07 Mai

Träge und schwere Masse: Kants übergangenes Problem

Von Cord Friebe (Siegen)

Trägheit und Schwere sind eigentlich ganz verschiedene Eigenschaften, doch werden alle Körper im Schwerefeld der Erde gleichermaßen beschleunigt – wie man bei der Kant-Ausstellung in der Bundeskunsthalle Bonn an der Schiefen Ebene experimentell überprüfen sollte. Diese Gleichheit von träger und schwerer Masse war das große Rätsel der Newtonschen Physik, und erst Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie offeriert dafür eine Lösung. Bei Kant aber kommt dieses Rätsel gar nicht vor! Er hat das Problem einfach übergangen. Warum? Hielt er diese numerische Gleichheit bloß für eine empirische Zufälligkeit, die einer philosophischen Erklärung nicht bedarf? Vielleicht ist ihm etwas Wesentliches entgangen: Denn könnte es nicht sein, dass man aus seinem Ansatz a priori deduzieren kann, dass es Schwere als zusätzliche Eigenschaft gar nicht gibt, dass es also einen „metaphysischen Anfangsgrund“ von Einsteins Grundidee gibt? Das wäre doch bemerkenswert!

03 Mai

Kuhn über Herrschaft und Sturz von Paradigmen

Von Cord Friebe (Siegen)


Wissenschaft ist kein Prozess stetigen Forstschritts, bei dem man sich nach und nach der Wahrheit annähert. Vielmehr ist Wissenschaft die Dynamik von Revolutionen, dem Aufstieg und Niedergang wohletabliert erscheinender Paradigmen – wie etwa der Newtonschen Physik. Wissenschaft ist daher wesentlich Streit, Kritik am Etablierten, die Bereitschaft, das Vertraute in Frage zu stellen. So könnte man Thomas Kuhn (1922-1996) verstehen, wie ja schon der Titel seines Hauptwerks von 1962 – The Structure of Scientific Revolutions – deutlich zum Ausdruck bringe.

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