07 Okt

Tiere ernähren

Von Bernd Ladwig (Berlin)


Jedes Tier muss sich von etwas ernähren, um überleben und gut leben zu können. Wir Menschen machen da keine Ausnahme. Allerdings unterscheidet uns manches von anderen Tieren. Zunächst einmal sind wir Omnivoren: Wir vertragen pflanzliche ebenso wie tierliche Nährstoffe. Sodann sind wir besonders erfinderisch und können Nährstoffe synthetisch herstellen. Vitamin B12 zum Beispiel ist in Pflanzen kaum enthalten, aber wir gewinnen es biotechnologisch aus Bakterienkolonien, was uns eine vegane Lebensweise erlaubt. Und schließlich sind wir zur Reflexion fähig und darum für unser Handeln normativ zuständig. Eine Bratwurst mag noch so verlockend duften, wir können ihr dennoch widerstehen, wenn wir dafür gute Gründe zu haben glauben.

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09 Mai

Rawls und die Kritik am Distributionsparadigma

Von Bernd Ladwig (Berlin)


Für Rawls ist Gerechtigkeit die erste Tugend sozialer Institutionen. Die Grundfrage einer Theorie der Gerechtigkeit laute, wie die gesellschaftliche Grundordnung die Rechte und Pflichten sowie die Früchte der Zusammenarbeit unter den Angehörigen eines Gemeinwesens verteilen sollte. Die gerechte Verteilung beschränkt sich dabei nicht auf ein System gleicher persönlicher und politischer Grundfreiheiten. Sie schließt auch den Zugang zu Ämtern und Positionen sowie sozioökonomische Güter ein. Vor allem aber soll sie das wichtigste Grundgut der Gerechtigkeit, die sozialen Grundlagen der Selbstachtung, gewährleisten. Jeder soll sich selbst für wert befinden, in der Gesellschaft, der er ein Leben lang angehört, seine Fähigkeiten zu entfalten und den eigenen Überzeugungen zu folgen.

Weil der Utilitarismus dies nicht garantieren könne, verwirft ihn Rawls als Rahmen seiner Theorie. Diese ist ihrer Grundanlage nach distributiv: Jeder einzelne muss die soziale Grundordnung aus seiner eigenen Perspektive gutheißen können; jedem kommt unter der Bedingung der Gleichheit aller ein Vetorecht zu. Die Gesellschaft muss darum noch für die schlechtestgestellten Mitglieder jeder möglichen Alternative vorzuziehen sein. Rawls stellt sie sich als einen einzigen langfristigen Kooperationszusammenhang vor, der nach dem Grundsatz der Reziprozität fair geregelt ist. Die Menschen bringen ihre verschiedenen Vermögen in die Zusammenarbeit ein, und niemand wird dabei für Eigenschaften belohnt oder benachteiligt, für die er nichts kann. Die von Natur aus Begabteren sollen besondere materielle Vorteile nur genießen, soweit dies nötig ist, um das Los auch der weniger Begabten zu verbessern. Es ist vor allem dieser Gedanke der Gegenseitigkeit, und nicht die spieltheoretische Modellierung einer lebensentscheidenden Wahl unter Ungewissheit, der dem Differenzprinzip zugrunde liegt.

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