Medienbildung und anthropomorphe Maschinen
von Tobias Hölterhof (Köln)
Vor wenigen Woche veröffentlichte ein Startup-Unternehmen aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz ein Video auf YouTube. Zu sehen sind zunächst zwei Menschen: Ein Mann und eine Frau stehen bewegungslos da. Sie blicken die Zuschauenden des Videos posend an und tragen lässige Kleidung. Der Mann ist mit einem dunkelgrauen Parka, einer sandfarbenen Hose und hohen Lederstiefeln bekleidet. Die Frau ist weniger warm angezogen. Sie trägt glänzende Stiefel, eine dreiviertel lange, schwarze Hose und einen olivgrünen Pullover. Nach wenigen Sekunden springt das Video zu einer Matrix von drei mal fünf ähnlichen Bildern. Zu sehen sind zunächst sich bewegende Männer. Alle sind lässig bekleidet und verändern ruhig ihre Gebärden. Sie machen einen kleinen Schritt zur Seite oder bewegen bedacht ihre Schultern. Der Blick ist stets nach vorne auf den Zuschauenden gerichtet. Dann metamorphosieren die Personen während ihrer Bewegung zu Frauen. Manche lehnen sich an eine Wand an. Plötzlich kehrt sich die Bewegung der Personen um, als würde der Film eine kurze Zeit rückwärts laufen. Dann sind alle 15 Personen in exakt der gleichen Körperhaltung und -bewegung zu sehen. Die Männer und Frauen sind völlig unterschiedlich gekleidet jedoch halten sie ihre Arme und Hände an der gleichen Stelle. Ihre Schultern haben den gleichen Winkel, der Kopf schaut mit dem gleichen Blick und alle Beine sind leicht angewinkelt. Für einen Augenblick sind alle Bewegungen völlig simultan, dann lösen sie sich wieder aus dem Gleichschritt. Das Video springt auf eine Matrix von sechs mal zehn Bildern. Einige der nun sechzig Personen bewegen sich gleich, andere Bewegungen wirken wie horizontale Spiegelungen. Die Dramaturgie ist ungewöhnlich präzise.
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