Romantische Inszenierungen. Oder: Von Projekten und Beleuchtungszauber
Von Christian Jany (ETH Zürich)
Ist von „Romantik“ die Rede, stellt sich leicht Verwirrung ein. Die Bedeutung des Wortes ist unklar, der Gebrauch ambivalent, schillernd, schwer fassbar. Das zugrunde liegende Adjektiv „romantisch“ kann laut Lexikon soviel wie schön, empfindsam, stimmungsvoll, tiefsinnig, geheimnisvoll, malerisch, aber auch schräg, rührselig, abenteuerlich, weltfremd, unrealistisch, schmalzig bedeuten. Gegensätzliches prallt in dem Wort aufeinander, ja es versetzt regelrechte Antithesen – Fantasie und Verstand, Sentimentalität und Ironie, Kontrolle und Ekstase, Kunst und Kitsch – in eine paradoxe Einheit. Paradoxe Analogiebildungen und Wechselbestimmungen stehen darum nicht selten im Zentrum dieses nicht nur deutschen, sondern europäischen „Faszinationsbegriffs“ (Karlheinz Stierle).
Die Unsicherheit darüber, was das Romantische sei, steht tatsächlich am Anfang der literaturhistorischen Epoche der Romantik. Im November 1797 schreibt Friedrich Schlegel, einer der Cheftheoretiker der frühen Romantik, seinem Bruder: „Meine Erklärung des Worts romantisch kann ich Dir nicht gut schicken, weil sie – 125 Bogen lang ist!“ Er vertröstet den Bruder auf die Zukunft: „Lass mir das immer.“ Dass diese ausufernde Definition jemals vorlag, ist unwahrscheinlich. Eher handelte es sich um ein Projekt, das der Tausendsassa und Vielschreiber Friedrich Schlegel nebst so vielen anderen Projekten auch einmal in Angriff nehmen wollte.
Weiterlesen