Aktualität und Wahrheit – oder: Von Marx zu Hegel. Eine spekulative Anamnesis , Teil II
von Gregor Schäfer (Basel)
Wir bringen diesen zweiteiligen Beitrag verspätet zum Marx Jubiläum, da er uns auf Grund eines technischen Gebrechens erst jetzt erreicht hat, obwohl er schon vor einem halben Jahr fertig gestellt wurde. Der erste Teil ist hier.
III.
Als «Verwirklichung der Philosophie» bleibt der Marxismus vom Hegelschen Idealismus – unhintergehbar – abhängig. Dies zum einen in begründungstheoretischer Hinsicht: Ein Marxismus, der sich als die neue, für sich selbst stehende Position eines «Materialismus» begründet, muss darin, nimmt er die Begründungsfrage überhaupt ernst, scheitern; er wird zum objektivistischen Dogmatismus, der hinter den Begründungsanspruch des Hegelschen Idealismus zurückfällt und sich dessen nicht bewusst ist, dass auch noch sein eigener Wahrheitsanspruch – unhintergehabr – vom objektiven Idealismus zehrt, den er überwunden zu haben wähnt. Dies zum andern aber auch in subjekt- und, dadurch vermittelt, revolutionstheoretischer Hinsicht: Es ist freilich kein Zufall, dass Lukács’ Geschichte und Klassenbewusstsein (1923) – wie Agnes Heller einmal feststellt, das einzige philosophische Buch des Marxismus, das je geschrieben wurde – sich auf das Hegelsche (und Fichtesche) Erbe besinnt, um den Marxismus aus dem – als solchen a-politischen – szientistischen (ökonomistischen) Positivismus und historizistischen Schema zu befreien, zu denen ihn die II. Internationale nivellierte.[i]
Der Marxismus wird zur Kritik der politischen Ökonomie nicht dadurch, dass er Philosophie einfach durch eine Einzelwissenschaft ersetzt, sondern dadurch, dass er Hegels spekulative Forderung, Philosophie habe ihre Zeit in Gedanken zu erfassen, ernst nimmt. Die Zeit, die Philosophie in der Moderne begrifflich erfassen muss, ist die bürgerliche Gesellschaft. Ihre inhärenten strukturellen Widersprüche stellt Hegel klar heraus: Die bürgerliche Gesellschaft ist eine Gesellschaft, die «bei dem Übermaße des Reichtums […] nicht reich genug ist, d.h. an dem ihr eigentümlichen Vermögen nicht genug besitzt, dem Übermaße der Armut und der Erzeugung des Pöbels zu steuern».[ii] Gewiss gibt es von hier aus nicht einfach einen geraden Weg hin zu Marx. Doch Marx’ Bestimmung des Proletariats, in dessen (Selbst-)Aufhebung sich die «Verwirklichung der Philosophie» vollzieht, hat ihren systematischen Ort im spekulativen Argumentationszusammenhang Hegels. Das Proletariat ist der bürgerlichen Gesellschaft immanent. Doch dies gerade nur insofern, als es, aus der Immanenz der bürgerlichen Gesellschaft heraus, deren «faktische Auflösung» vollzieht; insofern nur, als es, «als ein besonderer Stand», «die Auflösung der Gesellschaft» verkörpert.[iii] Das Proletariat ist – in der paradoxen Konstellation eines a-topischen Subjekts – inmitten der bürgerlichen Gesellschaft außerhalb der bürgerlichen Gesellschaft. Es ist eine «Klasse der bürgerlichen Gesellschaft, welche [gerade als Klasse der bürgerlichen Gesellschaft, Anm. G.S.] keine Klasse der bürgerlichen Gesellschaft ist», ein Stand, «welcher die Auflösung aller Stände ist», eine Sphäre, «welche einen universellen Charakter durch ihre universellen Leiden besitzt und kein besondres Recht in Anspruch nimmt, weil kein besondres Unrecht, sondern das Unrecht schlechthin an ihr verübt wird.»[iv] Im so gedachten Proletariat koinzidieren Partikularität und Universalität. Das in ihm sich verkörpernde «Unrecht» – dessen «Un-» die Suspension aller besonderen, durch einzelne Reformen erfüllbarer Rechtsansprüche anzeigt – ist der prekäre Durchgangspunkt zur universellen Wahrheit der bürgerlichen Gesellschaft. Die in diesem «Unrecht» ihre Augen aufschlagende Perspektive – Lukács spricht von der «proletarischen Perspektive» in Anlehnung wohl an Fichte als von einem «Augenpunkt» –[v] nimmt die Totalität dieser Gesellschaft in den Blick, indem sie deren Wahrheit verkörpert. Der Augenblick, in dem diese Perspektive ihre Augen aufschlägt, ist der Augenblick der Revolution. In der Krisis dieses Augenblicks wird das Proletariat zum «Subjekt der Entscheidung».[vi] Er ist, als solcher, nicht bloße Subjektivität, denn in ihm schlägt die von der Objektivität der bürgerlichen Gesellschaft universell erzeugte Warenform ihre Augen auf. Indem sich im Proletariat, das paradigmatisch die Ware als solche verkörpert, die Ware ihrer selbst innewird, schlägt ihre Funktionalität in Dysfunktionalität um. Die bürgerliche Gesellschaft bedingt die Arbeitskraft als eine sich ihres eigenen Status unbewusste; wo sie sich ihrer selbst bewusst wird, wird die Arbeiterklasse als die Masse derer, die nur ihre Arbeitskraft verkaufen können, zum Proletariat. Indem dieses seine Augen aufschlägt, eröffnet es, aus der Immanenz der bürgerlichen Gesellschaft heraus, eine Lücke, den Abgrund einer Leere – einen «tote[n] Punkt», einen «Intermittierungspunkt[…]» –,[vii] in deren Aufblitzen die Totalität der bürgerlichen Gesellschaft in deren eigene Unmöglichkeit umschlägt.
Das so gedachte Proletariat ist hierbei indes mit der kompakten Substantialität der «Arbeiterklasse», deren empirisch-historisches Bild zur vergangenen Gestalt des Kapitalismus des 19. Jahrhunderts gehört, nicht ohne Weiteres einfach identisch. «Daß das Proletariat», so gibt Agamben zu bedenken, «im Laufe der Zeit mit einer bestimmten sozialen Klasse gleichgesetzt worden ist – nämlich der Arbeiterklasse, die für sich Vorrechte und Rechte einforderte –, ist aus dieser Perspektive betrachtet das schlimmste Mißverständnis des Marxschen Denkens. Was bei Marx eine strategische Identifizierung war, nämlich die Arbeiterklasse als klêsis und als kontingente historische Figur des Proletariats, wird so zu einer eigentlichen und substantiellen sozialen Identität, die ihre revolutionäre Berufung notwendigerweise verlieren muß.»[viii] Das Proletariat ist keine soziale Identität, die in der bestehenden Gesellschaft um ihre Anerkennung – und somit um ihre Integration – zu kämpfen hätte. In seinem performativen Vollzug manifestiert es vielmehr die Unmöglichkeit dieser Gesellschaft, indem seine Universalität deren partikulare Prädikate insgesamt suspendiert – und indem es in ebendiesem Vollzug einen Universalismus ins Werk setzt, der diese partikularen Prädikate außer Kraft setzt. Der Marxsche Name für diesen Universalismus ist «Kommunismus». Ebenso wie das, was Hegel als die bürgerliche Gesellschaft transzendierende «Sittlichkeit» denkt – die offenbar mit keinem bloß bestehenden Staat identisch ist, ohne hierbei, in der spekulativen Idee, indes ein bloß abstraktes Ideal zu meinen –, beschreibt dieser Universalismus keine bereits feststehende Lösung. Eher zeigt er ein – geschichtlich offenes – Problemfeld an, in dem spekulatives Denken die bestehende Welt an ihre – innere – Schranke führt. Die spezifischen Schritte, die konkrete geschichtliche Subjekte im Blick auf diese Schranke (er)finden mögen, kann die Philosophie als Philosophie nicht weisen.[ix] Sie hängen von der – als solcher – unvorhersehbaren, kontingenten «Gunst» der singulären Augenblicke ab, an deren Teilhabe jene «strategische Identifizierung» statthaben kann, die Agamben in der oben zitierten Passage nennt.
Blickt man die globale Situation – wie Alain Badiou es vorschlägt –[x] wenigstens für einen Moment nicht wie üblich «durch das kleine Opernglas Europas oder der Vereinigten Staaten», sondern «durch den weiten Horizont der natürlichen Einheit der Welt» an, so lassen sich die bestimmenden Wesensmerkmale des klassischen Kapitalismus um die Mitte des 19. Jahrhunderts durchaus wiedererkennen. In telegraphischer Kürze seien etwa genannt:
- Einer zunehmenden Konzentration der Kapitalien steht eine zunehmende Proletarisierung von Bäuerinnen und Bauern gegenüber, die unter Bedingungen frühkapitalistischer ursprünglicher Akkumulation – unter Einsatz «ökonomischer» und «außerökonomischer» Gewalt – ihres Landes enteignet werden.
- Nicht nur der Mittlere Osten zeigt, dass die Aneignung von Rohstoffen und daraus entstehende Kriege nach wie vor einen bestimmender Faktor des Weltgeschehens bilden.
- Die Krisen auch noch der jüngsten Zeit lassen sich durchaus nach den Mustern klassischer Überproduktionskrisen analysieren. Hinter der engen, selektiven Vorstellung eines «immateriellen» oder «postindustriellen» Kapitalismus steht global nach wie vor die Realität einer durch und durch materiellen Produktion.
Die numerische Quantität, welche die augenscheinlich disproportionalen Proportionen der globalen Situation nur schon oberflächlich ausdrückt, ist hinlänglich bekannt: Rund 10% der Weltbevölkerung besitzen rund 85% der Ressourcen. 50% der Weltbevölkerung besitzen 0%. Nimmt man die Ränder der sog. «entwickelten» Welt – die sog. «Dritte Welt» – in den Blick auf das Ganze mit auf, so zeigt sich, dass die Ränder nicht die Ausnahme sind, welche die «Höhe der Zeit» angeblich noch nicht erreicht haben. Sie stellen vielmehr gerade eine durch allen phänomenalen Wandel sich durchhaltende Regel dar. Das (zumindest) global nicht zu leugnende Elend, das von liberalen Theorien als «unterentwickelt» erklärt – und damit zugleich weg-erklärt – wird, erweist sich innerhalb der Totalität der einen Welt, derjenigen eines weltumspannenden Kapitalismus, als keineswegs zufällig, sondern als symptomatisch. An diesem Symptom, dessen Spuren zunehmend auch in den Metropolen wieder bemerkbar werden, treten die der Totalität dieser Welt strukturell inhärenten, in ihrem Wesen liegenden Widersprüche in Erscheinung.
Diese Perspektive stellt sich der Annahme eines linearen Fortschritts entgegen, wonach die bürgerliche Gesellschaft sich mehr und mehr auf das Gleichgewicht liberaler Marktwirtschaft und parlamentarischer Demokratie hinbewege – eine von den Whigs bis zu Francis Fukuyama sich durchhaltende Konzeption, bei welcher dieser sich zu Unrecht auf Hegel beruft: Hegels Fortschrittskonzept muss als durchaus komplexer und in sich gebrochener gedacht werden. Es sind für Hegel gerade die Momente des absoluten Verlusts, der Zersplitterung, der – scheinbar – ausweglosen Krisen, in denen sich eine neue Gestalt des Geistes ankündigt. Die spekulative Er-innerung des Geistes ist ohne diese Zersplitterung nicht denkbar. Ebenso widersetzt sich diese Perspektive auch der Behauptung eines angeblich gänzlich neuen, auf die klassische Moderne folgenden Paradigmas. Das Bild, das sich in ihr eröffnet, zeigt vielmehr die Permanenz einer Gesellschaft, die in Wahrheit nach wie vor «nichts Postmodernes an sich [hat], sondern sich mehr und mehr in eine wesentlich repetitive und archaische Moderne ein[schreibt]».[xi] Dieses Bild ist das Bild nicht einer «zweiten» oder «dritten Moderne», sondern das einer die eine Einheit einer ganzen Epoche zusammenfassenden Moderne, deren Zeitgenossinnen und Zeitgenossen «wir» noch immer sind.
IV.
Was an Marx’ Erkenntnis – vor diesem Hintergrund – indes primär «aktuell» ist, ist nicht so sehr die Erklärung dieser oder jener Probleme, die nach diesen oder jenen Rezepten gelöst werden könnten. Die deskriptive Ebene der Fakten, der «objektiven» Sachverhalten ist kein hinreichendes Kriterium für die Aktualität – oder Nicht-Aktualität – des Marxismus. Der Marxismus zeigt vielmehr, dass es eine «neutrale» Objektivität niemals einfach so «gegeben» hat. Denn in sie ist – unhintergehbar – immer schon eine subjektive, als solche normative Perspektive eingegangen. Dies aber impliziert hierbei keine «postmoderne» konstruktivistische Position: Im Marxismus werden die philosophische, ja zuletzt metaphysische Dimension universeller Wahrheit und ihr emphatischer Anspruch nicht preisgegeben. Sie erfahren in ihm vielmehr eine paradoxe Verschiebung, die als solche zugleich jenen emanzipatorischen Gehalt hervortreten lässt, wie er für einen normativ gehaltvollen Begriff der Moderne bestimmend ist. Der damit infrage stehende Universalismus eröffnet sich hiermit gerade nicht aus einer scheinbar «neutral-beobachtenden» Perspektive, sondern – in einem konstitutiv performativen Modus – aus der Perspektive innerweltlich sich artikulierender Subjektivität. In die Wahrheit dieses Universalismus ist notwendig der Prozess einer Subjektivierung eingeschrieben. Perspektivität und universelle Wahrheit schließen sich in ihm nicht aus, sondern durchdringen sich wechselseitig.
Die in diesen Problemzusammenhang eingeschriebene – spezifische – Aktualität des Marxismus ist nicht einfach «gegeben» oder «nicht-gegeben», mithin empirisch nachweisbar oder falsifizierbar. Ihre Wahrheit bleibt auch dann am Leben, wenn der – per se fragile, vorbeihuschende – Augenblick «ihrer Verwirklichung versäumt ward».[xii] Sie wäre – nach Lukács’ provokatorischem Diktum im Blick auf die wahrhaft «orthodoxe» Wahrheit des Marxismus – auch dann noch wahr, wenn «sämtliche einzelne Thesen» des Marxismus auf der Ebene ihrer faktischen Richtigkeit als falsifiziert anzunehmen wären.[xiii] Die chronologische Zeit, die über diese Aktualität hinwegschreitet, bedeutet als solche noch keinen normativ gehaltvollen Fortschritt. Dieser bedarf vielmehr – notwendig – der Erinnerung. Indem diese Erinnerung das unabgegoltene Vergangene erinnert, wird es in ihrem Medium zur konkreten Gegenwart. In dieser Vergegenwärtigung wird das Vergangene nicht in seiner – irreversibel – untergegangenen historischen Gestalt erhalten. Es muss auf seinen historischen Namen – «Marxismus» – wohl vielmehr sogar endgültig verzichten, damit seine «gegenwärtige[] Tiefe»[xiv] im Geiste hervortreten kann. Es in seiner gegenwärtigen Tiefe erinnern kann der Geist dieses Vergangene nur, indem er den Mut hat, es in etwas Neues zu verwandeln. Denn, wie Hegel sagt: «Alle Revolutionen, in den Wissenschaften nicht weniger als in der Weltgeschichte, kommen nur daher, daß der Geist jetzt, zum Verstehen und Vernehmen seiner, um sich zu besitzen, seine Kategorien geändert hat, sich wahrhafter, tiefer, sich inniger und einiger mit sich erfassend.»[xv] Dies aber macht es erforderlich, das vom Marxismus vertretene Verhältnis zu Hegel, das in diesem einen wie sehr auch immer gewürdigten «Vorläufer»[xvi] auszumachen glaubte, umzukehren. Nicht, was Hegel vor Marx, sondern was Marx vor Hegel bedeuten möchte, wäre für die im Blick auf diese Vergegenwärtigung zentrale Erinnerung die entscheidende Frage.
Gregor Schäfer arbeitet zurzeit an der Universität Basel an der Fertigstellung seiner Dissertation zu Hegels Konzept der absoluten Idee in ihrem Zusammenhang mit der Philosophie des Geistes. Er forscht und publiziert insbesondere zum Deutschen Idealismus (Hegel, Fichte, Schelling), zu Fragestellungen der Metaphysik, politischen Philosophie, Religionsphilosophie und Ästhetik. Zu Marx und zum Marxismus ist von ihm zuletzt erschienen: «Das Proletariat gibt es nicht… Prolegomena zu einer Wahrheitspolitik nach Marx». In: Matthias Bohlender/Anna-Sophie Schönfelder/Matthias Spekker (Hgg.): «Kritik im Handgemenge». Die Marx’sche Gesellschaftskritik als politischer Einsatz. Bielefeld 2018, 303-331; «Von der Revolution zur neuen Ordnung. Aspekte eines Problemzusammenhangs bei Hegel, Lukács und Hacks». In: Hacks Jahrbuch 2018. Berlin 2018, 17-67. Die hier skizzierten Überlegungen entstammen systematischen Zusammenhängen, wie der Autor sie in verschiedenen Arbeiten zu Hegel und dessen Wirkungsgeschichte publiziert hat oder zur Publikation vorbereitet.
[i] Der begründungs- und der subjekttheoretische Aspekt lassen sich hierbei freilich nicht voneinander trennen, vielmehr sind beide ineinander verwoben. In philosophiegeschichtlicher Hinsicht konvergiert in Hegels Idealismus die substanzmetaphysische Tradition mit der spezifisch modernen transzendentalphilosophischen. Dass die Marxismen des 20. Jahrhunderts sich in ihrem eigentlichen philosophischen Gehalt – in der einen oder anderen Weise – zumeist entweder, als Form eines Fichteanismus, zu dieser Linie oder, als Form eines Spinozismus, zu jener Linie hinbewegten, ist hierfür ein prägnantes Indiz.
[ii] Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts. A.a.O., §245.
[iii] Karl Marx: Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung. A.a.O., 390.
[iv] Ebd.
[v] Georg Lukács: Geschichte und Klassenbewusstsein. Studien über marxistische Dialektik. A.a.O., 224. – Ebenso wenig wie das Fichtesche Subjekt der Tathandlung ist das Proletariat jenes hypertrophe, megalomane Subjekt, als das es in der Wirkungsgeschichte bis heute – fälschlich – oft gelesen wird. Vielmehr zeichnet es sich gerade durch seine innerweltliche Situiertheit, seine Abhängigkeit von der Kontingenz jener seltenen – vorbeihuschenden – Augenblicke aus, durch die seine prekäre – problematische – Endlichkeit von Zeit zu Zeit ein Tor zur Unendlichkeit, einen Durchbruch zum Absoluten öffnet. Vgl. zum Fichteschen Subjekt, hierfür erhellend, Daniel Breazeale: «Check or Checkmate? On the Finitude of the Fichtean Self». In: Karl Ameriks/Dieter Sturma (Hgg.): The Modern Subject: Conceptions of the Self in Classical German Philosophy. New York 1995, 87-114.
[vi] Georg Lukács: Geschichte und Klassenbewusstsein. Studien über marxistische Dialektik. A.a.O., 421.
[vii] Ebd.
[viii] Giorgio Agamben: Die Zeit, die bleibt: Ein Kommentar zum Römerbrief. Frankfurt a.M. 2006, 42.
[ix] Vgl. Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Religion II. In: Werke in zwanzig Bänden. Bd. 17. Frankfurt a.M. 1969, 344: «Wie sich die zeitliche, empirische Gegenwart aus ihrem Zwiespalt herausfinde, wie sie sich gestalte, ist ihr zu überlassen und ist nicht die unmittelbar praktische Sache und Angelegenheit der Philosophie.» Was Hegel in diesem Zusammenhang als «Wahrheit» denkt, die das zu hütende «Besitztum» eines «isolierten Priesterstands» bildet, der als solcher «mit der Welt nicht zusammengehen darf», bedürfte vor dem hier behandelten Hintergrund einer eigenen Erörterung.
[x] Vgl. Alain Badiou: «Ist der Sozialismus das Reale der kommunistischen Idee?». In: ders./Slavoj Žižek (Hgg.): Die Idee des Kommunismus. Bd. II. Hamburg 2012, 11-22, hier: 15f.
[xi] Ebd., 16.
[xii] Theodor W. Adorno: Negative Dialektik. In: Gesammelte Schriften. Bd. 6. Frankfurt a.M. 1970, 15.
[xiii] Georg Lukács: Geschichte und Klassenbewusstsein. Studien über marxistische Dialektik. A.a.O., 171.
[xiv] Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. A.a.O., 105.
[xv] Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften II. A.a.O., §246, Zus.
[xvi] Vgl. hierzu Félix Duque: Remnants of Hegel. Remains of Ontology, Religion, and Community. New York 2018, 55.