Seuchen, Ängste und die Ordnung der Gesellschaft – Was die Corona-Pandemie mit Zombies und Vampiren zu tun hat

Von Andrea Klonschinski (Kiel)

1. Einleitung

Durch die ersten Berichte über die Corona-Epidemie in Wuhan sowie die zunächst nur drohende, dann aber schnell tatsächlich stattfindende globale Ausbreitung des Virus („Das Virus ist jetzt in Europa!“ – „Erster Infizierter in Italien!“ – „Erster Fall in Deutschland!“), fühlte ich mich anfangs schmunzelnd, dann zunehmend beunruhigt an jüngere Horrorfilme, wie 28 Days Later (Danny Boyle, 2002) und I am Legend (Francis Laurence, 2007) oder die Serie The Walking Dead (AMC, seit 2010) erinnert. Bilder von menschenleeren Straßen oder Plätzen, auf denen sich sonst dicht gedrängt Einheimische und Touristen tummeln, haben diese Assoziation und das Gefühl, sich einer unheimlichen und surrealen Lage zu befinden, noch verstärkt. Genau wie in unserer aktuellen Situation ist auch in den genannten Filmen eine Virus-Pandemie Schuld an solchen Bildern und Berichten – anders als bei uns hat dieses Virus dabei bereits den Großteil der Menschheit dahingerafft und in blutrünstige Zombies verwandelt. Diese gedankliche Verbindung von Corona-Pandemie und Zombie-Apokalypse mag auf den ersten Blick makaber und unangemessen wirken. Ich meine aber, dass eine Weiterverfolgung dieser Assoziation uns helfen kann, die aktuelle Situation und unsere damit verbundenen Ängste reflektieren und damit die Bedrohlichkeit der Corona-Pandemie für uns als Individuen, aber auch als Gesellschaft besser einordnen zu können.

Meine Ausgangüberlegung lautet, dass wir es bei dem Corona-Virus mit einem Monster zu tun haben. Monster lassen sich generell dadurch charakterisieren, dass sie eine Abweichung von der Norm darstellen und dabei sowohl natürliche als auch gesellschaftliche Gesetze außer Kraft setzen (vgl. Foucault). Im Monster manifestiert sich „das Andere“, das von der Gesellschaft Abgelehnte, Unterdrückte oder Gefürchtete. Die Tatsache, dass dieses Andere die gesellschaftliche Normalität bedroht, stellt für den Medienwissenschaftler Eckhard Pabst das konstitutive Merkmal des Horrorfilms dar (vgl. Pabst 1995). Der Horror in uns wird also durch die Konfrontation mit dem gesellschaftlich Verdrängten und Unterdrückten hervorgerufen (vgl. Wood 1978).

Während der Horrorfilm indes meist ein phantastisches Element aufweist, können in der kollektiven Vorstellung auch ganz reale, mit Bedeutung aufgeladene Krankheiten die Funktion übernehmen, das Andere zu repräsentieren (vgl. Sontag 1978). Dies gilt insbesondere für durch Viren hervorgerufene Erkrankungen. Viren dienen dabei als Metapher für bedrohliche Fremdkörper, für unsichtbare Eindringlinge, die den individuellen Körper bedrohen. Sie wecken Assoziationen von ungebremster Ansteckung – man denke nur an die Redeweise, ein Video gehe „viral“ – und durch diese Ansteckung und Ausbreitung bedrohen sie zugleich den kollektiven Körper und die Ordnung der Gesellschaft (vgl. Sontag 1978, Dinges 2004, Schmitt/Scholz 2020). Diese Vorstellung bringt z. B. Donald Trump zum Ausdruck, wenn er von COVID-19 als „chinese virus“ spricht und einen Krieg gegen den unsichtbaren Feind ankündigt. In diesem Sinne kann das Corona-Virus als monströs bezeichnet werden. Um die mit ihm verbundene Bedrohung genauer fassen zu können, hilft ein Blick auf zwei Arten von Monstern: Vampire und Zombies.

2. Monströse Infektion im 18. und 19. Jahrhundert: Der Vampir

Vor dem Hintergrund der Überlegung, dass Monster die Normalität bedrohen, leuchtet ein, dass es sich dabei meist um Mischwesen wie beispielsweise Chimären handelt, die die natürliche und gesellschaftliche Ordnung in Frage stellen (vgl. Foucault/Parr 2013: 4). Auch Zombies und die kulturgeschichtlich betrachtet wesentlich älteren Vampire stellen in verschiedenerlei Hinsicht solche Mischwesen dar: sie sind eine Mischung aus Animalischem und Menschlichem, aus Leben und Tod, zugleich aber weder richtig lebendig noch richtig tot und sprengen damit nicht nur naturwissenschaftliche Grenzen, sondern auch unsere Kategorien zum Verständnis der Welt (vgl. Groom 2018). Was diese Wesen für unseren Kontext interessant macht, ist ihre enge Verbindung mit dem Phänomen der Ansteckung. In Vampiren und Zombies manifestieren sich somit in besonderer Weise individuelle und kollektive Ängste vor Epidemien, wenn auch in ganz unterschiedlicher Art und Weise.

Im 18. und teils auch noch 19. Jahrhundert war der Vampir nicht nur ein bloßes Symbol für Infektionskrankheiten; sein Biss wurde vielmehr in einer Zeit, in der man sich plötzliche Ausbrüche und Verbreitungen teils rapide zum Tode führender Krankheiten nicht erklären konnte, tatsächlich für auftretende Epidemien verantwortlich gemacht (vgl. Johnson 2011). Nick Groom (2018: 48) berichtet etwa von folgendem Fall aus Kroatien:

In August 1737, the island of Lastovo was struck by a severe outbreak of dysentery [Ruhr], and the sickness was blamed on a vampire. […] Corpses were duly exhumed, and those that were bloated with blood (and therefore proven to be vampires) were impaled, decapitated and hamstrung; […]. A series of depositions was duly made to the archbishop of Dubrovnik, beginning on 14 October 1737, and on 3 December 1737 the priest Dom Marin Pavlovic reported that ‘Some say that illness comes when a person catches a chill, others that the air is infected with the plague, others that it is God’s punishment, and others that vampires (kosci) cause it’.

Entsprechend kam es immer dann vermehrt zu Berichten von Vampirismus, wenn unerklärliche Krankheiten und Todesfälle auftraten (vgl. History.com Editors 2020). Auch die vermeintlichen Beweise, dass man es bei einer exhumierten Leiche mit einem Vampir zu tun habe – wie etwa der mangelnden Verwesung sowie nicht geronnenem Blut, das durch Mund und Nase austritt – dürften auf damalige Wissenslücken hinsichtlich des Verwesungsprozesses zurückzuführen sein. Verhaltensänderungen von vermeintlich zu Vampiren transformierten Personen wiederum sind vermutlich selbst Symptome von Krankheiten wie beispielsweise Tollwut – häufig durch Fledermäuse und Wölfe übertragen, Tiere also, in die der Vampir sich bekanntlich verwandeln kann (Johnson 2011). Die Figur des Vampirs ist somit historisch (unter anderem) sowohl als Projektionsfläche für Ängste vor Krankheit und Ansteckung als auch als erklärendes Element für andernfalls unerklärliche körperliche Vorgänge zu betrachten. Im Vergleich zur Figur des Zombies zeigt sich jedoch, dass sich letztere wesentlich besser eignet, um in der heutigen aufgeklärten, rationalen und globalisierten Welt das Andere zu verkörpern.

3. Zombies als Monster des 20. und 21. Jahrhunderts

Das Konzept des Zombies entstammt dem Haitischen Voodoo-Kult, wurde in den 1920ern durch den Amerikaner William Seabrook und seiner sensationalistischen Studie The Magic Island popularisiert und fand bald Eingang in das Horrorgenre (Davis 2011, Harris 2011, Crockett/Zarracina 2016, DiPlacido 2017). Für das hier verfolgte Erkenntnisinteresse sind dabei besonders die seit George Romeros Dawn of the Dead (1978) „typischen“ Zombies relevant, wie sie sich auch in den eingangs genannten Filmen finden. Es handelt sich dabei um Untote, die auf Menschenfleisch aus sind und deren Biss Mensch (und Tier) ebenfalls zu Zombies werden lässt. Ein relevanter Unterschied zum Vampir besteht darin, dass Zombies vor allem in Horden anzutreffen sind. Dies ist für die durch sie konstituierte Bedrohung auch essenziell, da sie sich oft langsam und ungelenk bewegen, die Flucht vor einem einzelnen Exemplar daher einfach wäre (siehe insbesondere The Dead Don’t Die, Jim Jarmusch, 2019; anders aber etwa in I am Legend) – ganz im Gegensatz zum Vampir, welcher meist mit übermenschlichen Kräften und übernatürlichen Fähigkeiten ausgestattet ist. Treten zudem Vampire in Film und Literatur als unheimliche, aber zugleich faszinierende und verführerische Individuen in Erscheinung – man denke an Bram Stokers Graf Dracula oder den Vampir Lestat de Lioncourt aus der Feder von Anne Rice –, ist der Zombie willenlos, äußerlich abstoßend, da bereits halb verrottet, und ein jeglicher Individualität entbehrendes Teil einer Masse. Und während Vampire noch durch ein spezifisches Vorgehen unschädlich gemacht werden können, hilft beim Zombie nur die totale und brutale körperliche Zerstörung. Damit wird deutlich, warum der Zombie so gut geeignet ist, das Unterdrückte und Abgelehnte, das Andere unserer Gesellschaft zu personifizieren: wir streben Individualität, Rationalität und Effizienz an, wollen unseren Körper kontrollieren, fit und jung halten. Welche Provokation ist da eine Horde schlurfender, halb-verwester Zombies, reine Körper ohne Geist, die uns auch noch anzustecken drohen?

Anders als der Vampir bedroht der Zombie als Massenphänomen nicht nur einzelne Dörfer und Städte, sondern die Existenz der Menschheit insgesamt. Dabei spielt die Globalisierung eine wichtige Rolle, wie sich etwa am Film World War Z (Marc Forster, 2013) zeigt. Der Protagonist, ein UN-Mitarbeiter, fliegt darin um die Welt, um dem Ursprung der Zombie-Pandemie auf die Spur zu kommen. Die Szene, in der Zombies in Massen die um Jerusalem errichtete Mauer stürmen, dürfte dabei nicht zufällig Assoziationen zur aktuellen Migrations-Debatte wecken. Auch dabei geht die gefühlte Bedrohung nicht von einzelnen Flüchtlingen aus, sondern von gefürchteter massenhafter Migration. Und damit sind wir wieder bei Corona.

4. Corona und die Zombie-Pandemie

Die Bedrohung durch Corona kann nämlich analog verstanden werden. Erkranken Einzelne am Corona-Virus, so ist das für diese Personen misslich, insbesondere, wenn sie einer Risikogruppe angehören. Dasselbe gilt aber auch für die gemeine Influenza. Das besonders Problematische am Corona-Virus, so haben wir alle in den letzten Wochen lernen müssen, ist seine exponentielle Verbreitung und die dadurch ausgelöste Überlastung des Gesundheitssystems – dies ist schließlich der Grund für Maßnahmen wie Kontaktverbote und Ausgangssperren. Dass hier Freiheitsrechte zur Disposition stehen und autoritäre Regime womöglich bei der Seuchenbekämpfung im Vorteil sind, hat World War Z im Übrigen ebenfalls thematisiert: das einzige Land, das die Zombie-Pandemie erfolgreich hat abwenden können, ist hier nämlich Nordkorea. Das Regime hat kurzerhand allen Menschen die Zähne ziehen lassen und gegenseitiges Beißen somit verunmöglicht.

Diese Maßnahme weist auf eine weitere Parallele zur Corona-Pandemie hin: die Gefahr geht von den Mitmenschen aus und dies in dreierlei Hinsicht. Erstens können prinzipiell alle Mitmenschen mit dem Corona-Virus infiziert sein und damit eine unmittelbare Gefahr für die eigene Gesundheit darstellen. Im Vampir- und Zombiegenre ist zwar meist klar, wer ein Vampir oder Zombie ist, aber auch hier findet sich das Motiv der latenten Unsicherheit, ob es sich beim Gegenüber bereits um einen Verwandelten oder noch um einen Mitmenschen handelt. Neben dieser spannungsgeladenen Ungewissheit thematisieren Filme häufig die Phase des Übergangs einer Figur. In I am Legend etwa wird die Einsamkeit des Protagonisten Robert Neville nur durch die Anwesenheit seines Hundes Samantha gemildert. Nachdem diese von einem Zombie gebissen worden ist, versucht Neville erfolglos sie mit einem Gegenmittel zu behandeln. Sam in den Armen haltend erlebt Neville mit, wie sie sich von seiner geliebten Begleiterin in eine gefährliche Bestie verwandelt und ist schließlich gezwungen, sie zu töten. Ähnlich wird bereits in Dawn of the Dead an die Menschen appelliert, die Zombies nicht (mehr) als Familienangehörige zu betrachten. Auch im Rahmen der Corona-Pandemie müssen wir einen Perspektivwechsel auf unsere Freunde und Verwandten vornehmen: wir möchten bei unseren Großeltern sein oder uns um Erkrankte kümmern, dürfen diesen Impulsen aber nicht nachgeben. Wir selbst als potenziell Infizierte sowie möglicherweise oder erwiesenermaßen erkrankte Freunde und Angehörige sind somit in gewisser Weise nicht mehr dieselben wie vorher (und nachher) und müssen uns einander gegenüber anders verhalten und distanzieren, auch wenn es schwerfällt – so wie es Neville schwerfällt, das Wesen, das mal Sam war, zu töten, obwohl es notwendig ist.

Zweitens können andersherum Mitmenschen gegenüber den Erkrankten oder für krank Gehaltenen gefährlich werden. In einem Brief an ihren Sohn Bram aus dem Jahr 1873 schildert Charlotte Stoker, wie sie als Kind eine Cholera-Epidemie in Irland miterlebte. Sie geht dabei auf die Furcht ein, die Berichte der sich nähernden Seuche auslösten: „‚It is in France‘, they said. ‚It is in Germany’, and ‚It is in England.‘ Then, with wild affright, we began to hear the whisper passed, ‘It is in Ireland’” (Stoker/Barker 2018: 584) – erinnert sei an die Eingangspassage dieses Textes. Mit noch größerem Horror erfüllt Charlotte indes der Umgang mit den Erkrankten. So berichtet sie von einem Priester, der Tag und Nacht mit einer Pferdepeitsche auf den oberen Stufen des Krankenhauses gesessen habe,

to prevent those wretches dragging the patients down the stairs by the legs with their heads dashing on the stone steps, before they were dead. The habit was when a new batch arrived for whom there were no beds, to take those who were stupified [sic] from opium and nearest death and remove them to make room for the new arrivals. Many were said to be buried alive. (Stoker/Barker 2018: 285)

Das Begraben Lebendiger dürfte seinen Teil zum Vampir-Mythos beigetragen haben. Als Charlottes Familie aus dem Ort fliehen will, werden sie gestoppt von einem mit Heugabeln und Sensen bewaffneten Mob, der sie nicht zum nächsten Ort durchlassen will – „Fear had maddenend them“ (Stoker/Barker 2018: 589). Von der als Schwarzer Tod bekannten Pest-Pandemie im Mittelalter wird berichtet, wie sterbende Familienangehörige und sogar Kinder aus Furcht vor der Seuche verlassen und einem einsamen, qualvollen Tod überlassen worden sind (vgl. Kelly 2005: 106, 110). Nun befinden wir uns nicht mehr im Mittelalter und auch nicht im 18. Jahrhundert; auch heute muss man jedoch fürchten, in Katastrophensituationen angesichts von Ressourcenknappheit nicht behandelt zu werden. Zudem droht Stigmatisierung und Meidung durch die Mitmenschen – man denke hier nur an die bösen Blicke, wenn jemand derzeit in der Öffentlichkeit hustet. In Andalusien kam es angeblich bereits zu Szenen, die stark an Charlotte Stokers Schilderungen erinnern: Anwohner*innen der Stadt La Línea de la Concepción sollen Krankenwagen, die an COVID-19 Erkrankte in den Ort bringen sollten, mit Steinen beworfen haben.

Schließlich, und damit wieder zurück zur Zombie-Pandemie, stellen die gesunden bzw. noch verbleibenden Mitmenschen eine Gefahr füreinander dar. Verwiesen sei hier auch auf das Endzeitdrama The Road (John Hillcoat, 2009) in dem angesichts knapper Ressourcen Kannibalismus herrscht, sowie auf die Supermarktszene in World War Z, die einen Zustand des totalen Verfalls von Recht und Ordnung, einen Mangel an wechselseitigem Vertrauen und das panische Horten von Lebensmitteln zeigt. Assoziationen zu derzeitigen Kämpfen um Toilettenpapier in Drogerien und Supermärkten sowie Einbrüche in Krankenhäuser, um Atemmasken zu stehlen, drängen sich auf. Zudem ist in China und Spanien bereits beobachtet worden, dass Maßnahmen der sozialen Distanzierung und der häuslichen Quarantäne zu mehr Gewalt in Partnerschaften und Familien führten; wo man sicher vor dem Corona-Virus ist, ist man nicht unbedingt sicher voreinander. 

Das gefährliche Verhalten der in großen Mengen Toilettenpapier und andere Waren kaufenden Personen mutet im Übrigen selbst „zombiehaft“ an, gehört doch die Kritik an blindem Konsum von Dawn of the Dead (1978) bis hin zu The Dead Don’t Die (2019) zum Zombiegenre dazu. Die Kritik an einem auf Wettbewerb und Eigeninteresse ausgerichteten Wirtschafts- und Gesellschaftssystem findet sich beispielsweise auch in folgendem Kommentar zur Corona-Krise von Laurie Penny:

A fair chunk of the people hoarding masks and stealing sanitizer are also aware that it’s a stupid, selfish thing to do—but if you can’t trust other people to share, selfish behavior makes emotional sense even when selfish behavior is also irrational and actively dangerous. If you design a world economy that rewards blind self-interest and makes altruism unaffordable, it’s unsurprising that some people start acting like they’re in the prisoner’s dilemma. (Penny 2019)

Corona bedroht damit nicht nur unsere individuelle Gesundheit und die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems, sondern stellt auch unseren solidarischen Zusammenhalt und damit letztlich die Ordnung der Gesellschaft auf die Probe.

5. Fazit

Die Furcht vor Epidemien, vor Krankheit und Ansteckung ist eine Urangst, die die Menschheit vermutlich seit jeher begleitet hat. Das Monster des Vampirs diente und dient dabei als Projektionsfläche dieser Ängste, aber auch als Mittel, diese Ängste durch die Erklärung ansonsten unerklärlicher Phänomene in den Griff zu bekommen. Die Vorstellung, durch den Biss eines Untoten infiziert zu werden, findet sich auch beim Zombie wieder, allerdings ist die Art der Bedrohung durch Zombies eine ganz andere. Zombies sind eine Gefahr durch ihre Masse und ihre rasend schnelle Vermehrung durch Ansteckung, welche letztlich die Menschheit in globalem Maßstab bedroht. Dabei entsteht die Gefahr nicht nur durch die Zombies selbst, sondern auch durch unsere Mitmenschen. Die Analogisierung von Corona-Pandemie und Motiven aus dem Vampir- und Zombiegenre (Berichterstattung, menschenleere Orte, Angst vor Infektion, Freiheitseinschränkung, soziale Distanzierung von bzw. Zusammenleben auf engem Raum mit unseren Liebsten, Angst der Infizierten, Misstrauen, Verteilungskämpfe) zeigt, dass wir uns in einer Situation befinden, die geeignet ist, tief sitzende Ängste zu aktualisieren. „[F]or all the triumphs of modern science“, so Kelly (2005: xvii) in seiner Studie über den Schwarzen Tod, „infectious diseases retain the ability to render us as impotent as our medieval ancestors”. Wir erleben aber keine Apokalypse, so viel dürfte feststehen, und die solidarischen Akte des füreinander Einkaufens und miteinander Singens stimmen optimistisch was den Umgang in der Krise miteinander angeht.

Bibliographie

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Andrea Klonschinski ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Praktische Philosophie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Ihre Forschungs- und Interessenschwerpunkte liegen in den Bereichen Philosophy & Economics und Feministische Philosophie. Außerhalb der Uni philosophiert sie gern über populäre Filme.