Erziehen durch Erzählen. Moralische Bildung im Raum des Fiktionalen
von Anke Redecker (Bonn)
Versteht man Bildung als ein sinn- und verantwortungsvolles Sich-ins-Verhältnis-Setzen zu anderen, anderem und sich selbst, so kann damit ein Humboldtsches Bildungsverständnis angesprochen werden,[1] das sich im fortlaufenden – zum Beispiel wahrnehmenden, bestimmenden und wertenden – Bezug des Menschen zur Welt charakterisieren lässt. Da es sich bei diesem Weltbezug nicht um „meine“ von mir –zum Beispiel ideologisch oder kulturspezifisch – zurechtgedachte Welt, sondern um „die“ Welt handelt, ist mit dieser Auseinandersetzung zugleich eine zwar je perspektivische, aber letztlich kosmopolitische Relation[2] verbunden, geht es doch um „den“ Menschen schlechthin, der die Welt – mit ihren vielfältigen Bewohnerinnen und Bewohnern – erfährt und zu verstehen versucht sowie zu verantwortlichen weltbezogenen Urteilen und Gestaltungen aufgerufen ist.