14 Okt

Staatliche Souveränität in der multipolaren Weltgemeinschaft

Von Max Gottschlich (KPU Linz)


Es gehört heute zum vornehmen Ton in der Einschätzung politischer Verhältnisse, die Rede von staatlicher Souveränität für gehaltlos anzusehen. Man verweist dazu auf die Evidenz allseitiger Abhängigkeitsverhältnisse sowie ökologischer, ökonomischer, gesundheitspolitischer und sicherheitspolitischer Herausforderungen, die nicht auf einzelstaatlicher Ebene bewältigbar sind. Das zunehmende Gewicht supranationaler Bezüglichkeiten lasse doch, so scheint es, keinen Raum mehr für Souveränitätspolitik. Damit wird konsequenterweise der Staat selbst in seinem Existenzrecht fraglich. So scheint der Staat – und zwar v.a. unter dem Vorzeichen eines bloß instrumentellen Staatsverständnisses –obsolet zu sein. Zweifellos: Beschränkte sich die Legitimation staatlicher Souveränität auf die Sicherung des Funktionierens der Gesellschaft, des Waren- und Kapitalverkehrs, dann hätte er ausgedient. Dazu ist nämlich kein Staat im Alleingang mehr in der Lage. Dazu kommen grundsätzlichere Vorbehalte: Sind staatliche Grenzen nicht Relikte der Geschichte wildgewordener Nationalgeister? Sollte an deren Stelle nicht eine globale Zivilgesellschaft treten, die den Naturzustand unter den Staaten beendet und allen Menschen die gleichen Realisierungschancen ihres pursuit of happiness ermöglicht, besorgt und behütet durch einen Weltstaat? Die bleibende Bedeutung des Staates und seiner Souveränität begreift sich erst, wenn der Staat als Wirklichkeit von Freiheit gedacht wird. Damit gerät das Vernünftige am Schritt in die Überstaatlichkeit nicht aus dem Blick.

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28 Mai

Die „Befreiung der Natur“ als Antwort auf die ökologische Krise

Von Max Gottschlich (Linz)


Die jüngste Auseinandersetzung mit den objektiven Rückwirkungen eines ungehemmten technisch-praktischen Naturverhältnisses in Gestalt ökologischer Krisen stellt nicht nur Ökonomie und Politik vor eine gewaltige Herausforderung, sondern zunächst und zuallererst das Denken. Denn das eigentliche Problem ist nicht unmittelbar auf der Ebene des Handelns zu lösen. Neue Normierungen für das Handeln zur Vermeidung unliebsamer Konsequenzen und zur Sicherstellung der „Ressource“ Natur für künftige Generationen zu fordern, greift zu kurz. In utilitären Kalkülen bewegen wir uns noch innerhalb des Feldes des technisch-praktischen Weltumganges, der Reduktion der Natur auf ihren Gebrauch. Teil des Problems ist auch die um sich greifende quasi-naturreligiösen Ideologie, die sich dem archaischen Gedanken des Opfers des Menschen für die Aufrechterhaltung des Vitalzusammenhanges bedrohlich annähert. In ihr schlägt jener Blick auf die Natur, der es nur mit funktionalen Tatsachen in Sachverhalten zu tun hat, auf seinen Urheber zurück, indem sich der Mensch selbst unter die Botmäßigkeit dieser Funktionalität stellt und als dysfunktionales und daher gegebenenfalls zu eliminierendes Element beurteilt.

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07 Mai

Biologische und geistige Selbsterhaltung des Menschen in Zeiten der Pandemie

Von Max Gottschlich (Linz)


Die Eindämmung der ersten Welle der Covid-19-Pandemie scheint in einigen Ländern Europas gelungen zu sein. Die Zeit für Zwischenbilanzen ist gekommen. Einerseits gibt es Bilanzen im Feld der Fachwissenschaften. Da geht es um die Beurteilung der Effektivität der Maßnahmen anhand von Rechenmodellen, in die unsere „hyperkomplexe“ menschliche Wirklichkeit übersetzt wird, um Ereignisfolgen handhabbar zu machen. Andererseits wird die Frage diskutiert, ob die im Wortsinne radikalen, also an die Wurzel des Rechts reichenden Regelungen im Umgang mit der Pandemie angemessen und legitim waren und sind. Die öffentliche Diskussion und politische Auseinandersetzung damit wird lauter. Kein Wunder, geht es doch an die Substanz des modernen Lebens und Selbstverständnisses des Menschen: die Freiheit. Man fragt wieder vermehrt nach Grundsätzlichem. Man sucht größere Deutungshorizonte, in die die Handlungen und Ereignisse einzuschreiben sind.

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