06 Aug

Kants problematischer Religionsbegriff

Von Christian Danz (Wien)

Mit seiner Erkenntniskritik hat Immanuel Kant die Grundlagen der modernen Religionsphilosophie und protestantischen Theologie geschaffen. Gleichwohl ist sein eigener Religionsbegriff heute nicht mehr fortsetzbar. Für Kant ist Religion kein Bestandteil der theoretischen Erkenntnis, sondern der praktischen Vernunft, genauer: ihrer Anwendung auf den Menschen. Erst in der Realisierung der Moral durch den Menschen kommt Gott in der kantischen Religionsphilosophie ins Spiel. Er repräsentiert die Beziehbarkeit und Kompatibilität von freiem sittlichen Handeln und Naturnotwendigkeit, die in jedem Handeln bereits vorausgesetzt, aber nicht hervorgebracht werden kann. Kants Gottesgedanke als Schöpfer, Gesetzgeber und Richter symbolisiert die reflexive Struktur des sittlichen Handlungsbewusstseins. Wenn aber von Religion nur dort die Rede sein kann, wo Moral vorliegt, dann ist sie eine Funktion von dieser und nichts Eigenständiges mehr.

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