Alles noch normal? Im Graubereich zwischen psychischer Gesundheit und psychischer Erkrankung
Dieser Blogbeitrag basiert auf einem Aufsatz, der in Ethik in der Medizin erschienen ist.
Von Tobias Skuban-Eiseler (München)
„Neulich habe ich kurz vor dem Einschlafen den Eindruck gehabt, komische Dinge zu sehen. Es war, als ob ich wirklich mitten in einem Film wäre. Bin ich noch normal oder schon psychisch krank?“ Diese Frage wurde mir neulich durch einen Patienten gestellt. Ich konnte ihn schnell beruhigen und darauf hinweisen, dass dieses bekannte Phänomen als „hypnagoge Halluzinationen“ bezeichnet wird und er nicht an einer psychischen Erkrankung leidet. Beim Nachdenken über dieses Gespräch hatte ich allerdings das Gefühl, dass da irgendetwas in der Kommunikation nicht ganz stimmig war. Völlig intuitiv hatte ich beigepflichtet, dass es sich bei den Begriffen „Normalität“ und „psychische Erkrankung“ um ein Gegensatzpaar handelt. Zumindest hatte ich an der Formulierung des Patienten keinen Anstoß in Bezug auf die Begriffslogik genommen. Dass ich damit nicht alleine stehe, zeigt sowohl der alltagssprachliche Gebrauch wie auch die wissenschaftliche Literatur. Auch hier wird „Normalität“ und „psychische Erkrankung“ durchaus als Gegensatzpaar verwendet. Ist dem aber wirklich so und wenn nicht – birgt eine solch möglicherweise ungerechtfertigte Verwendung der Begriffe auch Gefahren?
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