02 Mai

„Please don’t be in love with someone else” – Unglücklich verliebt mit Taylor Swift

von Gottfried Schweiger (Salzburg)


Im Februar fand das Swiftposium 2024, eine große akademische Konferenz zu Taylor Swift, in Melbourne statt. Auch die Philosophie war dabei. Im Vordergrund der philosophischen Vorträge standen zwei Themen: einerseits Swift als Celebrity und Vorbild, andererseits ihr Feminismus. Auch der in ihren Liedern besungene Umgang mit gesellschaftlichen Idealen, Normen und Praktiken, Ungleichheiten, Verletzlichkeit, Enttäuschung und Liebe wurde thematisiert. Swift hat Facetten der Liebe in vielen ihrer Liedern aufgegriffen und darin auch ihr eigne Biographie verarbeitet. Gefühle und Phasen der unglücklichen Liebe spielen dabei häufig eine Rolle. Daher hier nun die Frage: was können wir mit Swift über das unglückliche Verliebtsein lernen?

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21 Mrz

Elternschaft ohne Liebschaft: Co-Elternschaft und gesellschaftliche Normen

Von Johanna Rensing (Basel)


Seit einigen Jahren entstehen neue Formen von Elternschaft. Ein Beispiel dafür ist die Co-Elternschaft. Eine Co-Elternschaft unterscheidet sich von einer traditionellen Elternschaft dadurch, dass die Eltern keine romantische Paarbeziehung miteinander führen. Die Co-Elternschaft steht oft unter Generalverdacht weniger geeignet zu sein, als eine traditionelle Elternschaft, um Kinder zu erziehen. Ist die Abwesenheit einer romantischen Paarbeziehung ein Hindernis für gemeinsame Elternschaft?

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16 Jan

Polyamorie und der Fetisch der romantischen Liebe in der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft

von Gottfried Schweiger (Salzburg)


And so I fall in love just a little ol‘ little bit
Every day with someone new

I fall in love just a little ol′ little bit
Every day with someone new 
I fall in love just a little ol‘ little bit
Every day with someone new
I fall in love just a little ol‘ little bit
Every day with someone new

Hozier, Someone new

Polyamorie kann als liberales Projekt verstanden werden. Damit meine ich, dass Polyamorie, erstens, das Konzept der Liebe liberalisieren will, also frei machen von der Vorstellung, sie wäre exklusiv auf eine einzige Person bezogen. Und, das folgt daraus, dass Polyamorie, zweitens, die Praxis der Liebe liberalisieren will, also betont, dass Menschen tatsächlich frei darin sein sollten, mehrere Menschen zu lieben und mit ihnen eine Liebesbeziehung einzugehen. Ob dies, unter aktuellen Bedingungen, gelingen kann, ist damit nicht gesagt und auch nicht, welcher Preis für diese Befreiung zu zahlen ist.

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05 Jul

Die Liebe in Zeiten der Pandemie. Welches Nachdenken über die Krise fruchtbar sein könnte und welches nicht.

Von Franziskus v. Heereman


Wer heute grundsätzlich über die Corona-Pandemie nachdenken will, sollte wissen, dass weder er noch sonst jemand bereits jetzt dieser Epoche gerecht werden kann. Was von jedem Witz, jedem Roman, jedem Musikstück und jedem Leben gilt, ist nicht weniger wahr in Bezug auf geschichtliche Ereignisse: Was etwas ist, weiß man erst, wenn es vorbei ist. Deshalb kennen paradoxerweise Zeitzeugen ihre Epoche schlechter als jene, die auf sie zurückschauen. Solange jener militärische Konflikt währte, der 1618 durch den Ständeaufstand in Böhmen ausgelöst wurde, konnte niemand wissen, dass dies der 30-jährige Krieg war und, was evidenter Weise von seiner namengebenden Länge gilt, gilt gleichermaßen von seiner geschichtlichen Bedeutung. Die Eule der Minverva fliegt eben am Abend, Vordenken ist immer tentativ, tastend, unsicher; das Wesen steht erst dem Nachdenken offen (es ist eben erst, was es ist, wenn es ge-wesen ist; erst im Perfekt ist es perfekt).

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25 Mrz

Toleranz in Liebe und Freundschaft

Von Michael Kühler (Karlsruhe)


Ähnlich wie in der politischen Philosophie scheint Toleranz auch innerhalb von Liebesbeziehungen oder Freundschaften ein zweischneidiges Schwert zu sein.[1] Tolerant zu sein wird einerseits für ein friedliches und gedeihliches Miteinander als außerordentlich hilfreich oder gar geboten gesehen (für eine einführende Übersicht siehe Forst 2017). Dies gilt freilich in erster Linie für das Verhältnis zwischen Menschen, die einander nicht näher bekannt sind. Andererseits lautet eine altbekannte Kritik, dass andere lediglich zu tolerieren fundamental zu kurz greift. Vielmehr ist (wechselseitiger) Respekt vor der Person gefordert. Und während wir auch in Liebesbeziehungen oder Freundschaften den Ratschlag kennen, tolerant zu sein, so erscheint es geradezu widersprüchlich, eine geliebte Person zugleich lediglich zu tolerieren.

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18 Jun

Was, wenn wir nicht wissen, dass wir einen Android lieben?

Von Michael Kühler (Münster/Twente)


Auch wenn die Entwicklung von KI und Robotik unbestreitbar große Fortschritte macht, so sind wir doch noch weit davon entfernt, „künstliche Menschen“ oder Android zu erschaffen, die wir nicht (mehr) unmittelbar als solche identifizieren können. „Replikanten“ im Film Blade Runner, „Synths“ in der Serie Humans („Hubots“ im schwedischen Original Real Humans) oder die organischen Androiden der Zylonen in der Wiederauflage der Serie Battlestar Galactica bleiben – zumindest bis auf Weiteres – Science-Fiction.

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21 Apr

Liebe, Verliebtheit und Nichtwissen: Ortegas Kritik an Stendhals Kristallisationstheorie

von Michael Kühler (Münster/Twente)


Liebe, Verliebtheit und Nichtwissen: Ortegas Kritik an Stendhals Kristallisationstheorie

Wie gut kennen wir die Personen, die wir lieben? Einerseits wäre es sicher seltsam, wenn wir über sie nichts oder wenig wüssten. Praktisch alle Vorstellungen von Liebe umfassen auf die ein oder andere Weise die Idee, die geliebte Person möglichst gut zu kennen. Folgt man beispielsweise der Idee, dass es Gründe für die Liebe gibt,[1] so erlaubt erst eine (hinreichende) Kenntnis der geliebten Person, diese als angemessenes Objekt der Liebe ansehen und die Liebe dadurch rational begründen zu können – oder zumindest rational verstehbar zu machen.[2] Die Vorstellung wiederum, die Liebe sei eine spezielle Sorge um die geliebte Person verbunden mit dem Wunsch, ihr Wohlergehen zu befördern,[3] bedarf einer (hinreichenden) Kenntnis der geliebten Person, um zumindest zu wissen, wie man ihr Wohlergehen tatsächlich fördern kann. Wird Liebe schließlich so verstanden, dass sie in einem gemeinsamen Teilen des Lebens[4] oder gar in einer Vereinigung der Liebenden hin zu einer geteilten Wir-Identität[5] besteht, so lässt sich auch dies kaum ohne ein hinreichenden Wissen der Liebenden umeinander denken. So verstanden scheint für ein Nichtwissen in erfolgreicher Liebe kein Platz zu bleiben.

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08 Okt

Wie egoistisch ist der Mensch? Gottfried Wilhelm Leibniz über Eigennutz, Motivation und Nächstenliebe

Von Julia Borcherding (Cambridge) und Julia Jorati (Amherst)

Kann der Mensch völlig selbstlos handeln? Manche bezweifeln das und behaupten, alle unsere Handlungen und Entscheidungen seien letzten Endes eigennützig. Wenn jemand zum Beispiel Geld spende oder anderen Menschen helfe, tue er das hauptsächlich für das gute Gefühl, das es ihm bringt—oder gegen das eigene schlechte Gewissen. Vielleicht ist reine Selbstlosigkeit für uns sogar psychologisch unmöglich: Wir können nur das tun, was letztlich in unserem eigenen Interesse zu sein scheint. Diese These wird oft „psychologischer Egoismus“ genannt. Wenn sie wahr ist, kann das beträchtliche Auswirkungen auf die Ethik haben. Wäre es zum Beispiel gerecht, jemanden für eine eigennützige Handlung moralisch verantwortlich zu halten, wenn es tatsächlich psychologisch unmöglich ist, selbstlos zu handeln? Und könnten wir dann überhaupt noch sagen, dass wir manchmal moralisch verpflichtet sind, für das Wohl anderer zu handeln?

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01 Okt

Können Menschen Liebe machen? Eine inklusive Perspektive auf Liebe, Freundschaft und Sex mit nichtmenschlichen Wesen

Von Janina Loh (Wien)

Vor einiger Zeit traf ich in einem Bus in Berlin auf eine alte Frau, die offenkundig ohne Begleitung war. Sie hatte eine kleine Wunde am Bein. Nachdem ich ihr vom Busfahrer ein Pflaster besorgt hatte, fragte ich sie, wohin sie wolle und ob ich ihr vielleicht behilflich sein könne. Die Antwort, die sie mir mit einem müden Lächeln gab, verblüffte mich: Ihr gehe es gut, bedankte sie sich, sie wolle nirgendwo hin. Sie fahre jeden Tag Bus, nur, um unter Leuten zu sein, denn sonst wäre sie ganz allein. Diese Begegnung liegt nun mehrere Jahre zurück, doch immer wieder kehre ich in Gedanken zu ihr zurück.

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25 Sep

Gefährliche oder experimentelle Liebe? Philosophische Überlegungen über #MeToo

von Federica Gregoratto (St. Gallen)[1]


„Me too“ ist ein Ausdruck, den fast jede Frau (und einige Männer) als Antwort auf eine Erzählung von sexueller Belästigung formulieren kann. Hashtag #MeToo wurde im Oktober 2017 von der Schauspielerin Alyssa Milano, kurz nach der Veröffentlichung von den erheblichen Anschuldigungen gegen den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein lanciert: Frauen aller Länder wurden aufgerufen, über Twitter oder andere soziale Netzwerke ihre Erfahrungen als Target von ungewollter sexueller Aufmerksamkeit, Stalking, Erpressung, Angriff, Vergewaltigung mitzuteilen. Der Aufruf ging unmittelbar viral.[2] Männer scheinen diejenigen zu sein, die am meisten dazu neigen, ihre politische, ökonomische oder symbolische Macht in sexuellen Bereichen zu missbrauchen; Frauen können es aber auch.[3]

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