16 Nov

Das Alter bekämpfen oder akzeptieren? Eine philosophische Perspektive auf das gute Leben im Alter

Von Nadine Mooren (Münster)


Der Schriftsteller Jean Améry hat den Umgang mit dem Alter einmal auf die folgende Alternative gebracht: Wir könnten dagegen revoltieren oder resignieren. Für Améry ist die Revolte gegen das Alter der einzig sinnvolle Weg. Im Fundus der Philosophiegeschichte lassen sich jedoch auch Philosoph*innen entdecken, die dafür argumentiert haben, dass ein gutes Leben im Alter vor allem mit Gelassenheit und Akzeptanz zu tun hat.

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09 Feb

Das Unbehagen an der Medikalisierung des Alterns – eine reflexive Diagnose

Von Silke Schicktanz (Göttingen) & Mark Schweda (Oldenburg)


Neuartige diagnosti­sche, therapeutische oder präventive Maßnahmen ermutigen den Gedanken eines selbstbe­stimmten und um­sichtig zu gestaltenden späteren Lebens, werfen allerdings zugleich vielfältige Fragen auf. So bietet die wachsende Anzahl prädiktiver (genetischer wie auch nicht-genetischer) Tests zwar die Möglichkeit, Informationen über Risiken für altersassoziierte Erkrankungen in die eigene Lebensplanung einzubeziehen, geht aber mit neuen Verantwortungszuschreibungen einher. Die Präventiv- und Anti-Aging-Medizin verspricht die Verzögerung des Alterungsprozesses, lässt diesen dabei zugleich jedoch zunehmend pathologisch erscheinen. All diese Entwicklungen lösen ein gewisses Unbehagen aus, das es ethisch genauer auszuloten gilt (Schweda et al. 2017).

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13 Okt

Alter und Sein. Wie das hohe Alter in die Immanenz transzendiert und welche Rolle das Denken dabei spielt

von Sonja Ehret (Heidelberg)


„Aber Denken, das macht Spaß. Das Denken und neue Wahrheiten zu erfahren, die bleiben bis zum Schluss. Also ich glaube, dass diese ganze Lebendigkeit, die Menschen durch ihr hohes Alter haben, erweckt werden kann.“ (M.Mitscherlich, 94)

Der folgende Beitrag befasst sich mit der Entdeckung des echten Alters als eigene Lebensphase, deren Hauptantriebskraft das Denken ist wie es einst das Spiel des Kindes war. Aufgrund der metaphysischen Verbindung von Natur und Zahl wird der Beginn dieser Lebensphase um das 90. Lebensjahr erwartet.[i] 

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01 Okt

Covid-19 und die vulnerablen Alten

Von Nina Streeck (Zollikerberg)


Wer in den vergangenen Monaten die Zeitung aufschlug, um sich über das Coronavirus zu informieren, dem fiel wiederholt eine Wendung ins Auge: Von «vulnerablen Personengruppen» war (und ist) die Rede, meist verstanden als Gruppen von Menschen, die ein erhöhtes Risiko tragen, dass eine Covid-19-Erkrankung bei ihnen schwerwiegend verläuft. Es scheint auf der Hand zu liegen, um wen es hier geht, schließlich deuten bisherige Erkenntnisse darauf hin: ältere und vorerkrankte Menschen. Ihnen gebühre infolgedessen besonderer Schutz, lautet meist die unmittelbare Schlussfolgerung.

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03 Sep

Betrachtungen zum gelingenden Altern: Salutogenetische Perspektiven

von Ulrich Wiesmann (Universitätsmedizin Greifswald)


Einleitung

Nach Variante 4 der 14. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung befinden wir uns schon seit geraumer Zeit auf dem Weg in eine „alternde“ Gesellschaft. Dieser Trend wird in den nächsten vierzig Jahren seine Fortsetzung finden. Waren im Jahr 2018 13% der deutschen Bevölkerung zwischen 67 und 79 Jahre alt, werden dies im Jahr 2060 17% sein. Der Anteil der über 80-jährigen wird sich verdoppeln: von 6% auf 13%. Demgegenüber wird der Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (zwischen 20 und 66 Jahre) von 62% auf 53% sinken, wobei der Anteil der Altersgruppe unter 20 Jahren ungefähr gleich bleiben wird (18% und 16%).

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21 Jul

Successful ageing – eine Tugend? Anfragen aus der Frühen Neuzeit

Von Daniel Schäfer (Köln)


Ist Altern womöglich ein Vorgang mit moralischen Implikationen? Für eine Epoche wie die Frühe Neuzeit war das offensichtlich, wie Beispiele aus der Medizin und der Moraltheologie zeigen. Mein Ziel ist es zu überlegen, inwieweit solche historischen, normativen Vorstellungen mit dem modernen gerontologischen Konzept des Sucessful ageing vergleichbar sind.

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03 Okt

Ist es moralisch relevant, ein Kind zu sein?

Anlässlich der Veröffentlichung des Handbuch Philosophie der Kindheit (J.B. Metzler 2019) bringt praefaktisch Texte zur Philosophie der Kindheit.


von Johannes Giesinger (Zürich)


Im alltäglichen moralischen Diskurs wird bisweilen angemahnt, jemand solle nicht so hart angegangen werden, „weil er noch ein Kind sei“. Der gleiche Grund wird teils angegeben, um paternalistische und pädagogische Eingriffe in das Leben von Personen zu rechtfertigen. Erwachsene verbitten es sich entsprechend, „wie Kinder behandelt zu werden“. Oftmals wird auch gefordert, man solle „Kinder Kind sein lassen“.

Es ist unklar, ob sich Aussagen wie diese in den ethischen Diskurs übersetzen lassen. Die ethische Standardauffassung ist, dass die Zugehörigkeit zu einer Altersgruppe für sich genommen moralisch irrelevant ist – was zählt, sind die Eigenschaften oder Fähigkeiten der Person. Das Setzen von Altersgrenzen ist demnach allenfalls aus pragmatischen Gründen gerechtfertigt, und nicht weil das Alter einen moralischen Unterschied macht.

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