22 Feb

Ungeheure Gefährt*innenschaften – der Beginn einer Reise. Eine philosophische Reflexion zu Marc Bauders Film Wer Wir Waren

von Janina Loh (Wien)


In der altgriechischen Tragödie Antigone des Dramatikers Sophokles gibt es einen Satz, der mich schon lange beschäftigt, wenn auch immer wieder erneut und aus unterschiedlichen Gründen. Er lautet übersetzt etwa »Es gibt viele ungeheure Dinge, aber nichts ist ungeheurer als der Mensch«. Da ist zunächst die Doppeldeutigkeit des Wortes »ungeheuer« oder »ungeheuerlich«. Das Ungeheure im menschlichen Wesen treibt mich als Technikphilosophin in der Tat in seinen zahlreichen Facetten schon aufgrund meiner Profession um. Dinge, die uns ungeheuer erscheinen, sind häufig groß und mächtig, zuweilen auch unerklärlich und deshalb vielleicht sogar gruselig, sie sind uns tatsächlich nicht »geheuer«, können sowohl schlimm und gefährlich als auch wunderbar und nicht- bzw. übermenschlich in einem großartigen Sinne sein. So etwa von Menschen geschaffene Technologien und Techniken, also Artefakte und Praktiken. Sie reichen von wie ungeheure Wunder wirkenden Dingen wie der Sprache und Schrift, dem Buchdruck, Medikamenten, Flugzeugen, Raketen, dem Gesang, sportlichen Höchstleistungen und vermutlich auch dem Internet bis hin zu ungeheuerlich zerstörerischen Schöpfungen wie Waffen, Atombomben, Giften, Folterinstrumenten und dem Krieg als einem der sicherlich verabscheuungswürdigsten menschlichen Konglomerate sehr spezifischer Tod und Verderben bringender Technologien und Techniken. Ja, in der Tat, es gibt viele ungeheure Dinge auf diesem Planten und viele davon, wenn auch sicherlich nicht alle wurden von Menschen in Gedanken entworfen und irgendwann in die Tat umgesetzt.  

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