Sexphilosophie
Von Anna Mense (Gießen)
Einleitung[1]
In diesem Text geht es darum, nachzuspüren, inwieweit erlebte Körperlichkeit sowie Aspekte des Sexuellen Teil philosophischer Praktiken sind oder sein können, die, insofern sie unbewusst bleiben, ihr epistemisches Potential nicht frei entfalten können. Ich möchte einerseits den Phänomenbereich Sexualitäten zum Anlass nehmen, um über philosophische Praktiken nachzudenken und ein Gespür dafür zu entwickeln wie Sexualitäten in philosophische Praktiken hineinwirken können. Andererseits möchte ich Aspekte des Sexuellen performativ erfassen, wenn ich letztlich der Frage nachgehe, wie eine philosophische Praxis aussehen könnte, die von ihrer Sexualität nicht absieht, sondern sie explizit macht und textuell gestaltet. Während der erste Teil des Textes verschiedene Weisen von Abwesenheiten des Sexuellen innerhalb philosophischer Praktiken reflektiert, offeriert der zweite Teil zunächst eine Reihe von Beschreibungen sexueller Aspekte innerhalb philosophischer Praktiken. Der zweite Teil schließt mit einer Skizze dessen, was ich Sexphilosophie nenne.
Die Einsicht, dass Körper und Geist nicht getrennt voneinander existieren, hat dem Körper nur eine gewisse Wirkmächtigkeit in der Philosophie zugestanden. Die Physikalität des Körpers ist die Grundlage empirischer Untersuchungsmethoden, die einen wichtigen Stellenwert innerhalb philosophischer Betrachtungen gewonnen haben. Erlebte Körperlichkeit hingegen, die Erfahrung des Verkörpertseins spielt in großen Bereichen der Philosophie eine wesentlich geringere Rolle. Was aber bedeutet es für eine philosophische Praxis unter Absehung erlebter Körperlichkeit über ihre Gegenstände zu reflektieren? Anders: wenn es darum geht über Sexualitäten nachzudenken und mehr Halt zu finden an Phänomenen wie in etwa Begehren, Lust, Erotik, Erregung, Sinnlichkeit, Intimität, Geschlecht, sexuelle Orientierung, sexuelle Identität oder geschlechtliche Identität, dann stellt sich die Frage welcher Blick und welche Umgangsweise geeignet sind, diesen überwiegend perspektivischen Phänomenen nahe zu kommen.
Teil philosophischer Praktiken sind nicht etwa nur die kritische Reflexion und die Arbeit an soliden Argumenten. Die argumentative Praxis zeigt sich zwar gerne sachlich und objektiv. Und dennoch scheinen mir Personen, die Ideentexte entwickeln und verteidigen auch Personen zu sein, die inspiriert und von ihren Ideen erregt sind, die Verständnis und Wissen begehren, die von einer epistemischen Errungenschaft befriedigt sind und die in einen Erkenntnissog geraten können. Sachliche, rationale, von Impulsen und Emotionen immunisierte Philosophie ist potent – ihre Potenz drückt sich in ihrer Wissenschaftlichkeit und in ihrem Anspruch auf Wahrheit aus. Mir scheint es unübersehbar zu sein, dass (akademisch) philosophische Praktiken Personen auch unterhalb ihres Kinns involvieren: Deadlines, fehlende Anschlussfinanzierungen, eine harsche Redekultur und Konkurrenz stressen, das Lesen schwieriger Texte macht müde und harte Kritiken frustrieren! Intuitionen drücken wesentlich erlebte Körperlichkeit aus. Sie sind ein nicht notwendig propositionales Erspüren und Ertasten von Einstellungen. Akte wie in etwa eine Position zu haben, etwas in den Blick zu bekommen, eine Perspektive einzunehmen, das heißt seinen Blick zu modifizieren, von etwas irritiert zu werden, Verbindungen aufzuzeigen oder von verschiedenen Disziplinen zu sprechen, involvieren grundlegende Modi erlebter Körperlichkeit.
Die Sorte bestehender philosophischer Praktiken, mit denen ich mich in diesem Text auseinandersetze, ist nicht hinreichend bestimmt, wenn ich sie schlicht analytische Philosophie nenne und damit die Fiktion einer homogenen Praxis suggeriere. Eher geht es mir um einen bestimmten Stil des Argumentierens, der an akademischen Institutionen praktiziert wird, die ihrem Selbstverständnis nach analytisch arbeitende philosophische Textwissenschaftler*innen ausbilden. Ich verwende den Plural Sexualitäten, um auf die Heterogenität hinzuweisen, in der sich sexuelles Erleben und Begehren in sexuellen Praktiken manifestieren können. Ich möchte die vielfältigen Weisen, in denen körperliche Anziehung, emotionale Anziehung, geschlechtliche Identität und geschlechtlicher Ausdruck zusammenkommen können, betonen.
Unterbundene Präsenz: Sexualitäten in ihrer Abwesenheit
Mir scheint der wissenschaftlich-philosophische Umgang mit dem inhaltlichen Bereich des Sexuellen in einer aufdringlichen Weise von Trägheit gekennzeichnet zu sein. Diese Trägheit fällt vor allem dadurch auf, dass es einerseits in Deutschland mindestens seit 2014 eine präsente harsche, reaktionäre Medienkampagne gegen die Integration sexueller Vielfalt in die Sexualerziehung gibt.[2] Andererseits floriert die Entstehung kultureller Formen, in denen sexuelle Selbsterfahrung sowie die Kultivierung sexueller Fähigkeiten in einem semi-öffentlichen Rahmen möglich gemacht und zelebriert werden.[3] Dennoch scheint sich die kulturell-politische Aufmerksamkeit mit Blick auf den Phänomenbereich nicht im philosophischen Diskurs widerzuspiegeln. Dabei kann der Phänomenbereich Sexualitäten auf verschiedene Weisen abwesend sein:
Erstens kann das Thema Sexualitäten im Diskurs abwesend sein oder nur marginalisiert vorkommen. Sozio-kulturell zeigt sich der paradoxe Zustand einer hochsexualisierten Gesellschaft, innerhalb der es jedoch nur vereinzelte Kontexte des elaborierten, differenzierten, von Panik, Angst oder Skepsis unberührten Austauschs über Sexualitäten zu geben scheint. Zur Unterscheidung sexpositiver und sexnegativer Redekulturen schreiben Williams et al.
Sex-negative perspectives tend to frame sexuality and sexual practices primarily as risky, difficult to manage, and perhaps adversarial; while variations of sex-positivity seem to acknowledge risks and concerns yet also emphasize the importance of sexual pleasure, freedom, and diversity.[4]
Mit Blick auf die Philosophie ist es zwar nicht der Fall, dass nirgends in der Philosophiegeschichte oder im aktuellen philosophischen Diskurs über Sexualitäten gesprochen wird.[5] Hélène Cixous[6], Georges Bataille[7], Michel Foucault[8], Paul B. Preciado[9], Roland Barthes[10], Martha Nussbaum[11] oder Judith Butler[12] schreiben philosophische Texte über Aspekte des Sexuellen oder vermitteln Prinzipien des Sexuellen wie Cixous mit dem Einschreiben weiblicher Leiblichkeit in die Philosophiegeschichte oder Preciado mit dem sexuell textuellen Widerstand. Eine Perspektive, die Sexualitäten zwar keinen Wert an sich zuspricht, aber ihren instrumentellen Charakter thematisiert, findet sich beispielsweise bei Platon[13]. Aber schaut man sich in der philosophischen Forschung um, scheinen Fragen des Sexuellen dennoch umfassend ausgeschlossen zu sein. Wer beschäftigt sich überhaupt philosophisch mit Sexualitäten in der deutschsprachigen Wissenschaft?[14]
Problematisch wird die Aussparung eines Themas unter anderem dann, wenn sie zu einer Sprachlosigkeit beiträgt, die sowohl einen differenzierten Ausdruck als auch differenziertes Erleben erschwert, die kommunikative Hemmschwellen errichtet, die dazu führen kann sich einen Rederaum erst erkämpfen zu müssen, die Tabuisierung erleichtert und die der Fortschreibung von erlebter Gewalt den Weg bereitet. Weil ich keine Gelegenheit auslassen kann, Gedanken über die Relevanz dieses Themas anzuregen, möchte ich in aller Kürze auf starke Passagen in Carolin Emckes Texten Wie wir begehren (2013) und Weil es sagbar ist (2015) verweisen:[15]
In einer Welt, in der Sexualität tabuisiert wird, in der die Lust als ambivalente, unheimliche Leerstelle firmiert, kann über Formen der Lust nicht verhandelt werden. Wenn das Begehren selbst diskreditiert ist, können unterschiedliche Arten des Begehrens nicht mehr wahrgenommen werden. Die Negation der Lust führt paradoxer Weise in einem solchen Kontext zu ihrer Entgrenzung. Nur wenn Begehren als Lust gedacht wird, als etwas, das mit unbedingtem Wollen zu tun hat, kann es Grenzen geben, kann jene Sexualität markiert werden, die nichts mit Wollen zu tun hat, die gegen die Wünsche und Phantasien der Einzelnen verstößt.[16]
Damit solcher [sic] Erfahrungen [die Erinnerung an den Holocaust, A.M.] individuell und kollektiv gedacht werden kann, müssen sie behutsam ausbuchstabiert werden. Was geschieht, wenn sie lediglich mit einem Begriff tituliert und nicht beschrieben werden, ließ sich bei dem Missbrauchsskandal an der Odenwaldschule studieren. Obgleich ehemalige Schüler wie Andreas Huckele (alias Jürgen Dehmers) frühzeitig auf Missbrauch und sexuelle Gewalt an der Schule hingewiesen hatten, obgleich die zuständigen Verantwortlichen die Vorwürfe kannten, verdrängten und verleugneten sie das, was sie nicht vorstellen mochten. […] Das Unpräzise schützt jene, die das Schreckliche nicht denken wollen.[17]
Darin aber, in dem Schweigen der Opfer von extremem Unrecht und Gewalt, liegt die perfideste Kunst solcher Verbrechen: seine eigenen Spuren zu verwischen. Denn wenn sich strukturelle und physische Gewalt einschreibt in ihre Opfer, wenn sie die physische und psychische Integrität einer Person verletzt, wenn extremes Unrecht und Gewalt die erzählerische Kompetenz angreift, dann bleibt sie unbemerkt und wirkt fort.[18]
Zweitens kann der Phänomenbereich Sexualitäten in der Hinsicht abwesend sein, dass Philosoph*innen nicht über ihr eigenes sexuelles Erleben beziehungsweise über die eigene Sexualbiographie sprechen. In einem Interview wurde Jaques Derrida danach gefragt welche Frage er von kanonischen Philosophen wie Kant, Hegel oder Heidegger gerne beantwortet hätte. Derrida möchte Antwort auf die Frage nach dem eigenen Sexleben der Philosophen[19] – weil das der Gegenstand sei, über den in der Philosophie nicht gesprochen würde. Gegenbeispiele, die die eigene Sexualbiographie durchaus involvieren, finden sich unter anderem in den Aufsätzen »Are We Having Sex Now or What?« von Greta Christina[20] oder »Orchid Love« von Phoebe Hard.[21] Dabei scheint mir das Reden über die (eigene) Sexualität kein Selbstzweck zu sein. Das Interesse am Sexleben Kants ist nicht etwa das Sexleben Kants, sondern die Möglichkeit von jemandem, der für sein Denken in die Geschichte eingegangen ist, etwas über das Verhältnis von Denken und Sexualitäten zu erfahren: Können Sexualitäten etwas über das Denken erfahrbar machen? Welche Sorte von Verständnis ist möglich, wenn eine philosophische Praxis ihre sinnlichen Bedingungen ausspielt?
Drittens kann eine Philosophie der Sexualitäten aus einer Außenperspektive betrieben werden, der es um das Erringen wahrer Sätze über einen Gegenstandsbereich geht. In diesem Sinne kann über sexuelle Kategorien als Gegenstand gesprochen werden, wobei die individuelle Erlebnisperspektive abwesend ist beziehungsweise eine Binnenperspektive bewusst außen vor gelassen wird. Hiervon lässt sich eine Philosophie der Sexualitäten unterscheiden, die die perspektivische Klammerung einer Erkenntnis anerkennt und die erlebte Körperlichkeit als Erkenntnismittel im Nachdenken über Kategorien des Sexuellen nutzt. Persönlich oder aus der eigenen Erlebnisperspektive heraus über Sexualitäten zu sprechen, hat den Vorteil empfundener Vereinzelung oder Einsamkeit entgegenwirken zu können, indem Angebote des Erlebens und der affektiven Teilhabe in Form eines Nachvollzugs gemacht werden. Dennoch scheint mir nicht der eine oder der andere Ansatz besser zu sein, aber ich halte es für relevant, darüber nachzudenken, welche Zugangsweise welchen Phänomenen angemessen ist.
Viertens kann der Phänomenbereich Sexualitäten in philosophischen Praktiken in der Hinsicht abwesend sein, dass Sexualitäten als Einflussgröße beim philosophischen Tätigsein negiert werden – dass also angenommen wird philosophische Praktiken seien frei von sexuellen Impulsen oder Aspekten. Für diese Sorte von Abwesenheit möchte ich letztlich ein Pendent entwickeln, das die Präsenz des Sexuellen unumgänglich macht. Was mich in diesem Text reizt und antreibt, ist einer Philosophie nachzuspüren, die erlebte Körperlichkeit in einer Weise in philosophische Praktiken einbindet, dass ein sinnlich textuelles Agieren entsteht, welches sich in Interaktion mit dem zu Verstehenden begibt, um es im Vollzug des Ergründens erfahrbar zu machen. Diese Philosophie nenne ich Sexphilosophie. In der Sexphilosophie geht es um den Nachvollzug sowie die Performanz sexueller Prinzipien in der philosophischen verbalen oder textuellen Interaktion mit dem zu Verstehenden im Bewusstsein der Exponiertheit vor rezipierenden Personen (Leser*innen).
Für die verschiedenen Hinsichten der Abwesenheit des Sexuellen im philosophischen Diskurs lassen sich in aller Kürze verschiedene spekulative Gründe anführen. Letztlich mag die tendenzielle Abwesenheit des Themenbereichs der eigenen Sexualität in der Philosophie hauptsächlich dadurch begründet sein, dass die eigene Sexualität konventionell im Raum des Privaten entfaltet wird und in gar keinem öffentlichen Raum – also auch nicht im öffentlichen Raum eines philosophischen Diskurses thematisiert oder gar ausgeübt wird. Von der eigenen Sexualität zu sprechen oder sie gar öffentlich auszuleben, mag aufs Spiel setzen die eigene Autorität einzubüßen. Über Diogenes werden letztlich immer dieselben drei Dinge erzählt, die jede Person mit Abitur explosiv ins Gespräch einbringt und den Diskurs über Diogenes damit rasch beendet: Diogenes lebte in einer Tonne (Obdachlosigkeit), er sagte Alexander dem Großen, dass er ihm aus der Sonne gehen solle (ziviler Ungehorsam) und er masturbierte öffentlich (Erregung öffentlichen Ärgernisses). Dabei scheint öffentliche Masturbation gerade jene Handlung zu sein, die am ehesten geeignet ist, Diogenes zu diskreditieren, ihn lächerlich zu machen, ihn als Philosophen nicht mehr erst nehmen zu müssen und sozialen Widerwillen gegen seine Handlungen zu erzeugen, ohne überhaupt angeben zu müssen, was an öffentlicher Masturbation eigentlich problematisch sein soll.
Und zuletzt scheint eine perspektivische Philosophie der Sexualitäten, die erlebte Körperlichkeit inkludiert, Gefahr zu laufen subjektiv und mithin unwissenschaftlich zu sein. Die Skepsis von auf Objektivität angelegten philosophischen Praktiken gegenüber Kategorien des Körpers wie in etwa Affekten, Emotionen, Gefühlen oder Begehren, scheint zwar tendenziell abgebaut zu werden, was sich durch die Konjunktur eben jener Themen in manchen philosophischen Bereichen zeigt. Nichtsdestotrotz scheint der Raum für erlebte Körperlichkeit sowie für die erste Person Perspektive und den sich daraus ergebenen Konsequenzen innerhalb wissenschaftlicher Theorien begrenzt zu sein.
Nun ließe sich sagen, dass Personen in der philosophischen Praxis alle möglichen Dinge ignorieren – das Wetter, Hunger oder den Kaffee, der neben dem Laptop kalt wird. Was macht die Abwesenheit von Sexualitäten in philosophischen Praktiken problematischer als die Abwesenheit von anderen Dingen, die in eben jenen Praktiken nicht berücksichtigt werden? Ich betone die verschiedenen Abwesenheiten hier deswegen, da Sexualitäten oder Sex als eine mögliche Weise Sexualitäten zu erleben, in der Hinsicht gerade das Gegenteil von Abwesenheit zu sein scheinen, dass sie durch ihre besondere Präsenz ausgezeichnet sind. Geschlechtlichkeit, Begehren, Lust, Erregung, Erotik oder sexuelle Begegnungen sind mit einer Präsenz verbunden, die abwesend zu machen eine gewisse Aufmerksamkeit erfordert und die nicht anstrengungslos ignoriert werden kann. Das wiederum bedeutet, dass philosophische Praktiken, die in Absehung von Sexualitäten operieren, möglicherweise aktiv in die Unterbindung der eigenen sexuellen Impulse involviert sind. Zum einen interessiert mich, welche Weisen von Verständnis möglich sind, wenn Personen als sexuelle und sinnliche Wesen nachdenken und textuell (inter-)agieren. Zum anderen scheint mir der Faktor Lust aber auch gerade wesentlich dafür zu sein, auf das Gelingen oder Scheitern kommunikativer Strukturen, hinzuweisen. Bestimmte Rollen in der philosophischen Redekultur wie in etwa Angriff und Verteidigung können im Idealfall positive Effekte zeitigen. Dieser Idealfall wird institutionell aber nicht immer realisiert. Fehlende Lust und Freude kritisch reflektierender Personen, die ihr sinnliches Wohlergehen mitdenken und ernstnehmen, können als Indikator für die Verfehlung eines Ideals dienen und damit auch zur Wegebereiterin einer Besserung werden.
Sexuelle Elemente in philosophischen Praktiken
Gegenüber des Eindrucks omnipräsenter Abwesenheit von Sexualitäten innerhalb akademisch philosophischer Praktiken, möchte ich anhand der folgenden Beispiele den Gedanken motivieren, dass jene Praktiken auch dann nicht frei von Sexualitäten sind, wenn weder über Sexualitäten gesprochen noch wenn erlebte Körperlichkeit im philosophischen Tätigsein ausgespart wird. Was ist das Problem dieser absenten Präsenz? Der Gedanke, den ich im ersten Abschnitt des Textes zu entfalten versucht habe und den ich im späteren Abschnitt »Sexphilosophie« zu elaborieren versuche, ist erstens, dass ignorierte oder unterdrückte Aspekte des Sexuellen innerhalb philosophischer Praktiken es möglicherweise verhindern, ein sinnliches Potential von Verständnis auszuschöpfen und zu gestalten. Zweitens scheint mir die Unterdrückung von Phänomenen, die sich gerade durch ihre Präsenz auszeichnen, nur mit erheblichen Anstrengungen bewerkstelligt werden zu können, die die Kraft und Konzentration an anderen Stellen belastet, Personen ermüdet und ihr Erleben verengt. Die folgende Liste sexueller Aspekte innerhalb philosophischer Praktiken ist unvollständig und perspektivisch geklammert. Sie mündet in eine Art Lustlosigkeit und Beengung, der ich mit meinem Konzept Sexphilosophie Handlungsalternativen anbieten möchte. Insofern Philosophie als eine Praxis beschrieben wird, die durch ein Tätigsein, durch die Personen, die tätig sind und durch die Produkte des Tätigseins strukturiert ist, ergeben sich mehrere Hinsichten, in denen sexuelle Elemente in der Philosophie ausgemacht werden können.
(i) In der Philosophie gibt es eine metaphorische Terminologie der Intimität. Philosoph*innen lieben – ich möchte gerne sagen, begehren. In der Philosophie wird mit Gedanken geflirtet, Personen gehen mit einer Idee schwanger, Theorien werden ausgetragen und geboren, Akademiker*innen haben Doktorväter (und –mütter) und sie kümmern sich um ihre textuellen Babys. Hier lohnt es sich Zweifels ohne weitergehend darüber nachzudenken, was der auffällige Gebrauch einer Geburtenmetaphorik über eine männlich dominierte Domäne zum Ausdruck bringt und inwiefern möglicherweise versucht wird weibliche Fähigkeiten mit rhetorischen Mitteln in Besitz zu nehmen.[22] Aber auch abseits metaphorischer Sprache lassen sich philosophische Praktiken als Formen der Intimität verstehen, die Vertrauen und Zustimmung erfordern: Zustimmung zu einem Gespräch und Vertrauen darin sich in der Hinsicht vor einander verletzlich zu machen, dass man etwas nicht weiß, nicht versteht oder falschliegen kann.
Der Intimitätsterminologie scheint eine Terminologie des Kampfes gegenüber zu stehen, die sich letztlich jedoch eher als eine unerwartete Facette von Intimität herausstellen mag:
Die Philosophie verlangt nach kühler Überlegung, um mit messerscharfen Unterscheidungen die verhandelten Sachverhalte zu bestimmen, den Schein haltloser Behauptungen zu vernichten und mit schlagenden Beweisen im philosophischen Streit um die Wahrheit den Sieg des besseren Arguments davonzutragen.[23]
Diskussionen werden in Runden ausgefochten, Argumente werden verteidigt und es gibt Theorielager sowie theoretische Gegner. Angenommen es handelt sich um einen Kampf innerhalb eines konsensuellen Rahmens und nicht um Krieg, Überwältigung oder um Selbstverteidigung, dann kann Kämpfen in der Hinsicht intim sein, dass Personen innerhalb einer Vertrauensbeziehung in den direkten oder indirekten Körperkontakt miteinander gehen. Kämpfer*innen unterstellen ihre Handlungen einem Ethos der Fairness und erlauben einander wechselseitig etwas miteinander zu machen, was außerhalb des Kampfkontextes nicht immer gestattet ist. Kämpfer*innen erlauben sich aufeinander zuzugreifen, einander anzugehen und sie gehen gemeinsam durch eine Risikoepisode, in deren Verlauf sie das Wohlergehen der anderen Person im Blick haben. In einem konsensuellen Kampf begegnen sich Kämpfer*innen in ihrer Kraft, sie lassen sich auf Dominanzwechsel ein und sie erleben sich selbst und die andere Person in ihren körperlichen Vermögen. Auffällige Merkmale aktuell aufblühender Veranstaltungsformen von Playfight[24] sind nicht etwa, dass Personen endlich die Gelegenheit haben ihre Aggressionen rauszulassen, sondern gemeinsamer Spaß und Nähe. Das scheinbare Wechselspiel aus Intimität, Erotik und Nähe auf der einen Seite und Kampf, Gewalt und Distanz auf der anderen Seite mag zunächst paradox wirken. Letztlich verweisen jedoch beide Haltungen auf ritualisierte Gestaltungmöglichkeiten von Beziehungen und damit auf ein personales Interagieren.[25]
(ii) Das Zentrum philosophischer Schulen sind historisch gesehen männlich gelesene Philosophen*[26], um die sich eine Gruppe von männlich gelesenen Schülern* bildete, welche die Gedanken und oft auch die Sprache ihrer Lehrer* übernahmen und weitergaben. Mir scheinen die Handlungen und die Gedanken einer Person aufzunehmen und in das eigene Gedankengut zu integrieren, sich die Sprache einer anderen Person anzueignen, Konzepte zu übernehmen und einen Sprachrhythmus anzunehmen physiologisch wie intellektuell derart intime Vorgänge zu sein, dass ich sie den Kuss der Philosophen nennen möchte. Schüler*innen, die die Sprache ihrer Lehrer* sprechen, synchronisieren ihren Atem, ihre Lippen- sowie ihre Zungenbewegungen mit denen ihres Lehrers*. Sie übernehmen rhetorische Handlungsmuster sowie die Härte oder Weichheit der Stimme ihres Lehrers*. In dieser oralen Synchronisation hängen Schüler*innen ihrem philosophischen Lehrer* sprichwörtlich an den Lippen. Eine solche Synchronisation ist natürlich auch zwischen weiblich gelesenen Personen, Schülerinnen und Lehrerinnen denkbar. Mir steht bis dato aber nicht vor Augen was es für Intimitäts- und Synchronisationstechniken im didaktisch-akademischen, philosophischen Kontext bedeutet, dass sich das asynchrone Schüler-Lehrer-Verhältnis aus männlichen Beziehungen[27] ergeben hat und immer noch von männlich gelesenen Lehrern bestimmt wird. Der philosophische Lehrer* als der Zugang zum Wissen, aber auch als väterliche Figur, um dessen Aufmerksamkeit, Anerkennung und wissenschaftliche Assistenzstellen Schüler*innen kämpfen, hat eine Autorität inne, die sich als Anziehung zeigen und die verführen kann. Wenn es stimmt, dass Sexualitäten und mithin auch Begehren Einfluss aufs philosophische Tätigsein nehmen, ist es durchaus eine interessante Frage, was es für philosophische Praktiken bedeutet unter dem Einfluss männlichen Begehrens zu stehen.
(iii) Philosoph*innen konzipieren und untersuchen Textkörper. Sie klopfen Textpassagen auf ihre Richtigkeit ab und zerlegen Argumente in Stücke. In einer Art Kreislauf der Erregung und der Frustration werden Texte masturbatorisch dem Rewriting unterzogen und in Intervallen dem Eingriff der Peer-Reviewer ausgesetzt, die in den Text vordringen bis die Vortrefflichkeit des Textes gemessen an Maßstäben von Publikationsstandards die Zeit der Erregung beendet und Entspannung einleitet. Alan Soble bezieht sich selbstironisch auf diesen masturbatorischen Prozess, wenn er das immer und immer wieder Neuschreiben seines Textes »An Essay on Masturbation« folgender Maßen kommentiert: »I have been trying for over three decades (off and on, not continuously) to define “masturbation,“ [sic] often uncovering an illuminating tangle in the masturbatory landscape, but not finishing the task.«[28]
Dabei wird im Zuge des kritischen Feedbacks ein geradezu dissoziatives Verhältnis der Autorin zum eigenen Text sowie zu den eigenen Emotionen erwartet. Vor dem Hintergrund der motivationalen Kraft von Emotionen, die wesentlich in Handlungsprozesse eingebunden sind, weil sie auf Bedürfnisse aufmerksam machen, stellt sich mir die Frage, ob rationale, von emotionalen Reaktionen befreite philosophische Praktiken den Zustand der Bedürfnislosigkeit anstreben und dabei den Zugang zu den eigenen Bedürfnissen blockieren und blockieren müssen, um überhaupt praktiziert werden zu können.[29] Leistungssportler*innen zum Beispiel tun gerade gut daran ihre Grenzen und Bedürfnisse zu ignorieren, weil die Sorte von Training und Performance, die Leistungssport erfordert, nur schwer praktizierbar und zu ertragen ist, wenn man die eigenen Grenzen und Bedürfnisse im Blick hat.
(iv) Schreiben als epistemische und mithin körperliche Praxis hat das Potential als Begehren in der Geschichte sichtbar zu werden.[30] Dabei scheint mir die eigene (Schreib-)Stimme zu finden, genauso mühsam und intim in die Identitätsbildung eingebunden zu sein wie in etwa herauszufinden wie man leben, lieben und begehren möchte. Wie möchte ich in meinen Texten klingen? Welche Stimme passt zu mir? Wie kann ich Schrift für meinen Ausdruck benutzen? Passt meine angelernte Schreibstimme zu meinen Gedanken, zu meinen Fragen, zu meinen Ideen, zu meinem Verstehen? Da Sprechen und Schreiben unterschiedliche Ausdruckspraktiken sind, die ein je eigenes epistemisches Potenzial haben sowie unterschiedliche sexuelle Aspekte aufweisen können, scheint es zwar wichtig zwischen verbalisierter Sprache und zwischen Schriftsprache zu unterscheiden. Eine Idee wäre es zum Beispiel über Schreiben im Gegensatz zur verbalen Kommunikation als autoerotische Praxis nachzudenken. Letztlich liegt das epistemische Potential beider Praktiken jedoch darin jemandem (sich oder einer anderen Person) etwas zu erzählen, was mich daran zweifeln lässt, dass die schreibende Person im strengen Sinne für sich ist. Des Weiteren wird die kategoriale Trennung der Praktiken vor dem Hintergrund linguistischer Theorien über konzeptionell schriftliche Mündlichkeit und konzeptionell mündliche Schriftlichkeit[31] erschwert. Der Begriff konzeptionell schriftliche Mündlichkeit verweist auf Redepraktiken, die an Schriftsprachlichkeit orientiert sind – ein wissenschaftlicher Vortrag zum Beispiel, wohingegen der Begriff konzeptionell mündliche Schriftlichkeit auf Schreibroutinen und –strategien verweist, die an verbaler Kommunikation orientiert sind. Schriftsprachlicher Ausdruck und Schreibroutinen informieren und strukturieren verbale Handlungsschemata so wie verbale Handlungsroutinen Schriftlichkeit informieren können.
(v) Die Forderung nach klarer Sprache (»As common in analytic philosophy, contributors should make use of understandable language as well as rational argumentation.«[32]) sowie der Platzverweis an unverständliche Sprache ist die Inbesitznahme eines Rederaums nach homogenen Prinzipien, die ein Geltungsbedürfnis sichtbar macht, die aber seit jeher mit der Begründung der Geltung ihrer eigenen Standards beschäftigt ist. Die Absage an Unverständlichkeit und an Unklarheit motiviert die Frage nach einer Angst vor einer Philosophie, die nicht erobert, nicht durchdrungen, nicht kontrolliert und nicht in Besitz genommen werden kann. Hier ist zwar nicht klar, ob es sich tatsächlich um ein Merkmal bestimmter philosophischer Praktiken oder eher um ein Merkmal von Personen handelt, die unsicher werden, wenn sie sich nicht verstehend und verständigend in der Welt orientieren können. Dennoch stellt sich die Frage, was der Platzverweis an unverständliche Sprache eigentlich kommuniziert, welche Sorte von Verständnis angemessen ist und was die Erfüllungsbedingungen für »verständliche Sprache« akademisch philosophischer Texte sind. Für mich als Doktorandin, die sich mit Texten aus der Philosophie der Liebe beschäftigt, sind dies zwiespältige Fragen, weil ich mich einerseits der Präzision verschrieben habe und wie Peter Bieri sagen würde, glaube, dass Differenziertheit in der Sprache eine Differenziertheit in der Erfahrung möglich macht.[33] Andererseits bin ich nicht sicher, ob das Unverständliche in der Anziehung und im Miteinander von Personen etwas ist, das Vertrauen anstelle von Kontrolle qua präziser Erfassung verlangt. Kann ich in der Philosophie vertrauen oder bin ich auf Zweifel, Kritik und Präzision festgelegt?
Nicolas Roeg präsentiert in dem Film Bad Timing (1980) den Psychoanalytiker Alex, dessen Obsession es ist seine Partnerin Milena zu durchdringen und insbesondere ihre selbstbewusst und autonom gelebte Sexualität zu kontrollieren. Alex‘ Obsession entzündet sich daran, dass Milena ihm unverständlich bleibt und sich seiner Spionage entzieht. Er erscheint damit als repräsentativ für eine maskuline Wissenschaft, die verzweifelt, insofern sie daran scheitert ihre Objekte auf bestimmte Weise zu verstehen – und zu beherrschen. Die Herangehensweise Phänomene dekontextualisiert zu sezieren und Begriffe auf einander zu reduzieren, wenn sie nicht trennscharf voneinander unterschieden werden können, motiviert die Frage, ob dem Streben nach Wahrheit die Methode der Obduktion dessen inne ist, was in seiner Lebendigkeit zu komplex erscheint. Zum Beispiel weisen Alan Soble und Raja Halwani es in ihrem Projekt sexuelle Kategorien zu untersuchen, nicht etwa als ihr Ziel aus mehr über die verschiedenen Phänomene zu erfahren, sondern bestimmte Analysestandards zu realisieren:
Analytic questions have to do with defining the central concepts in the field: sexual desire, sexual activity, and sexual pleasure. The goal of this analysis is to define each concept separately from each other (to avoid circularity) or, alternatively, to demonstrate that all the concepts can be defined in terms of just one of them, which would then be the basic concept in the philosophy of sex.[34]
(vi) Eine Philosophie der Tränen, des Bluts und des Schweißes[35] geht durch den Schmerz, damit die Lust an der Erkenntnis umso intensiver erfahren werden kann. Eine in diesem Sinne fluide, also auch somatische Philosophie, die ihre Subjekte qua der eigenen Körperflüssigkeiten an ihre Leiblichkeit erinnert und sie gleichermaßen in ihrer Herstellung damit geißelt, kann möglicherweise von SM- oder BDSM-Sexualitäten[36]lernen. Innerhalb von SM-Praktiken kann Schmerz sowohl ein exploratives Mittel, ein Lust- als auch ein Erkenntnismittel sein. Den Körper innerhalb eines Vertrauensverhältnisses im Schmerz zu erfahren, kann Einsichten ins eigene Selbstverständnis, in die eigene Körperlichkeit, ins eigene Verhältnis zur Welt sowie zu anderen Personen möglich machen, die ohne die Schmerzerfahrung nicht zugänglich wären. Wie Schmerz interpretiert wird, hat jedoch wesentlich damit zu tun wie die Erfahrung eingebettet und wie Personen geprimt sind (mit diesem Klaps wirst Du bestraft/ belohnt). Im Vertrauensverhältnis eines SM-Spiels sehe ich einen wesentlichen Unterschied zur BDSM-Philosophie.
BDSM-Philosophie charakterisiere ich anhand der folgenden Prinzipien: Bondage und Constraint, das ist die Einschränkung, die Reduktion und die Verengung auf klare Begriffe – ohne die Arbeit an Verständigungstechniken und –fähigkeiten zwischen Personen. Discipline, das ist die Disziplinierung des Körpers und des Geistes zu einer intellektuellen high performance des Genius. Dominance, das ist die Stärke und Macht des Intellekts und des besseren Arguments. Submission, das ist die Unterwerfung gegenüber wissenschaftlichen Praktiken und geldgebenden Institutionen. Sadism, das ist die Weise, in der rhetorische Kälte- und Kampfmetaphorik die rhetorische Interaktion bestimmen. Masochism, das ist die Selbstgeißelung des philosophischen Subjekts am vereinzelten Schreibtisch sowie im Bestreben in akademisch-institutionellen philosophischen Praktiken einen Platz zu finden – als ledige Doktorandin Anfang dreißig genauso wie als habilitierter Familienvater und Privatdozent Anfang fünfzig. Anders als BDSM-Philosophie, die sich als unbewusste Struktur instantiiert, macht BDSM in der sexuellen Praxis jedoch Spaß, erzeugt persönliche Nähe und beruht auf bedürfnisorientierten, kommunikativen Aushandlungspraktiken.
Bisher habe ich zu verdeutlichen versucht inwiefern philosophische Praktiken in verschiedenen Hinsichten sexuelle Elemente integrieren, die jedoch nicht an Prinzipien der Lust orientiert sind, sondern diese geradezu unterbinden. Ich glaube nicht nur, dass Philosophie nicht frei von Sexualitäten ist, sondern außerdem, dass lustvolle Empfindungsfähigkeit möglicherweise zu den besseren Erkenntnismitteln gehört als Stress, Einschränkung und Disziplinierung. SM-Praktiken sind zwar durchaus gerade von Stress, Einschränkung und Disziplinierung gekennzeichnet – trotzdem haben sie gleichermaßen das Potenzial Lust- und Nähepraxis zu sein. Ich möchte der Intuition folgen, dass auch philosophisches Tätigsein das Potenzial hat eine Lust- und Nähepraxis zu sein, wobei ich den zentralen Stellenwert, den ich der Lust beimesse folgender Maßen erklären möchte: Meine Faszination sowohl an Sexualitäten als auch an Philosophie rührt daher, dass sich mir beide Phänomenkomplexe in ihrer Reichhaltigkeit aufdrängen. Sexualitäten involvieren Personen mindestens in ihren sinnlichen Vermögen, in ihren Vermögen Bewusstsein über sich und andere haben zu können als auch in ihren Vermögen die eigene Körperlichkeit zu erfahren sowie die eigene Körpergeschichte reflektieren und gestalten zu können. All diese Vermögen sind mit der Möglichkeit verbunden Lust zu erfahren: sinnliche Lust, ästhetische Lust, interpersonale Lust am Miteinander oder Lust, die aus der eigenen körperlichen Bedürfnisgeschichte herrührt. Philosophie mag sich nun durch verschiedene Charakteristika auszeichnen, aber das Begehren und der Drang verstehen zu wollen, die Erregung und die Präsenz des Denkens, der Enthusiasmus über eine Idee, die Verbindung, die sich über ein gutes Gespräch herstellt sowie die Befriedigung bei einer Erkenntnis – sind Lustphänomene. Wie also könnte eine Philosophie aussehen, die mehr Spaß macht und die der Lust Rechnung trägt? Wie kann eine Philosophie der Sexualitäten aussehen?
Sexphilosophie
Von wo aus denkst Du, wenn Du über Sexualität nachdenkst? Wie ist Dein Blick? Du guckst mich an. Wie guckst Du mich an? Von wo kommt Dein Blick? Dein Gesicht. Ich sehe Deine konzentrierten Augen, Deinen fokussierten Blick. Dein Blick drückt mich. Dein Blick will etwas. Was willst Du von mir? Du willst etwas wissen. Was willst Du wissen? Wie guckst Du, wenn Du wissen willst? Wie willst Du wissen? Du oberservierst mich. Wie ist Dein Körper, wenn Du mich observierst? Was ist deine Haltung? Wie hältst Du Dich? Wie hältst Du mich? Unterhalten wir uns? Was ist die Bedingung Deiner Unterhaltung? Dein Atem, Deine Stimme, Deine Lippen. Wie viel Platz hat Dein Atem? Wohin wandert Dein Atem? Wohin wandert Dein Blick?
Eine philosophische Involviertheit beginnt oft dort, wo eine Person stutzig wird, verdutzt ist, zweifelt, etwas nicht versteht, oder von einer Idee oder von einem Gedanken inspiriert ist.
There are moments when the world feels out of joint, when our familiar patterns of thinking and acting are disrupted. They arise, more often than not, when our accustomed ways of organizing, interpreting, and valuing are at odds with something else, something new. These moments of dissonance are unsettling, but we ought not to take refuge in the familiar on that account; for although we find dissonance uncomfortable, it overflows with philosophical promise.[37]
Stutzig werden oder von einem Gedanken inspiriert zu sein, sind unterschiedliche Haltungen und Weisen des Involviertseins. Das inspirative Moment hat Erregung, Motivation und eine progressive Bewegung inne. Inspiration kann anstecken und mitreißen. Das kontemplative Moment hingegen verlangsamt, besinnt sich und ist vorsichtiger, es will Aspekte nicht übersehen, sondern berücksichtigen. Das inspirative Moment hat zunächst erstmal damit zu tun etwas eine Gestalt zu geben. Das kontemplative Moment ist eine Bezogenheit auf etwas, dessen man gewahr wird, das man in seinem Wesen aber noch nicht fassen oder erklären kann. Kontemplation kann verständigend verbinden. Es ist eine innige Beschäftigung mit einem Phänomen, das interessiert und eine epistemische Anziehung ausübt.
Beide Weisen involviert zu sein sind Erlebnisse des Werdens und des Drangs, beide sind Modi erhöhter Aufmerksamkeit und Stimulation, in denen der Körper sich bewegt oder besinnt. Kontemplativ einer Idee nachzugehen scheint mir darum einen Zyklus von Erregung und Besinnung zu beschreiben, der von hoher Aufmerksamkeit gekennzeichnet ist, der emotional ist (Stimulation, Erregung, Aufregung, Ungeduld, Frustration, Erschöpfung, Befriedigung, Glück) und der die Möglichkeit zu einer Erkenntnis zu gelangen, erfahrbar macht. Eine sachliche, unemotionale Philosophie kann sich ihrer körperlichen Prinzipien der Erregung und der Besinnung nicht bewusst werden.
Beide Weisen involviert zu sein berühren das Erkenntnissubjekt intim: etwas, das eine Person inspiriert, bewegt diese Person und zeigt mithin auch immer auf, für was sie rezeptiv ist, was ihr wichtig ist. Auch in der kontemplativen Anstrengung zeigt eine Person, was zu verstehen ihr wichtig ist, wofür sie sich epistemisch anstrengt und sie zeigt außerdem wie ihr Blick ist, wie sie sieht und was sie sehen kann. Im Erkenntnisprozess exponiert sich eine Person und das ist die Bedingung zum Kontakt und zur Nähe mit dem zu Verstehenden. Kontakt, Perspektivität, Exponiertheit, Nähe und Intimität sind Merkmale philosophischer Praktiken, die das Rätsel, das Unverstandene nicht beanspruchen, erobern und bedrängen, sondern stattdessen Platz machen und einladen. Das Unverstandene kann Anziehung ausüben. Wie aber verhalten sich Personen, wenn sie von etwas angezogen sind? Wie kann eine Person die Anziehung, die von etwas ausgeht, das sie noch nicht versteht, anerkennen, erforschen und dem zu Verstehenden näher kommen, ohne es zu bedrängen, ohne invasiv zu sein, ohne es einzuengen?
Unter Personen würde es in einem solchen Annäherungsprozess darum gehen, in dem Sinne Konsens herzustellen, dass Erwartungen und Bedürfnisse der Personen synchronisiert werden. Nun machen wir (begriffliche) Unterschiede zwischen Objekten und Personen. Tatsächlich aber ist es nicht immer der Fall, dass Personen eine Personen-Haltung gegenüber Personen und eine Objekt-Haltung gegenüber Objekten einnehmen, sondern dass Personen sich anderen Personen gegenüber auch verhalten als seien sie Objekte (mit Funktionen) und Objekten gegenüber als seien sie Personen (mit Charakter). Wenn ich nun daran arbeite ein kritisches Verständnis von Sex oder Sexualitäten zu erringen – ein typisches philosophisches Bestreben – dann mag mir das zu Verstehende als ein Untersuchungsgegenstand erscheinen. Es ist kein belebtes Wesen mit Bewusstsein und einer Perspektive, mit dem ich in Kontakt trete. Nun frage ich mich aber, was es in der Philosophie, insbesondere in der Sexphilosophie, bewegen würde sich gegenüber dem, dessen Verständnis begehrt wird, wie einer Person gegenüber zu verhalten. Ein Objekt, ein Gegenstand kann angeschaut, beobachtet, untersucht, analysiert werden, ohne sein Einverständnis eingeholt zu haben. In der wissenschaftlichen Objektivierung wird der Blick der betrachtenden Person anonymisiert und seiner Perspektivität enthoben – er wird bloße Funktion: Die beobachtende Person verblasst hinter der Beobachtung.
Was aber kann in diesem Szenario wirklich gesehen werden und was macht die philosophierende Person, die so arbeitet? Würden die Modi des sachlichen Sehens in eine Geste oder in eine Berührung übersetzt werden, dann scheint der Untersuchungsgegenstand in philosophischen Praktiken am Ende wohl eher erwürgt als besser verstanden zu werden. Personen kann ich auf diese Weise nicht verstehen, weil ich sie nicht sehen kann, ohne dass sie sich mir zeigen. Ich kann keine Person beanspruchen, sondern ich bin auf ihre Beihilfe angewiesen, wenn es darum geht sie zu verstehen. Ich frage mich zum Einen, ob dies mit dem zu Verstehenden ähnlich ist, und zum Anderen, ob und wie sich der philosophische Habitus, der sich dem zu Verstehenden wie einer Person nähert, von jenem Habitus unterscheidet, der das zu Verstehende als Objekt behandelt.
Personen, die philosophieren sprechen: sie fragen, behaupten, begründen, kritisieren, beschreiben und erklären. Und Personen, die philosophieren sehen: sie gucken, schauen, observieren, inspizieren, untersuchen, antizipieren und fokussieren. Mit Blick auf Sexphilosophie erscheint es mir wesentlich, diese Modi von Sprechakten und insbesondere diese Modi des Sehens einerseits zu erforschen. Ich möchte den lateinischen Ausdruck intueri (deutsch Intuition) also nicht nur dahingehend ernst nehmen, dass das Referenzobjekt genau erfasst wird, sondern außerdem vorschlagen, dass philosophierende Personen ihr Sehen, ihr Gucken, ihren Blick untersuchen. Den eigenen Blick zu erforschen kann beispielsweise bedeuten zwischen Fokus, Antifokus und Sättigung zu unterscheiden – das sind Modi des Sehens, die phänomenal unterschiedliche Qualitäten haben und von der betrachteten oder ausgeblendeten Instanz unterschiedlich erfahren werden. Andererseits erscheint es mir relevant die Modi des Sprechens und des Sehens mit Blick daraufhin zu befragen, welche Effekte sie bei einer Person hervorrufen würden. Eine Person, die observiert und untersucht wird, mag sich verengen und verhärten. Möglicherweise erlebt sie Stress und Angst. Eine Person, die observiert wird, möchte sich vielleicht gerade nicht zeigen, sondern die Flucht ergreifen, sodass sie in der Untersuchung am Schopf gepackt und zurück gezogen werden müsste.
Insofern das zu Verstehende nicht als Person gedacht wird, ist es leicht, über die Effekte der eigenen Handlung hinwegzusehen, da man sich in sachlicher Sicherheit wähnt. Was aber realisiert wird, ist die Annahme und der Anspruch etwas durchdringen zu können, in etwas einzudringen, etwas durchleuchten zu können und zu dürfen. Begehren oder einen Willen zu spüren, kann aufregend sein und erotisieren – und es kann unter Druck setzen und stressen. Die philosophierende Person denkt, dass sie sich schriftlich mit einem Objekt beschäftigt, das sie durchdringt, aber ich bin die Leserin dieses Textes! Ich habe als Leserin nur die Möglichkeiten mich mit dem/der Analytiker*in zu identifizieren und Durchdringende zu werden, die Rezipientin des Aktes – Durchdrungene – zu sein oder die voyeuristische Komplizin der Wesensschau zu werden. Die sezierende Observation ist kein dekontextualisiertes Verhältnis einer schreibenden Person und eines Gegenstands, sondern ein triangulares Verhältnis der schreibenden Person, des zu Verstehenden und der Leser*in. Wenn das stimmt, ist die philosophische Untersuchung ein Handeln – ein Begehren zwischen Personen.
Wie kann die philosophische Untersuchung ein Begehren zwischen Personen sein, wenn die Philosoph*in und das zu Verstehende ganz unterschiedliche Dinge vollziehen? Der Sexualwissenschaftler Norbert Elb unterscheidet zwischen synchroner und asynchroner Sexualität. Synchrone Sexualität strebt an in der erotischen Interaktion zur ungefähr gleichen Zeit die ungefähr gleichen Handlungen zu vollziehen. Im Hintergrund dieses Anspruchs steht die romantische Fiktion der Vereinigung, die sich in der Figur des gemeinsamen Höhepunkts vervollständigt.[38] Nach Elb sei dies der Grund, warum in medialen Kulturprodukten der sexuelle Akt oft nur symbolisch gezeigt wird, sodass die Unterschiedlichkeit der Handlungen nicht betont wird. Asynchrone Sexualität hingegen lebt davon, dass unterschiedliche sexuelle Handlungen vollzogen werden, keine Einheit angestrebt wird, und die Unterschiedlichkeit der die Handlungen begleitenden Emotionen vorausgesetzt ist. Anhand des Kriteriums der Asynchronität unterscheidet Elb SM-Sexualität von nicht-SM-Sexualität. In SM-Praktiken wird die Synchronität von Handlungen (wir machen beiden in etwa dasselbe zur in etwa selben Zeit) nicht angestrebt, im Gegenteil, die Unterschiedlichkeit der Rollen ist festgelegt. Bezogen auf eine Sexphilosophie, die sich dem zu Verstehenden anhand von personalen Prinzipien der Annährung, des Kontakts und der Intimität nähert, bedeutet dies, dass das zu Verstehende und die verstehende Person durchaus unterschiedliche Handlungen vollziehen können. Die Unterschiedlichkeit der Handlungen muss die Nähe zwischen dem zu Verstehenden, der Verständnis begehrenden Person sowie der Leser*in, nicht verhindern.
Schluss
Ich habe in Zweifel zu ziehen versucht, dass die philosophische Beschäftigung an sich nicht sexuell ist und ich habe Merkmale präpariert, die sexuelle Aspekte in philosophischen Praktiken darstellen. In diesen Praktiken, die das Potential ihrer Sexualität nicht erkennen, sehe ich die philosophierende Person als Lustwesen bedrängt. Sexphilosophie ist eine Beschäftigung, die versucht keinen, in diesem Sinne, performativen Widerspruch zu begehen, sondern die Prinzipien ihres Untersuchungsgegenstands in ihre Verständigungspraktiken aufzunehmen. Ich mache drei Vorschläge für eine Sexphilosophie: ich schlage vor, dass Sexphilosoph*innen die Weise ihrer Bezogenheit erforschen (Person/Objekt, Blick). Ich schlage vor, dass insbesondere Sexphilosoph*innen es wagen ihre Sinnlichkeit sowie ihre Lustfähigkeit in ihr Erkenntnisbestreben versuchen einzuschreiben beziehungsweise Erkenntnis aus der Lust heraus zu entfalten. Und ich schlage vor das duale Konzept des Verhältnisses zwischen der philosophisch kontemplativ involvierten Person und dem zu Verstehenden als trianguläres Verhältnis zu denken, das die Leser*in integriert. Erkenntnisbestreben ist nun nicht auf den inhaltlichen Bereich Sexualitäten festgelegt, sodass Sexphilosophie eine Umgangsweise philosophischen Agierens bestimmen könnte, die körperlich, intim, emotional – und lustvoll ist. Michelle Houellebecq schreibt, dass tote Dichter nicht schreiben. Das bedeutet nicht nur, dass einer Person durch ihren Tod ihr eigenes Schreiben verunmöglicht wird (oder sie es sich verunmöglicht, wenn sie sich das Leben nimmt). Es kann auch bedeuten, dass Schreiben lebendig ist. Und wenn Lust ein Merkmal des Lebendigen ist, dann ist Lust auch ein Merkmal des Schreibens.[39]
Anna Mense hat einen Hintergrund in der Theoretischen Philosophie. In ihrem Lehramts-Philosophiestudium hat sie begonnen sich mit ästhetischer Lust auseinanderzusetzen, in ihrer Doktorarbeit analysiert sie misslingende Liebesverhältnisse, in denen Liebende miteinander und aneinander leiden. Annas neues Textprojekt thematisiert den Stellenwert von Sprache für Sexualitäten und stellt einem sexnegativen Diskurs Prinzipien sexpositiver Räume entgegen. Anna interessiert sich fürs Schreibpraktiken, für Vorstellungskraft, ästhetisches Erfahren, Emotionstheorien, deviantes Begehren, Schmerzpraktiken, Sexualpolitik, für Liebe sowie für die Begriffe der Gruppensexualität und der Körpergeschichte.
Anna ist Doktorandin der Justus-Liebig-Universität Gießen. Sie lehrt derzeit außerdem an der Friedrich-Schiller Universität Jena sowie an der Universität Rostock zu den Themen Sexualitäten und Sexualitäten und Schule.
Literaturangaben
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Bieri, Peter, Vortrag »Erfahrungen zur Sprache bringen«, in: Was die Sprache mit uns macht, Heidelberger Poetik Vorlesungen, 2008, Universität Heidelberg, https://www.uni-heidelberg.de/media/germanistik/poetik2008.html [28.11.2019].
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Dick, Kirby und Amy Ziering Kofman, Derrida, Dokumentarfilm, 2002.
Elb, Norbert, »Promemoria zu asynchronen sexuellen Verhalten, Triebtätersyndrom, immateriellen und rematerialisierten Fetischen, Liebe/Erotik-Dilemma« , in: Wer liebt, der straft?: SM- und BDSM-Erotik zwischen Pathologisierung und Anerkennung (Beiträge zur Sexualforschung), Borkenhagen, Ada und Elmar Brähler (Hrsg.), Psychosozial-Verlag, 2016.
Emcke, Carolin (2013), Wie wir begehren, 3. Aufl., Frankfurt/Main: Fischer, 2016.
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Esser, Andrea, »Klimawandel in der Philosophie? Bericht zur Tagung am 8. Januar 2016 aus Perspektive der Veranstalter*innen«, in: Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Philosophie e.V., Frühjahr 2016, Nr. 31.
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Precidao, Paul B., Testo Junkie. Sex, Drogen und Biopolitik in der Ära der Pharmapornografie, Berlin: b-books Verlag, 2016.
Tuider, Elisabeth/ Dannecker, Martin: Das Recht auf Vielfalt. Aufgaben und Herausforderungen sexueller Bildung. Göttingen: Wallstein Verlag, 2016.
Williams, DJ and
Jeremy N. Thomas, Emily E. Prior, Wendy Walters, »Introducing a
Multidisciplinary Framework of Positive Sexuality«, in: Journal of Positive
Sexuality, Vol. 1, February 2015.
[1] Für zahlreiche Hinweise, Anregungen und für kritisches Feedback danke ich Beata Absalon, Peter Banki, Eva Hanson, Matthias Vogel, David Löwenstein und Erik E. de Vos.
[2] Vgl. Tuider/ Dannecker (2016).
[3] Vgl. Neben einer Vielzahl von Workshop-Angeboten sind größere Veranstaltungen zum Beispiel Xplore Berlin, Xplore Barcelona, Xplore Kopenhagen, Konk Berlin, Die blaue Blume Festival, PAN, The Intimate Revolution Berlin/Wien, Liebeskunstfestival Berlin, Touch & Play Festival – Digging Deeper, Freiraumparty und andere nicht-öffentliche Veranstaltungen.
[4] Williams, DJ and Jeremy N. Thomas, Emily E. Prior, Wendy Walters (2015), S. 6. Sehr verkürzt lässt sich Sex-Positivität als eine Haltung verstehen, die Sexualitäten zunächst einmal als Quelle möglicher Freude versteht und nicht intuitiv mit Konflikten, Komplikationen und Bedrohung verknüpft. Eine Zeitschrift, die diesem Anspruch gerecht werden möchte, ist das Journal for Positive Sexuality (http://journalofpositivesexuality.org/).
[5] Eine umfassende und einflussreiche Herausgeberschaft ist Halwani, Raja, Alan Soble, Sarah Hoffman, and Jacob M. Held (eds.), The Philosophy of Sex. Contemporary Readings, 7th ed., London: Rowman&Littlefield 2017. Besonders hervorheben möchte ich die Herausgeberschaft Adams, Sarah LaChance, Davidson, Christopher M. and Caroline R. Lundquist (eds.), New Philosophies of Sex and Love: Thinking Through Desire, London: Rowman & Littlefield International, 2016.
[6] Vgl. Cixous (1976).
[7] Vgl. Bataille (1988).
[8] Vgl. Foucault (1987).
[9] Vgl. Precidao (2016).
[10] Vgl. Barthes (2017). Barthes schreibt über Lust, Wollust und Erotik. Der Ausdruck Sex ist auffällig abwesend.
[11] Vgl. Nussbaum (2002).
[12] Vgl. Butler (1991).
[13] Vgl. Platon (1982).
[14] Vgl. Eine internationale Liste von Personen, die sich mit verschiedenen Fragen von Sexualitäten beschäftigen, ist auf der Seite der Society for Philosophy of Sex and Love zu finden (https://philosophyofsexandlove.org/members/). Wer auf diese Frage »Ich!« antworten möchte, kann sich bitte bei mir melden: anna.mense@phil.uni-giessen.de.
[15] Vgl. Emcke (2013), insbesondere S. 79-80 sowie Emcke (2015), insbesondere S. 14-16.
[16] Emcke (2013), S. 79.
[17] Emcke (2015), S. 101ff.
[18] Emcke (2015), S. 16.
[19] Vgl. Kirby/Ziering Kofman (2002).
[20] Vgl. Christina (2017).
[21] Vgl. Hart (2016).
[22] Für diesen Hinweis danke ich Beata Absalon.
[23] Esser (2016).
[24] Nachgefragte Worshops zu Playfight oder Rough Body Play werden unter anderem von Bodyplay Academy (https://www.bodyplay.net/; 22.07.2019) oder von Körperleben (http://xn--krperleben-ecb.de/?page_id=39; 22.07.2019) ausgerichtet.
[25] Diesen Aspekte würde ich gerne weiterdenken. Ich freue mich über Hinweise: anna.mense@phil.uni-giessen.de
[26] Mit dem Symbol * ohne folgende weibliche Form indiziere ich den realistischen Umstand, dass weiblich gelesene Personen innerhalb mancher Kontexte nicht oder nur marginalisiert vorkamen oder vorkommen. Auf der deutschen Webseite der Society for Women in Philosophy gibt es eine Datenbank, in der sich Frauen, die im deutschsprachigen Raum Philosophie betreiben, in eine Liste einschreiben können, was es unter anderem erleichtert Philosophinnen für Herausgeberschaften oder Vortragsreihen zu finden. Unter den aktuell 114 Einträgen sind sieben Professorinnen und drei Juniorprofessorinnen gelistet (SWIP Germany e.V. http://swip-philosophinnen.org/list/; 22.07.2019).
[27] Innovative Workshops zum Thema Neue Männlichkeit, die unter anderem hinterfragen was die Gestaltungsmöglichkeiten männlicher Beziehungen sind und die Qualitäten maskuliner Begegnungen erforschen, werden vom Liebes.Team ausgerichtet (https://liebes.team/workshops/; 22.07.2019).
[28] Soble (2017), S. 104.
[29] Hier würde ich gerne weiter darüber nachdenken, ob es innerhalb philosophischer Praktiken Emotionen gibt, die angemessener oder akzeptierter sind als andere – wie in etwa Frust, Irritation oder Verzweiflung, nicht aber Wut oder Scham. Des Weiteren erscheint es mir sinnvoll die Interpretation und Wertung emotionaler Reaktionen von als weiblich gelesenen Philosophinnen und als männlich gelesenen Philosophen kritisch zu vergleichen.
[30] Vgl. Cixous (1976).
[31] Vgl. Feilke (2010) sowie Feilke (2012).
[32] SOPhiA, Salzburgiense Concilium Omnibus Philosophis Analyticis, Call for Papers 2017, 2018 und 2019, https://www.sbg.ac.at/sophia/SOPhiA/2019/languages/en/ [26.11.2019].
[33] Vgl. Bieri (2008).
[34] Soble / Halwani (2017), S. 1.
[35] Das ist ein Motto, eine Erfahrung, eine Erwartungshaltung oder eine selbsterfüllende Prophezeiung, die mir an verschiedenen Stellen in meiner institutionellen Biographie begegnet ist.
[36] Das sind Akronyme für Sado-Masochismus und für Bondage, Dominance/Discipline, Sadism/Submission und Masochism. Der Sexualwissenschaftler Norbert Elb macht darauf aufmerksam, dass SM-Sexualität in dem erweiterten Akronym BDSM hinter modernen und salonfähigen Szeneausdrücken wie Bondage verblasst (vgl. Elb 2016), weswegen ich gerne weiterhin von SM-Sexualitäten spreche.
[37] LaChance Adams, Davidson, and Lundquist (2016), S. 3.
[38] Vgl. Elb (2016).
[39] Vgl. Houellebecq (2006), S. 19.