Erwartungshaltungen. Feministische Perspektiven auf Supererogation
Von Katharina Naumann (Magdeburg), Marie-Luise Raters (Potsdam) und Karoline Reinhardt (Tübingen)
Wozu bin ich moralisch verpflichtet und was kann nun wirklich keiner von mir verlangen? Ist es besonders lobenswert, wenn ich mehr leiste? Und bin ich immer zur Dankbarkeit verpflichtet, wenn mir jemand etwas Gutes tut, oder hat das seine Grenzen? Außergewöhnliche Situationen, die mit besonderem Einsatz oder Risiko verbunden sind, werfen diese Fragen genauso auf wie freundliche Gesten. Aber wo beginnt die ‚Mehrleistung‘ und ist die Schwelle für alle gleich?
In unserer moralischen Urteilspraxis werden manche Handlungen als in hohem Maße moralisch wertvoll, aber dennoch nicht geboten betrachtet. Die Moralphilosophie bezeichnet diese als ‚supererogatorisch‘. Aber obwohl unsere Vorstellungen davon, wer zu was verpflichtet ist, zweifellos stark von Rollenbildern geprägt sind und keineswegs ‚genderneutral‘ sind, hat die Moralphilosophie diesen Aspekt bislang weitgehend ausgespart: Eine systematische Auseinandersetzung mit dem Konzept der ‚Supererogation‘ aus feministischer Perspektive stellt bislang ein Forschungsdesiderat dar.
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