Über den Status der Philosophie im Kompetenzdschungel
von Christian Prust (Siegen)
Mindestens dreißig zu entwickelnde oder zu fördernde Kernkompetenzen stehen in jedem Schulfach – wohl auch oder gar primär als eine Reaktion auf den Pisa-Schock – in den entsprechenden Curricula und Kernlehrplänen – ein nahezu undurchschaubarer Kompetenzdschungel. Das gilt freilich auch für die Philosophie. Aber ist ein kompetenzorientierter (Philosophie)-Unterricht wirklich eine gute Lösung für etwaig erhobene Missstände im Bildungssystem? Ich werde anhand einiger komparatistischer Säulen, z. B. Kompetenz versus (philosophische) Bildung, Kompetenzorientierung versus Vermittlung von Fachwissen, pädagogische, didaktische und bildungsphilosophische Vorstellungen versus zentrale Vorgaben der OECD, Probleme skizzieren und einleiten, die mit der Kompetenzorientierung einhergehen. Der prominenten Definition von Franz E. Weinert zufolge sind Kompetenzen „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen (d. h. absichts- und willensbezogenen) und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können.“[1] Auffällig ist auf den ersten Blick, dass hier Kompetenz notwendig an Motivation und Volition geknüpft sein soll; hier stellt sich die Frage: habe ich die Argumentationskompetenz nur dann, wenn ich auch argumentieren will? Das ist höchst diskussionswürdig, dafür ist hier aber nicht der geeignete Ort, auch weil dies nur eine Definition unter vielen ist.[2] Ich möchte den Fokus auf den weniger strittigen Teil der Definition legen, demzufolge die Kompetenzorientierung sich vor allem dadurch auszeichnet, den Blick darauf zu richten, dass Schülerinnen und Schüler die Probleme der jeweiligen Disziplin besser verstehen und entsprechend auch besser lösen können, d. h. Kirsten Meyer zufolge auch „besser philosophieren können sollen.“[3]