Die unausweichliche Tragik moralischer Kompromisse. Warum wir nicht mit guten Gewissen aus der aktuellen Lage herauskommen. Sind Kompromisse in der Moral tabu?

Von Véronique Zanetti (Bielefeld) Immer lauter werden die Stimmen aus Politik und Wirtschaft, die davor warnen, dem Kampf gegen das Corona-Virus jede andere Rücksicht zu opfern. Es drohe ein Kollaps der Wirtschaft und eine Periodisierung der Pandemie-Wellen, hinter der andere notwendige medizinische Eingriffe ins Hintertreffen gerieten, ja, wegen der sozialen…

Die Corona-Krise als Chance?

Von Stefan Kunzmann (Worms) Ein Virus erschüttert die Menschenwelt (mein Hund scheint davon nichts zu bemerken) und man könnte meinen, dass ein neues Denken die Welt jetzt wachrütteln müsse, dass nach der Krise nichts mehr so sein werde wie davor. Der ‚Shutdown‘, das ‚social‘ bzw. ‚physical distancing‘ – verändern unsere…

Wer, wenn nicht wir? Über einen Topos der Klimadebatte

von Rudolf Schüßler (Bayreuth) Wer, wenn nicht wir, soll die Klimakrise beheben, von der die Welt bedroht wird? Das ‚wir‘ in diesem Satz bezieht sich auf alle Menschen, wird aber oft genug auch für einzelne Staaten und Staatengruppen beansprucht. Angela Merkel meint die Deutschen, wenn sie fordert: Wer, wenn nicht…

Kommentar zu Frank Dietrichs „COVID 19 – Solidarpflicht ohne Ende?“

Von Simone Dietz (Düsseldorf) Den Ausführungen im ersten Abschnitt des Beitrags von Frank Dietrich stimme ich zu – insbesondere dem Hinweis, dass zwar bestimmte Bevölkerungsgruppen gefährdeter sind, einen schweren Infektionsverlauf zu erleiden, die Infektion aber nach gegenwärtigem Kenntnisstand grundsätzlich für jeden von uns bedrohlich sein kann. Solange kein verlässlicher Immunitätstest…

COVID 19 – Solidarpflichten ohne Ende?

Von Frank Dietrich (Düsseldorf) Um alle COVID 19-Patienten behandeln zu können, erscheint eine Abflachung der Infektionskurve dringend geboten. Wenn die Ausbreitung des Virus verlangsamt wird, verzögert sich aber auch der Aufbau von Herdenimmunität. Damit entsteht die Frage nach der Zumutbarkeit langfristiger Schutzmaßnahmen. Verpflichtet uns das Ziel der Lebensrettung unbegrenzt, Freiheitsbeschränkungen…

Blogging in Zeiten von COVID-19. Reflexionen auf 2 Jahre praefaktisch

von Gottfried Schweiger (Salzburg) Wer hätte das gedacht? Seit zwei Jahren gibt es nun schon den Philosophieblog praefaktisch und es läuft besser, als ich es vermutet oder erhofft hätte. Gerade befinden wir uns in einer beispiellosen Situation einer Pandemie, die neben Krankheit, Leid und Tod auch das öffentliche, soziale und…

Zwei Jahre Praefaktisch

Von Norbert Paulo (Graz & Salzburg) Wie die Zeit vergeht. Inzwischen ist unser Blog Praefaktisch schon zwei Jahre alt. Er kann also längst laufen und auch schon ein bisschen sprechen. Es gibt aber noch viel zu entdecken und zu lernen.

Anerkennung in Zeiten von COVID-19

von Gottfried Schweiger (Salzburg) Zeiten der Krise sind Zeiten, in denen Helden gemacht und Heldenerzählungen geschrieben werden. Die COVID-19-Pandemie kennt einige Helden: das gesamte medizinische Personal vorne weg, aber auch die vielen anderen Menschen, die die Gesellschaft am Laufen halten und sich gegen die Pandemie stemmen. Es mehren sich so…

Klimakrise, Klimaskepsis – und Philosophie?

von Jens Gilessen (Marburg) In jüngster Zeit ist nicht nur eine Verschärfung der Klimakrise zu beobachten, sondern auch neuer politischer Widerstand gegen einen konsequenten Klimaschutz. Ein Grund dafür: Gleichsam im Schatten der von Lobbygruppen betriebenen Klima-Leugnung überdauern in der Bevölkerung bestimmte, nicht einmal per se irrationale, Formen von Klima-Skepsis. In…

Die Ethik der Quarantäne

Von Oliver Krüger (Hamburg) Die Quarantäne scheint in Zeiten von COVID-19 eine selbsterklärende Maßnahme geworden zu sein. Nicht nur einzelne Personen, sondern die Personengruppen ganzer Regionen und Länder werden unter Quarantäne gestellt. Vor dem Hintergrund der Notwendigkeit und Dringlichkeit der Quarantänemaßnahmen wird gerne deren ethische Reflexion außer Acht gelassen. Dabei…

Seuchen, Ängste und die Ordnung der Gesellschaft – Was die Corona-Pandemie mit Zombies und Vampiren zu tun hat

Von Andrea Klonschinski (Kiel) 1. Einleitung Durch die ersten Berichte über die Corona-Epidemie in Wuhan sowie die zunächst nur drohende, dann aber schnell tatsächlich stattfindende globale Ausbreitung des Virus („Das Virus ist jetzt in Europa!“ – „Erster Infizierter in Italien!“ – „Erster Fall in Deutschland!“), fühlte ich mich anfangs schmunzelnd,…

Epistemische Verletzlichkeit und gemachte Unwissenheit

von Christina Schües (Lübeck) Verletzlichkeit Das Gefühl, in die Unwissenheit verbannt zu werden und seinen Sinnen nicht mehr trauen zu können, macht Menschen verletzlich. Verletzlichkeit ist ein Begriff, der sich auf das Leben, den Körper, die Sprache, Gefühle, aber auch die Wissensordnung bezieht. Die Verletzung gehört in den Bereich einer…

Moralisches Urteilen in Zeiten von Ausgangssperre und Quarantäne. Gedanken aus der Isolation im Anschluss an Lawrence Kohlberg

Von Tobias Lensch (Eichstätt) Drei der einflussreichsten und am meisten debattierten Strömungen in der Moralphilosophie sind der Konsequentialismus, der Kontraktualismus und die Deontologie. Sie geben jeweils unterschiedliche Antworten auf die Frage, wie ich handeln sollte im Lichte ethischer Betrachtung. Diese Strömungen hat Lawrence Kohlberg in seiner sehr berühmten Theorie der…

Corona-Triage, Risikogruppen und Altersdiskriminierung

Von Tobias Kasmann (Leipzig) Die Coronakrise verunsichert uns alle. Eine sehr beunruhigende Ratlosigkeit ergibt sich aus der Frage, was wir tun sollen, wenn es bei uns zu einer ähnlichen Überlastung des Gesundheitssystems kommt wie in Norditalien. Dann werden auch wir entscheiden müssen, wer behandelt wird oder nicht mehr behandelt werden…

G. W. F. Hegel

von Christoph Jamme (Lüneburg) Was feiern wir, wenn wir 250 Jahre Hegel feiern? Feiern wir mit Klaus Vieweg den „Philosophen der Freiheit“? Feiern wir in Hegel den letzten Systematiker, denn das Denken der Freiheit mündet bei ihm in die systematische Ausarbeitung einer Philosophie, die als Idealismus bekannt geworden ist? Oder…

Der Corona-Staat oder: Politische Autorität in Zeiten der Pandemie

Von Andreas Wolkenstein und Johannes Kögel (München) Man kommt nicht umhin angesichts der gegenwärtigen Pandemie und der zu ihrer Bekämpfung ins Leben gerufenen Maßnahmen Michel Foucaults „Überwachen und Strafen“ (1993) aus dem Bücherregal hervorzuziehen. Foucault beschreibt die von der Pest bedrohte Stadt des 17. Jahrhunderts: Es herrscht striktes Ausgangsverbot, die…

Looking on the bright side of c

Von Lando Kirchmair (München & Salzburg) Das Coronavirus SARS-CoV-2, und die dadurch ausgelöste Lungenkrankheit covid-19, kurz c, halten uns in Atem. Die Lage ist ernst, sehr ernst. Es gilt allerdings trotz des Ernsts der Lage den Optimismus nicht zu verlieren. Dieser Post will die Aufmerksamkeit genau darauf lenken.

Corona-Triage

Ein Kommentar zu den anlässlich der Corona-Krise publizierten Triage-Empfehlungen der italienischen SIAARTI-Mediziner Von Weyma Lübbe (Regensburg) [Dieser Text ist zuerst erschienen in: VerfBlog, 2020/3/15, ] Triage – das ist die Sortierung von Patienten in Gruppen vor- und nachrangig zu Behandelnder bei einem die verfügbaren Ressourcen weit übersteigenden Massenanfall von Bedürftigen.…

Die Klimakrise – ein Plädoyer für ethische Analysen und demokratische Reformen

von Joachim Wündisch (Düsseldorf) Die Prognosen über die Entwicklung des globalen Klimas werden zunehmend dramatischer: verheerende Unwetter, weiträumige Überschwemmungen, sich ausbreitende Krankheitserreger, Ernteausfälle und Wasserknappheit. Zwar ist die Mehrheit der Menschen davon überzeugt, dass etwas getan werden muss, aber es wird nichts getan, jedenfalls nicht genug. Ich behaupte, erstens, wir…

Soll nach Corona alles so sein wie davor?

Von Norbert Paulo (Graz & Salzburg) Wie Gottfried Schweiger im ersten Beitrag zu unserem Corona-Themenblock schon angedeutet hat, bietet die COVID-19-Pandemie auf vielen Ebenen Anlass zu philosophischen Reflexionen. Ich möchte mich hier auf einen Gerechtigkeits-Aspekte der Pandemie konzentrieren (andere werden bald in weiteren Beiträgen beleuchtet): Viele Geschäfte, ja ganze Branchen…

Philosophie in Zeiten von COVID-19

von Gottfried Schweiger (Salzburg) Für viele, mich eingeschlossen, wirkt die Szenerie surreal. Heute, Sonntag, der 15. März 2020, ist der letzte Tag einer Woche, die von einer ständigen Eskalation der Ereignisse hier in Österreich, in ganz Europa und manchen anderen Teilen der Welt, geprägt war. Ab morgen sind alle Schulen…

Sexuelle Kultur am Anfang – oder am Ende?

Von Eva Hanson Vielleicht hat sich die westeuropäische Philosophie einer Auseinandersetzung mit dem Thema Sexualität aus guten Gründen größtenteils enthalten: Ihr Wesen ist schwer zu erfassen, der Versuch einer Definition daher beinah aussichtslos. Es ist zu bezweifeln, dass es möglich ist, sich ihr von einem objektiven und sachlichen Standpunkt aus…

Zwischen Würde und Nutzwert: die Diskussion um den Eigenwert von Tieren

von Martin M. Lintner (Brixen) Bei Interviews oder Diskussionen über tierethische Fragen wird oft folgende Frage gestellt: „Unsere Haustiere lieben und verhätscheln wir und geben jede Menge Geld aus, damit es ihnen gutgeht. Aber wie unsere Nutztiere aufwachsen und leben, darüber machen wir uns weitgehend keine Gedanken. Ihre Haltungs- und…

Versuch über Hegels philosophische Anstrengung, die Welt zusammenzuhalten

von David Hellbrück (Freiburg/Wien) „Zuerst werde ich hier von einer Idee sprechen, die, soviel ich weiß, noch in keines Menschen Sinn gekommen ist – wir müssen eine neue Mythologie haben, diese Mythologie aber muß im Dienste der Ideen stehen, sie muß eine Mythologie der Vernunft werden.“ Das älteste Systemprogramm des…