirical Sciences, das 2018 bei Routledge erschienen ist.

Copyright Hinweise

Zu den Passagen über Iddo Landaus Buch:

Reproduced and translated from Thomas Pölzler. Book Review. The Philosophical Quarterly (2018) doi.org/10.1093/pq/pqy052. Published by Oxford University Press on behalf of The Scots Philosophical Association and the University of St Andrews online at: https://academic.oup.com/pq/advance-article/doi/10.1093/pq/pqy052/5146592. For permissions email: journals.permissions@oup.com

This work has been translated and reprinted by permission of Oxford University Press on behalf of The Scots Philosophical Association and the University of St Andrews. OUP and The Scots Philosophical Association and the University of St Andrews are not responsible or in any way liable for the accuracy of the translation. The translator is solely responsible for the translation in this publication.

Zu den Passagen über Kieran Setiyas Buch:

Reproduced and translated from Thomas Pölzler. Book Review. Pölzler, Thomas (2018): Review of Kieran Setiya’s “Midlife: A Philosophical Guide.” Ethical Perspectives 25 (3), 575-579. Published by Peeters Publishers.

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