14 Sep

Rassismus (auch) ohne Race

von Ina Kerner (Universität Koblenz)

Seit ein paar Jahren setzt sich die deutschsprachige Politische Theorie und Philosophie immer öfter kritisch mit dem Rassismus des eigenen Kanons auseinander. Das ist überfällig – und vollzieht eine Entwicklung kritischer Reflexivität nach, mit denen der englischsprachige Wissenschaftsraum bereits seit Beginn des Millenniums aufwartet (u.a. Mills 1997; Babbitt/Campbell 1999; Boxill 2001; Bernasconi 2001; Bernasconi/Cook 2003; Valls 2005; Eigen/Larrimore 2006). Es kommt nicht von ungefähr, sondern gründet im Material, in den explizit rassentheoretischen Arbeiten ebenso wie in den eher beiläufigen rassistischen Überlegungen, die den Kanon durchziehen, dass das neue Interesse an kritischen Rassismusanalysen deutlich fokussiert ist. Es geht primär um „Rasse“ oder Race – um theoretische Operationen zum Zweck der kategorialen Unterscheidung und Hierarchisierung verschiedener Großgruppen von Menschen, die sich auf die eine oder andere Weise auf körperliche Merkmale wie die Hautfarbe beziehen und diese Merkmale ursächlich mit vermeintlichen je gruppenspezifischen Fähigkeiten und Charaktereigenschaften assoziieren. Man analysiert den Niederschlag, aber auch explizite Ausarbeitungen derart rassialisierter und rassialisierender Denk- und Wissensformen im politiktheoretischen und philosophischen Kanon und diskutiert die wichtige Frage, was das alles für künftige Bezugnahmen auf die dabei ins Zentrum des analytischen Interesses gerückten Texte und Autor:innen heißt.

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24 Aug

Antiziganismus – (K)Ein Thema für die Philosophie?

Laura Soréna Tittel (Justus-Liebig-Universität Gießen)

Die Verstrickung der Philosophie in den Rassismus wurde in den letzten Jahren heiß diskutiert. Von Antiziganismus war dabei jedoch kaum die Rede. Vielmehr wurde dem klassischen philosophischen Kanon vorgeworfen, Rechtfertigungen für den Kolonialismus und für rassistisch bestimmte Hierarchien hervorgebracht zu haben. Doch wie verändert sich der Blick, wenn man in den philosophischen Schriften nicht nur nach rassistischen Denkmustern sucht, sondern explizit nach antiziganistischen? Ist die Philosophie auch in den Antiziganismus verstrickt oder kann sie etwa helfen, ihn besser zu verstehen?

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