17 Nov

Verschont das Denken mit Experimenten. Oder: Warum Gedankenexperimente in Philosophie und Moral nichts zu suchen haben

Von Falk Bornmüller (Halle-Wittenberg)


Es scheint ganz einfach zu sein: Gedankenexperimente sind Experimente in Gedanken – und da beide Komponenten dieses Wortes positiv besetzt sind, wird das charmant verkuppelte Kompositum in philosophischen Kontexten mittlerweile derart rege und affirmativ gebraucht, als verstünde es sich bereits von selbst, was Experimentieren in Gedanken zu bedeuten habe. Dabei evoziert das Wort „Gedankenexperiment“ eine latent szientistische Vorstellung, die gerade im Bereich der Praktischen Philosophie kritisch zu betrachten ist.

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05 Nov

Was taugen philosophische Gedankenexperimente? Zur Ethik des Kontrafaktischen

Von Florian Arnold (Stuttgart)


Wer sich in seinem Leben länger an philosophischen Instituten aufgehalten hat, dem dürfte die Situation schon einmal untergekommen sein, dass im Zuge einer Seminarübung, ausgestattet mit einem oder mehreren Texten und befeuert durch den didaktischen Übermut des Dozierenden, die Welt in Gedanken kurzerhand auch einmal vernichtet werden kann – wenn auch in der erklärten Absicht, sie wieder aufzubauen. Wer zudem noch im Heidelberg der Nullerjahre die Gelegenheit hatte, den Gedankengängen eines äußerst jungen, begeisternden Dozenten zu folgen, die nicht selten in einem skeptischen Szenario eines totalen Verblendungszusammenhangs mündeten, der mag sich seinerseits heute nicht mehr wundern, dass es die Welt nicht geben soll und der Geist zu einer Fiktion par excellence geworden ist. – Aber kann man das so einfach: Szenarien im Kopf entwerfen, daraus Konsequenzen entwickeln und zu guter Letzt behaupten, der Wahrheit näher gekommen zu sein? Klingt das nicht zu sehr nach dem Wunsch, die Differenz von Wunsch und Wirklichkeit zu verwischen? Und überhaupt, spricht hieraus nicht die berühmt-berüchtigte Weltfremdheit einer ewig alten Philosophenzunft: Kopfgeburten zur Welt zu bringen und bei Komplikationen eher die Existenzberechtigung der Welt in Zweifel zu ziehen? Kann man eine solche Weltverweigerungshaltung mit absolutem Wahrheitsanspruch heute noch ernst nehmen?

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