25 Apr

Epistemische Ungleichheiten zwischen Elisabeth von der Pfalz und René Descartes – Im Philosophiestudium wiedergefunden

Von Kim Ann Woodley (Bochum)

Wintersemester 2023/24 — Ich biete ein Lektüreseminar zu Descartes Werk Die Passionen der Seele an. Dazu lesen wir den Briefwechsel mit Elisabeth von der Pfalz, denn ohne Elisabeth gäbe es diese Lektüre nicht. René nennt sie dennoch an keiner Stelle. Dafür entschuldigt Elisabeth sich für ihren „Stumpfsinn“ und ich lese ihre Worte: „Denn das Leben, das ich zu führen gezwungen bin, läßt mir nicht genug Zeit übrig, um eine Haltung der Meditation Ihren Regeln gemäß anzunehmen“ (Descartes & von der Pfalz 2015:14). Im Seminar sind wir uns einig: Irgendwie unfair, das Ganze.

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22 Apr

300 Jahre Kant: Kant lesen, Kant und Philosophie

Kant Portrait

Beiträge von Lucian Ionel, François Ottmann und Dina Emundts aus der Reihe 300 Jahre Kant – Das Unzeitgemäße in seiner Philosophie.


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16 Apr

Duties of Civility? – ein Tagungsbericht

von Daniel Beck (TU Dortmund)

Das vielbeschworene Bild kriselnder, sich radikalisierender und polarisierender liberaler Gesellschaften wird wohl angesichts aktueller Umfrageergebnisse rechtspopulistischer Parteien auf absehbare Zeit ein vertrautes bleiben. Auf der Suche nach Maßnahmen zur Stärkung liberaler Demokratie ist guter Rat teuer. Warum also nicht mal bei John Rawls nachfragen?

Es muss doch im besten Fall hilfreich und im schlechtesten Fall interessant sein, das Werk eines der einflussreichsten politischen Philosophen des 20. Jahrhunderts zu konsultieren. Diese Idee lag der von Eva Helene OdzuckSarah Rebecca Strömel und Daniel Eggers organisierten Konferenz „Duties of Civility? Rawls’s Theory of Deliberative Democracy and its Relevance in the Digital Age” zu Grunde, welche vom 11.03. – 12.03. in Regensburg unter Mitwirkung europäischer und US-amerikanischer Forscher*innen stattfand. Der erfreulich praktische Ansatz der Konferenz zog sich (überwiegend) als roter Faden durch die recht breite Auswahl an Themen, die mal abstrakter und mal direkter Bezug auf nicht-ideale Zustände jenseits der wohlgeordneten Gesellschaft nahmen.

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09 Apr

Für eine liberal-egalitaristische politische Philosophie der Familie

Von Sabine Hohl (Basel)


In der von John Rawls geprägten liberal-egalitaristischen politischen Philosophie der letzten 50 Jahre wurde die Familie lange stark im privaten Bereich verortet, so sehr dies auch von feministischen Philosoph:innen völlig zu Recht angeprangert worden ist, die stets auf die politische Relevanz der Familie hingewiesen haben. Mittlerweile hat sich dies zum Glück geändert und das Thema «Familie» hat in der Ethik und in der politischen Philosophie Hochkonjunktur und auch die feministische Kritik ist verstärkt gehört worden. Einige liberal-egalitaristische Grundannahmen haben sich allerdings in dieser Literatur bis heute noch nicht generell durchgesetzt – und noch viel weniger gilt das für die gesellschaftliche und politische Praxis. Im Folgenden schlage ich zwei methodologische Neuorientierungen vor, die dabei helfen sollen, eine stärker liberal-egalitaristisch geprägte Perspektive auf die Familie einzunehmen und letztlich auf dieser Basis auch politische Reformen vorzuschlagen. Diesen ist auch das von mir geleitete Forschungsprojekt «Just Parenthood: The Ethics and Politics of Childrearing in the 21st Century» verpflichtet, das seit 2023 an der Universität Basel läuft.

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04 Apr

Tod und Mysterium

Titelbild Beitrag Tod und Mysterium

von Rico Gutschmidt (München)


Was ist der Tod? Wir verstehen zwar abstrakt, was es bedeutet, nicht mehr zu existieren, aber können wir das wirklich begreifen? Im wissenschaftlich geprägten Weltbild wird der Tod üblicherweise als vollständiges Ende der Existenz aufgefasst, ohne zu berücksichtigen, dass die Nichtexistenz nach dem Tod das menschliche Fassungsvermögen übersteigt: Wir können uns weder den Verbleib gestorbener Personen veranschaulichen noch das eigene Aus-der-Welt-Sein.

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02 Apr

Epistemische Ungerechtigkeit an Frauen in der Medizin

Von Sarah Stöhr

Ungerechtigkeit an Frauen in der Medizin weist eine beschämende Historie auf. Bereits Platon hatte Frauen aufgrund ihrer Gebärmutter bzw. der „Hysteria“ – dem altgriechischen Begriff für Gebärmutter – für verrückt erklärt. Selbst über zweitausend Jahre später werden Beschwerden von Frauen mit Freud als Hysterie abgetan. Obwohl sich in den vergangenen Jahrzehnten einiges getan hat, werden die Beschwerden von Frauen teilweise weiterhin im medizinischen Bereich bagatellisiert.

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28 Mrz

Unruhig bleiben, damit sich alles ändert. Mit Haraway und Adorno für ein anderes Naturverhältnis

Von Miriam Schröder (Frankfurt)


Dass sich angesichts der Klimakatastrophe einiges, wenn nicht sogar alles, ändern muss, ist fast schon ein Gemeinplatz geworden. Aber während die einen auf technische Lösungen setzen und von einem grünen Kapitalismus träumen, sind die anderen längst einem verbitterten Zynismus verfallen. Beide Perspektiven sind für kritische Theorien, die auf ein herrschaftsfreies Zusammenleben aller zielen, lähmend. Mit Donna J. Haraway und Theodor W. Adorno lässt sich anders über diese Problemstellung nachdenken.

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26 Mrz

Die liberale Demokratie und ihre inneren und äußeren Feinde

Prof. Dr. Barbara Zehnpfennig im Gespräch mit Dr. Sarah Rebecca Strömel

Was macht unsere Demokratie im rechtsstaatlichen, liberalen Sinne aus? Wie können und müssen wir mit den äußeren und inneren Feinden der Demokratie umgehen? Und was hat Identitätspolitik mit den inneren Gefährdungen der Demokratie zu tun? Diese und weitere Fragen stellt Dr. Sarah Rebecca Strömel im Interview mit Prof. Dr. Barbara Zehnpfennig, die bis 2022 Inhaberin der Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Universität Passau war. Sie ist Trägerin des Bundesverdienstkreuzes am Bande und Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Das Gespräch findet im Rahmen der Interviewreihe „Säulen der Demokratie“ statt, die vom Lehrstuhl für Politische Philosophie, Theorie und Ideengeschichte der Uni Regensburg in Kooperation mit „praefaktisch“ produziert und ausgestrahlt wird. Folgende Fragen kommen zur Sprache:

00:00 Herzlich willkommen, Frau Zehnpfennig

00:39 Definition „Liberale Demokratie“ Was macht die Demokratie im liberalen, rechtsstaatlichen Sinne aus?

02:26 Feinde der Demokratie Teilen Sie die weit verbreitete Diagnose, dass die liberale Demokratie von innen und von außen gefährdet ist? Und wenn ja: Wieso ist sie gerade jetzt besonders bedroht?

04:40 Populismus als Gefahr? Mit Blick auf die anstehenden Wahlen im In- und Ausland: Manche Demokratietheorien sehen populistische Tendenzen, z.B. mit radikalen Gegnerschaften, als etwas Produktives. Ist Populismus aus Ihrer Sicht ausschließlich destabilisierend?

08:04 Demokratie unter Druck – innere Bedrohungen Welche Phänomene gefährden die Demokratie von innen heraus?

10:15 Identitätspolitik Könnten die genannten Krisenphänomene ein Grund dafür sein, warum sich verschiedene Gruppen als Kollektive in Abgrenzung zu anderen definieren? Wieso ist Identitätspolitik omnipräsent?

14:18 Wie umgehen mit Gruppen-Egoismen? Wie könnte die Demokratie darauf reagieren, wenn bestimmte Gruppen besonders laut sind und die schweigende Mehrheit übertönen?

16:47 Die Rolle der Wissenschaft Sehen Sie die Politikwissenschaft angesichts der Bedrohungen der Demokratie in besonderer Verantwortung – und wie werden wir dieser Verantwortung gerecht?

21 Mrz

Elternschaft ohne Liebschaft: Co-Elternschaft und gesellschaftliche Normen

Von Johanna Rensing (Basel)


Seit einigen Jahren entstehen neue Formen von Elternschaft. Ein Beispiel dafür ist die Co-Elternschaft. Eine Co-Elternschaft unterscheidet sich von einer traditionellen Elternschaft dadurch, dass die Eltern keine romantische Paarbeziehung miteinander führen. Die Co-Elternschaft steht oft unter Generalverdacht weniger geeignet zu sein, als eine traditionelle Elternschaft, um Kinder zu erziehen. Ist die Abwesenheit einer romantischen Paarbeziehung ein Hindernis für gemeinsame Elternschaft?

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19 Mrz

Epistemische Handlungsfähigkeit in Unterdrückungskontexten: Kann Schweigen (epistemischer) Widerstand sein?

Von Hilkje C. Hänel (Potsdam)

In diesem Beitrag soll ein Fokus auf der epistemischen Handlungsfähigkeit oder Agency marginalisierter Wissender liegen; also jenen Personen, die oftmals systematisch von ungerechten epistemischen Praktiken betroffen sind. Tatsächlich betrachtet der hier gewählte Fokus, ein philosophisches Feld, dass Philosoph*innen of Colorebenso wie indigene Philosoph*innen schon seit langem bespielen. Im Folgenden wird zunächst betrachtet, wie Theorien der Handlungsfähigkeit mit Unterdrückungskontexten umgehen – und leider teilweise an deren Komplexität scheitern –, um dann zu zeigen, dass epistemische Handlungsfähigkeit als widerständige Handlungsfähigkeit auch ganz anders gedacht werden kann. Dabei kann aber selbstverständlich nur ein kleiner Einblick gegeben werden, der den Theorien, die sich mit epistemischem Widerstand auseinandersetzen sicher nicht gerecht werden kann. Hier soll vielmehr angedeutet werden, dass die Debatte um epistemische Ungerechtigkeit viel komplexer und größer ist als oftmals angenommen.

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