Hegel und die sexuelle Differenz
von Karen Koch (FU Berlin) & Tobias Wieland (FU Berlin)
Anlässlich des 250. Geburtstages Hegels steht die Frage der Aktualität seiner Philosophie im Zentrum der Debatte. In seiner Biographie etwa rühmt Klaus Vieweg Hegel als den Philosophen der Freiheit, dessen Aussagen über Freiheit auch heute noch – und gerade zu Krisenzeiten – aufklären können.
Die Aktualität der hegelschen Philosophie liegt auch aus unserer Perspektive zweifellos in ihrer Betonung der Freiheit als Inbegriff wirklicher Subjektivität. Freiheit nach Hegel ist dabei nicht als Autonomie, sondern wesentlich als Anerkennung, das heißt als Beziehung zu denken. Freiheit ist immer „soziale Freiheit“ (Honneth). So bilden zwei der wesentlichen sozialen Örter der Freiheit bei Hegel die Praktiken der Liebe und der Familie. Doch stößt man gerade in diesen sozialen Bereichen auf Stolpersteine; auf Passagen, die Hegel in dieser Hinsicht gar als – vor allem für heutige aber teils auch schon für damalige Maßstäbe – regressiven Denker erscheinen lassen. Besonderen Anstoß für Kritik sind Hegels Auffassung der sexuellen Differenz respektive von Feminität. In der Bestimmung der sozialen Rolle der Frau scheint Hegel eher Stereotypen zu folgen und diese durch das Einbringen in sein System philosophisch begründen zu wollen. Die Betonung der Aktualität des Freiheitskonzeptes Hegels kann angesichts dieser Diagnose schnell einen faden Beigeschmack bekommen.
Nun sind wir nicht der Meinung, dass wir es deswegen mit der Hegelschen Freiheitskonzeption ganz lassen sollten. Zu wichtig sind die aus ihnen gewonnenen Einsichten, die gegenwärtig zu Recht betont werden. Dennoch soll uns die derzeit vermehrte Aufmerksamkeit auf Hegel und gerade auf sein Freiheitskonzept Grund geben, über den Umgang mit solchen Passagen in Hegel nachzudenken. Wie ist mit solchen Passagen in Hegels Philosophie umzugehen? Was ist aus ihnen zu machen oder gar zu lernen?
Im Folgenden werden wir zur Behandlung dieser Fragen Hegels Metaphysik der Geschlechter zuerst einer kritischen Bestandsaufnahme unterziehen. Im zweiten Teil werden wir fragen, was im Sinne der Emanzipation von Geschlechtsstereotypen von ihr zu lernen ist.
1. Bestandsaufnahme
Um Hegels Metaphysik der Geschlechter bündig zu fassen, hilft die Unterscheidung von Sex und Gender. Während »sex«, dem Englischen folgend, die biologischen Merkmale der Geschlechter meint, bezieht sich »gender« auf die sozialen zugewiesenen und kulturell verankerten Merkmale und Rollenerwartungen. Judith Butler stellt heraus, dass die sozialen Rollen, die Geschlechtlichkeit begründen, in erster Linie als linguistische Praktiken der wiederholten Zuweisung von Merkmalen ihre normierend-formierende Kraft entfalten.[1] Eine der Grundfragen kritischer Sozialphilosophie betrifft nun die Frage nach dem Verhältnis von Sex und Gender. Entsprechen die sozialen Rollenerwartungen der biologischen Verfasstheit des Menschen und lassen sich von daher begründen? Oder schaffen soziale Praktiken der Wiederholung tradierter Rollenprosa erst die Wirklichkeit, der durch die performative Bindung an die biologischen Merkmale nur eine weitere, quasi-neutrale Verfestigung und Betonierung gegeben wird?
Hegels Metaphysik der Geschlechter lässt sich analytisch durch die Differenz von Sex und Gender fassen.[2] Hegel unterscheidet biologische Merkmale und soziale Rollen der Geschlechter. Und er begründet die Geltung genderbezogener Normen durch die sexuellen Merkmale des Menschen. Hegel stimmt Butlers These also zwar darin zu, dass biologische Merkmale und soziale Rollen nicht auf derselben begründungslogischen Ebene zu greifen sind; er stimmt ihr aber darin nicht zu, dass Gender eine soziale Konstruktion und linguistische Praxis ist. Gender ist für Hegel bloßer Spiegel und natürlicher Ausdruck des gegebenen Sex des Menschen. Gender liegt begründungslogisch auf Sex auf; Sex begründet für Hegel Gender. Diese Thesen belegen wir in diesem Beitrag anhand von zwei Stellen. Während Hegel in der Rechtsphilosophie von 1821 (GW 14.1) die Gender-Dimension von Geschlechtlichkeit reflektiert, sind die sie aus seiner Sicht begründenden sexuellen Merkmale Gegenstand seiner Naturphilosophie, wie sie die Enzyklopädie von 1830 entwickelt, die zudem Gegenstand der entsprechenden Vorlesungen sind.
Wir beginnen unsere Bestandsaufnahme mit der Rollenprosa von Gender, die Hegel in den Abschnitten zur Familie der Rechtsphilosophie in den §§ 158-181 darlegt: Den Nukleus der Familie bildet die Ehe von Mann und Frau. Die Ehe stellt für Hegel kein Vertragsverhältnis zweier Personen dar, sondern ist der soziale Ort der Verbindung zweier »Mitglieder« (§ 158), die erst in dieser Verbindung, das heißt als Ehepartner*innen, überhaupt die Subjekte werden, die sie an sich sind. Sie gewinnen insofern erst hier ihr »substantielles Selbstbewußtseyn gewinnen« (§ 162).[3] Die Liebe und ihr rechtlicher Ausdruck in der Ehe verbinden also nicht zwei äußerlich für sich stehende Personen. Familie ist vielmehr die Praxis dyadischer kollektiver Identität, in der die wechselseitigen Rechte und Pflichten als Bedingungen individueller Freiheit ausgelebt werden. Aufgrund dieser wechselseitigen Verantwortung der Ehepartner*innen füreinander stehen ihnen in Hegels Konzeption Abwehrrechte gegenüber dem Staat und der bürgerlichen Gesellschaft zu. Diese Rechte gegenüber Dritten umfassen wesentlich das Recht auf die Gestaltung der Erziehung der Kinder und das Recht auf den transgenerationalen Schutz des Familienvermögens durch das Erbrecht.
Die Verrechtlichung der Liebe in der Ehe durch die Entscheidung, »eine Person auszumachen« bezeichnet Hegels als »Befreyung« (§ 162). Die durch die Ehe geleistete Emanzipation befreit die Subjekte erstens von ihrer natürlichen, vereinzelten Bestimmtheit. Zweitens erfahren die »natürlichen«, das heißt primär männlichen sexuellen Bedürfnisse und der Reproduktionstrieb einen Rahmen, in dem sie versittlicht und erst so zu geistigen, anerkennungswürdigen Bedürfnissen werden. Die Geistigkeit und Sittlichkeit der Ehe bestehen nach Hegel so wesentlich in ihrer »Monogamie« (§ 167). Hegels Betonung der gemeinsamen Identität der Eheleute folgt dabei der romantischen Leitvorstellung der Verschmelzung der Seelen als ihrer wahren Wirklichkeit. Diese Vorstellung geht bei Hegel jedoch nicht mit der Idee der gleichen Partizipationsmöglichkeiten der Eheleute einher – im Gegenteil. Dem Mann kommen die Aufgaben der Repräsentation der Familie nach Außen, die Sicherstellung und Vergrößerung ihres Eigentums und der damit verbundenen sozialen Stellung zu. Das alleinige Prinzip der Frau ist die »Pietät« (§ 163). Die Pflicht der Frau ist daher das Gebären und Aufziehen der Kinder und die Sorge um die häuslichen Belange. Obzwar Kinder für Hegel den wesentlichen Zweck der Ehe darstellen und die Fürsorgearbeit der Frau insofern einen zentralen Beitrag für die Wirklichkeit der sozialen Praxis des Familienlebens leistet, hat sie keine Gestaltungsrechte innerhalb der Familie und keine Repräsentationsrechte gegenüber Dritten außerhalb der Familie. Alle Rechte der Frauen, die Hegel ihnen zuspricht, sind Abwehrrechte entweder gegenüber Ehemännern, die ihren Alimentationspflichten nicht nachkommen, oder gegenüber Dritten auf Versorgung und Erhalt am Familienvermögen über den Tod der Ehemänner hinaus. Das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung und der Schutz vor sexualisierter häuslicher Gewalt gehören für Hegel nicht zum normativen Gefüge der sozialen Praxis der Familie. Für Hegel ist das Private sozusagen privat, nicht politisch.
Die am sozialen Imaginationsschemata seiner Zeit abgelesene und insofern wiederholte und keineswegs genuin hegelsche Rollenprosa findet ihre spekulative Begründung in den sexuellen Merkmalen des Menschen, die Hegel im Rahmen seiner Naturphilosophie entwickelt. Die Metaphysik der sexuellen Differenz lebt von der Vorstellung der Gegensätzlichkeit der Geschlechter, die Hegel in ungebrochener Weise mit den spekulativen Mitteln seiner Philosophie herleitet. Das Männliche umfasst die Aspekte von Aktivität, Spontaneität, Allgemeinheit, Öffentlichkeit und sexueller Begierde. Der Männlichkeit wird bei Hegel das Moment der Expressivität des Geistes zugesprochen. Männer bringen mit ihren Taten Unterschiede in die Welt und verändern sie. Weiblichkeit hingegen bringt keine Unterschiede in die Welt, handelt in diesem Sinne nicht, denn ihre Taten dienen nur der unterschiedslosen Wiederholung reproduktiven Handelns. Dementsprechend ist das Weibliche passiv, rezeptiv, besonders und privat. Es gibt für Hegel keine weibliche Sexualität. Sexualität kommt allein dem Manne zu: »Wie im Manne der Uterus zur bloßen Drüse herabsinkt, so bleibt dagegen der männliche Testikel beim Weibe im Eierstocke eingeschlossen, tritt nicht heraus in den Gegensatz, wird nicht für sich, zum thätigen Gehirn; und der Kitzler ist das unthätige Gefühl überhaupt.« (GW 24.3, S. 1578) Die Gegensätzlichkeit der Prinzipien von Mann und Frau liest Hegel ungebrochen den Genitalien des Menschen ab. Während Erektion und Stamina den Mann auszeichnen, sein Testikel zum ›thätigen Gehirn‹ [sic!] wird, und ihn folglich für die Eintragung von Differenz in die Lebenswelt qualifizieren, zeigen Vagina und Kitzler keinerlei Spontaneität. Sie dienen bloß der »Empfängnis« des Samens. Folglich ist die Frau zu Indifferenz und privater Häuslichkeit bestimmt. Im »Weiblichen ist wohl das materielle Element, im Manne aber die Subjectivität enthalten.« (GW 24.3, S. 1579) Die Assoziation von Materialität mit Maternalität steht im Gegensatz zur formenden Subjektivität der Virilen. Das »[W]eibliche [ist] in sich gedrungne passive Totalität, das männliche Totalität als Form Unruhe, Thätige [begründet seine] Bestimmung fürs Allgemeine, Wissenschaft, practische Thätigkeit, auf allgemeinen Zweck gerichtet.« (GW 24.2, S. 1158) Der Rollenerwartung der Dominanz des Mannes über die Frau und die ›natürliche‹ Superiorität rechtfertigt Hegel also mit der biologischen Veranlagung zum Zwecke der Reproduktion.
2. Emanzipation von Rollenklischees – mit oder ohne Hegel?
Die Bestandsaufnahme von Hegels Metaphysik der Geschlechter lässt sich mit zwei Begriffen resümieren. Sie ist erstens biologistisch. Das heißt, sie differenziert nicht Sein von Sollen. Zwar lassen sich biologische Merkmale und soziale Rollenerwartungen analytisch bei Hegel trennen, aber Hegel zieht eine systematische, das heißt legitimierende Verbindung von Sex zu Gender. Diese Verbindung ist doppelt problematisch: Hegels Position ist einerseits von einer unfassbaren Ignoranz über die biologische Wirklichkeit geprägt – der »Kitzler ist das unthätige Gefühl überhaupt«. Die Verformung des Weiblichen zum Passiven und Indifferenten ist so keinen Tatsachen, die Gegenstand einer neutralen Biologie wären, geschuldet, sondern dient der Marginalisierung des Weiblichen zum abgeleiteten und insofern folgsamen Prinzip.
Zweitens ist die Bindung von sozialen Normen an biologische Bestimmungen innerhalb von Hegels eigener Philosophie hochgradig problematisch. Konsequent gedacht, verletzt Hegel nämlich sein eigenes Prinzip des Denkens, besteht Denken im idealistischen Sinne doch wesentlich darin, sich reflexiv und aneignend seinen Voraussetzungen gegenüber zu verhalten. Denken nimmt niemals hin, was ihm gegeben ist, sondern eignet es sich an. Die biologische Faktizität kann innerhalb eines idealistischen Ansatzes der Normen sozialer Freiheit niemals Geltung reklamieren, weil Subjektivität nach Hegel die Fähigkeit der Selbstbegründung in seinem Anderen meint. Das Gegebene hat als solches keine legitimierende Kraft, sondern muss reflexiv angeeignet werden, um soziale Praxis normativ zu strukturieren. Die Trennung von Sein und Sollen ist eine wesentliche Größe wissenschaftlicher Reflexion und wird von Hegel in der Wissenschaft der Logik als Inhalt des »absolute[n] Urtheil[s] über alle Wirklichkeit« als das Prinzip moderner Wissenschaft etabliert (GW 12, S. 88). Hegels Biologismus verletzt also seinen eigenen wissenschaftlichen Standard.
Wie gehen wir nun mit diesem intellektuellen Erbe um? Welche Relevanz hat die Position eines alten, weißen Mannes für Fragen von Geschlechtergerechtigkeit und sexueller Emanzipation?
Sollten wir Hegels Misogynie dadurch relativieren, dass wir Heutige ihn als Sohn seiner Zeit lesen und entschuldigen? Oder was hieße es, sich die begrifflichen Ressourcen seiner Philosophie – die Dialektik – kritisch anzueignen, d.i. so anzueignen, dass dabei die im Original bestehende Misogynie nicht relativiert oder übergangen wird?
Zuerst zur Strategie der Kontextualisierung: Wenn wir Hegel bloß als Sohn seiner Zeit platzieren, übersehen wir unsere intellektuelle Kontinuität mit ihm. Zwar sind die Rollenerwartungen im Zuge von feministischer Politisierung des Privaten offener geworden, aber sie sind nach wie vor wirksam und treten vor allem bei der Verteilung von Fürsorgearbeit sowie der Freiheit und Anerkennung weiblicher und queerer Sexualität manifest auf. Der soziale Vorstellungsraum auch der aufgeklärten liberalen Moderne des Westens lebt von den Rollenerwartungen, die Hegel und seine Zeit formuliert haben. Und Hegel ist dabei kein neutraler, philosophischer Beobachter, sondern wiederholt sie und schreibt insofern in den sozialen Körper ein, was im Privaten an Normen zu erfüllen sei. Kraft seiner Autorität als bestallter Professor zu Berlin trägt er so zur Autorisierung entsprechender sozialer Praxis bei. Wir werden unserer Gegenwart nur gerecht, wenn wir uns in Kontinuität mit der bürgerlichen Romantik sehen – sonst missverstehen wir uns selbst und halten uns bereits für emanzipiert. Anders gesagt, die legale Gleichstellung von Frau und Mann mag im globalen Maßstab betrachtet im Westen und historisch noch frisch erfüllt sein. Sozial nach wie vor wirksame Gegensätze wie die Trennung von Mutter und Hure, die Normalerwartung der Fürsorglichkeit der Frau oder die Vorstellung, Sexualität habe notwendig mit Penetration zu tun, teilen sich aber mit Hegel einen metaphysischen Rahmen, den es weiter zu reflektieren und zu verändern gilt. Hegels Klischees sind auch noch unsere Klischees. Eine Auseinandersetzung mit diesen Klischees Hegels ist so immer auch noch eine Auseinandersetzung mit den Klischees der gegenwärtigen Zeit.
Die Kritik an Hegels patriarchaler Metaphysik der Geschlechter wirft die Frage nach dem historischen Standpunkt der Kritik auf. Die Vorstellung bereits erreichter intellektueller Distanz ist naiv. Die Distanz ist nach wie vor zu gewinnen. Wenn es um eine Änderung und Verflüssigung der seit Hegels Zeit gängigen, starren Rollenklischees geht, dann bedarf es neuer Konzepte und Vorstellungen der Vielfalt der Geschlechter. Um sich die für die Änderung der sozialen Praxis nötige intellektuelle Souveränität zu erarbeiten, ist die kritische Auseinandersetzung mit der Herkunft unserer Begriffe und Assoziationsmuster elementar. In diesem negativen Sinne trägt Hegel zu unserer eigenen Selbstaufklärung bei.
Welche philosophischen Mittel bietet uns nun aber Hegel, um intellektuelle Souveränität in Geschlechterfragen auch positiv zu erreichen?
Wenn es eine Lektion der hegelschen Logik und Methode gibt, dann die, dass jedes Denken in starren Oppositionen – aktiv vs. passiv, spontan vs. rezeptiv, allgemein vs. besonders, öffentlich vs. privat, expressiv vs. indifferent – massiv hinter seinen eigenen Möglichkeiten zurückbleibt. Die Welt ist niemals schwarz-weiß. Es ist Hegel zufolge der Verstand, der uns die Welt in einfache Wahrheiten und simple Gegenüberstellungen einteilen lässt. Die Welt mit dem geistigen Auge zu sehen, heißt hingegen, die Ambivalenzen und die Offenheit als Eigenschaften der Phänomene der Welt ernst zu nehmen. Das ist nach Hegel die eigentliche Aufgabe der Philosophie: Sich für die Sache zu öffnen, indem sie die falschen Schematismen des Verstandes konkret negiert. Was wäre nun ein in diesem Sinne dialektisches Verständnis der sexuellen Differenz?
Aus der negativen Auseinandersetzung mit Hegel können wir pointieren: Die Emanzipation der Geschlechter ist keine allein legale Veranstaltung, sondern eine nach wie vor zentrale kulturelle Frage. Positiv formuliert: Es braucht experimentelle Formen der Expression von Gender und sexuellem Begehren und faire Praktiken der Fürsorge. Um den idealistischen Grundzug in Hegels Philosophie der Geschlechter und seiner Betonung der ›Befreyung‹ zu aktualisieren, müssen wir daher die Vorstellung der Binarität der Geschlechter aufgeben. Hegels Grundidee, dass die Freiheit der Anderen Voraussetzung und Resultat meiner Freiheit ist, ist mit Blick auf die Praxis der Geschlechter erst eingeholt, wenn wir uns in unserer individuellen Queerness in der Pluralität der Anderen erkennen und anerkennen. Hegels Idealismus zu aktualisieren, heißt also, die Pluralität von Sex und Gender aus dem Begriff des Geistes selbst zu gewinnen.
Primärliteratur
Wir zitieren nach der historisch-kritischen Edition der Gesammelten Werke (GW), die im Meiner-Verlag in Hamburg erscheint. Die genutzten Siglen entsprechen den dortigen Bandnummern samt ihren Teilbänden.
Autor*innen
Karen Koch ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Philosophie der FU Berlin und promoviert dort mit einer Arbeit über Kants und Hegels Teleologiekonzeption. Systematisch steht dabei die Frage nach der Bedeutung und Relevanz der Teleologie in der Philosophie beider Philosophen im Vordergrund. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Klassischen Deutschen Philosophie, der Metaphysik und Erkenntnistheorie.
Tobias Wieland ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie der FU Berlin und promoviert dort mit einer Arbeit über die hegelsche Lehre des absoluten Geistes als einer Theorie sozialen Wandels und gesellschaftlicher Pluralität. Den systematischen Schwerpunkt seiner Arbeit bilden Sozialphilosophie, Ästhetik, Religionsphilosophie und Theorien der Dialektik. Exegetisch stehen die Traditionen der Kritischen Theorie und der klassischen deutschen Philosophie im Zentrum seines Interesses.
[1] Judith Butler, Bodies That Matter: On The Discursive Limits of „Sex“, New York: 2011.
[2] Wir verwenden diese Begriffe anachronistisch, denken aber, dass Hegel der Sache nach über eine solche durch die Begriffe sex und gender ausgedrückte Differenz verfügt.
[3] Auch diese These ist bereits problematisch. Dass sich ein Subjekt im anspruchsvollen Sinne nur in einem sozialen Raum ausbildet, in einem Raum also, in welchem Partnerschaftlichkeit für die Ausbildung des Subjekts essentiell ist, ist zwar plausibel. Hegel vertritt hier aber die eingeschränktere bzw. viel speziellere These, gemäß derer sich Subjekte erst unter einer Partnerschaft im Sinne der heterosexuellen Partnerschaft in der Ehe zu wirklichen Subjekten herausbilden.