Heilloses Lachen. Gelotophile Affinitäten in Philosophie und Religion

von Robert Lehmann (Greifswald) Selbstbeherrschung „Religion ist eine ernste Sache“, dachte ich, als mich vor einigen Jahren zwei Notärztinnen mit Kabeln umkränzt aus einer Kirche trugen. Myokardinfarkt mit Anfang 30 ist unwahrscheinlich, selbst unter Philosophen. Und auch ich sollte am Ende zum rettenden Durchschnitt gehören. Was meine Brust zuschnüren, Arm…

Was ist philosophische Bildung? – Annäherung an eine Reflexionskategorie

von Carsten Roeger (Köln) Nicht Halbbildung ist das Problem unserer Epoche, sondern die Abwesenheit jeder normativen Idee von Bildung, an der sich so etwas wie Halbbildung noch ablesen ließe. (Liessmann,  2006, S. 9) In der schulischen Praxis ist von Bildungsprozessen meist nur noch als Kompetenzerwerb die Rede. Die Kompetenzorientierung, welche…

Sinn im Leben durch soziale Einbettung

von Michael Kühler (Münster/Hannover) Dieser Blogbeitrag basiert auf einem Aufsatz, der im Schwerpunkt „Das Schöne, Wahre und Gute. Das sinnvolle Leben in der Diskussion“ in der Zeitschrift für Praktische Philosophie erschienen ist. Was vermag uns in unserem Leben das (begründete) Gefühl zu geben, dass wir ein sinnvolles Leben führen? Anders…

#MeToo und die akademische Philosophie

Von Norbert Paulo (Graz & Salzburg) Was #MeToo mit der akademischen Philosophie zu tun hat? Leider eine Menge. Die #MeToo-Debatte betrifft zwar vor allem sexuelle Gewalt, darüber hinaus aber auch andere systematische Benachteiligungen wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe innerhalb bestehender Machtverhältnisse. Ich glaube, dass die Art und Weise, wie…

Was trägt? Philosophische Religionskritik als Belastbarkeitstest und (Selbst-)Aufklärung

von Ana Honnacker (Hannover) Wie verhalten sich Philosophie und Religion zueinander? Was auf den ersten Blick zunächst als scheinbar einfache (und vermeintlich längst geklärte) Frage daherkommt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als beinahe unentwirrbare Problemstellung, handelt es sich doch um zwei Phänomenkomplexe, denen nicht gut beizukommen ist, da ihr Gegenstandsbereich…

Schule als ‚Bollwerk der Bildung‘

von Thomas Rucker (Bern) „Schule muß heute eine Institution zur Verteidigung der Bildung werden. Ja, sie stellt vielleicht das letzte Bollwerk dar, in dessen Schutz Bildung in dem ihrer Geschichte angemessenen Sinn bewahrt, aber auch gewährt werden kann“ – Dieser Satz stammt von Theodor Ballauff und findet sich in einem…

Das große Postdoc-Rennen oder: Wie wollen wir regeln, wer auf’s Siegertreppchen kommt?

von Christine Bratu (München)   Wenn wir kurz von den riesigen Privilegien absehen, die auch ein befristeter Job in der akademischen Philosophie mit sich bringt (etwa dass man für’s Philosophieren bezahlt wird; dem kontinuierlichen Austausch mit Studierenden und Kolleg*innen;  den mehr oder weniger flexiblen Arbeitszeiten), fühlt sich das Postdoc-Leben mitunter…

Sollten wir alle Feministen sein? Feministische Bildung für junge Männer

von Johannes Giesinger (Zürich) „We Should All Be Feminists“ – so lautet der Titel eines Ted-Talks, der von der nigerianischen Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie im Jahre 2012 gehalten wurde und 2014 in Buchform erschien.[i] Der Titel traf gerade deshalb einen Nerv, weil der Begriff des Feminismus bei jungen Leuten heute nicht gut…

Ist Donald Trump ein Lügner? Fake News, Lügen und Bullshit

von David Lanius (Karlsruhe) & Romy Jaster (Berlin)   Wenn das Thema auf Fake News kommt, dauert es nicht lange bis der Name des US-Präsidenten fällt. Donald Trump ist eine unerschöpfliche Quelle von Fake News. Wie kein Zweiter nutzt er die neuen Medien, um Falschheiten und Irreführungen in die Welt…

Erziehen durch Erzählen. Moralische Bildung im Raum des Fiktionalen

von Anke Redecker (Bonn) Versteht man Bildung als ein sinn- und verantwortungsvolles Sich-ins-Verhältnis-Setzen zu anderen, anderem und sich selbst, so kann damit ein Humboldtsches Bildungsverständnis angesprochen werden,[1] das sich im fortlaufenden – zum Beispiel wahrnehmenden, bestimmenden und wertenden – Bezug des Menschen zur Welt charakterisieren lässt. Da es sich bei…

Populäre Philosophie? Von der Quadratur des Kreises zu guter Laune und bunten Kleidern

von Mara-Daria Cojocaru (München) Neulich war ich auf einer Veranstaltung der Zoological Society London zum Thema Wildtiere und menschliches Wohlergehen im städtischen Raum, einer Public science-Veranstaltung, die sich an eine breitere Öffentlichkeit richtete. In einem pointierten Vortrag gelang es u.a. einer ausnehmend gut gelaunten und bunt gekleideten Professorin für Biodiversity Conservation…

Wenn die Philosophie ein iPhone wär’

Von Urs Siegfried (Zürich)   Haben sie schon einmal ein iPhone ausgepackt? Dieser Vorgang hat fast etwas Sakrales und ist ein bisschen wie eine Offenbarung in drei Akten. Da sind erstens die Eleganz und die Hochwertigkeit der Verpackung. Sie zeigen: Hier erwartet dich etwas Aussergewöhnliches und Wertvolles. Da ist zweitens…

#metoo und Männlichkeit. Soziologische Zugänge und Perspektiven auf die Überwindung sexueller Gewalt

von Paul Scheibelhofer (Innsbruck)[1] Unter dem Label „MeToo“ hat die schwarze Bürgerrechtsaktivistin Tarana Burke bereits vor Jahren damit begonnen, öffentliches Bewusstsein für die weite Verbreitung von sexuellen Übergriffen gegen Frauen zu schaffen. Befeuert durch aufsehenerregende Fälle und breite mediale Berichterstattung wurde diese Realität nun weithin sichtbar und drängte sich in…

Wenn heute von Bildung die Rede ist, ist meistens doch nur Kompetenz gemeint

von Bernd Lederer (Innsbruck) Jeder und alle, so hat es den Anschein, reden heute unentwegt von Bildung. Kein Tag vergeht, an dem nicht Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Kultur, aus dem Erziehungs- und Bildungsbereich sowieso, mehr und bessere Bildung einforderten – ohne aber zugleich auch zu benennen, was…

Zur Departmentstruktur

von Christine Tiefensee (Frankfurt) Will man Thomas Kuhn Glauben schenken, folgt auf die Krise des alten wissenschaftlichen Paradigmas wissenschaftliche Revolution. Der Vergleich zwischen Kuhns Revolutionen und der derzeit stark diskutierten Transition von der traditionellen Lehrstuhlstruktur hin zu einer Departmentstruktur hinkt zugegebenermaßen an mehreren Stellen. ‚Krise‘ und ‚Revolution‘ sind schließlich sehr…

Endlich kontroverse Ideen!?

Von Norbert Paulo (Graz/Salzburg) Im Rahmen einer interessanten BBC-Radiodokumentation über politische Meinungsvielfalt an Universitäten hat Jeff McMahan, Professor für Moralphilosophie in Oxford, seine Initiative für eine neue Fachzeitschrift erläutert, die 2019 gegründet werden soll: The Journal of Controversial Ideas. Die grundsätzliche Idee dafür hat Peter Singer, der die Zeitschrift mit…

Denken mit Geländer

von Bettina Bussmann (Salzburg) Wer in den 1980er Jahren seine Schule beendet und ein Studium begonnen hat, der weiß, was es bedeutet, einer Lehrkraft oder einem Dozenten[i] stundenlang zuzuhören und wenig Möglichkeiten zu haben, sich Wissen kreativ und mit unterschiedlichen Methoden anzueignen. Der weiß auch, dass (bis heute) in vielen…

#Metoo und Frauen in der akademischen Philosophie: Der perfekte Sturm

von Andrea Klonschinski (Kiel) Was ist die #Metoo Debatte? Bevor das Thema #Metoo sinnvoll diskutiert werden kann, gilt es zunächst zu klären, was genau eigentlich gemeint ist, wenn von der #Metoo Debatte die Rede ist. Hier sind mindestens zwei verschiedenartige Phänomene zu unterscheiden: erstens der Hashtag #Metoo, unter dem zunächst…

Zur Relevanz einer psychologisch informierten Moralphilosophie: Eine Replik auf Königs

von Christoph Bublitz (Hamburg) In einem jüngst in diesem Blog erschienenen Beitrag taxiert Peter Königs die Relevanz der  moralpsychologisch informierten Moralphilosophie (MiM) als gering. Sein Beitrag durchzieht das Bemühen, die Erträge der in den vergangenen Jahren international aufblühenden Forschungsrichtung an der Schnittstelle von Empirie und Philosophie in die Nähe des…

Über das empirisch informierte Beleidigen von Kollegen

von Peter Königs (Karlsruhe) Akademische Debatten unterliegen bestimmten Diskursregeln. Dazu zählen etwa die Pflicht, bereits existierende Forschungsliteratur zu berücksichtigen, die Pflicht, das Principle of Charity zu achten und auch die Pflicht, Argumente inhaltlich zu prüfen, anstatt einfach deren Urheber persönlich anzugreifen. Dass ad hominem-Attacken unzulässig sind, vielleicht sogar Fehlschlüsse, lernt…

Bildung gegen Populismus?

von Krassimir Stojanov (Eichstätt) Lange Zeit ist man davon ausgegangen, dass Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Nationalismus, überhaupt die Ablehnung von Andersheit und Pluralität, vor allem Ergebnis einer mangelhaften Bildung seien.  In der Tat, geht Bildung nicht mit der Entstehung von Weltoffenheit und mit der Entwicklung eines differenzierten Denkens zusammen, das sich groben…

Me Too – Es wäre zu schön gewesen, die Angst zu verschieben

von Maria Sagmeister (Wien) Vor einiger Zeit wurde ich eingeladen, diesen Blogbeitrag zum Schlagwort #metoo[1] zu verfassen. Damals wurden gerade erste Täter_innen mit Konsequenzen konfrontiert und es sah fast so aus, als hätten es manche tatsächlich mit der Angst zu tun bekommen.[2] Es schien, als müsste nicht wieder und wieder…

‚Interkulturelle Bildung‘ – theoretisch problematisch, praktisch möglich

von Melanie Förg (München) Ist interkulturelle Bildung möglich? Interkulturelle Bildung ist schon deshalb nötig, weil z.B. die deutschsprachigen Länder Einwanderungsländer sind;[1] und Schule als öffentliche Institution ist hier besonders gefragt, weil die Schulpflicht dazu führt, dass Schule der Ort ist, an dem Schüler_innen aus allen Kulturen zusammenkommen, um zusammen zu…

#MeToo und  Moralischer Fortschritt

von Hilkje Charlotte Hänel (Berlin) Lange vor Harvey Weinstein, Kevin Spacey und Louis C.K. benutzte Tarana Burke den Ausdruck „me too“, um Betroffene von sexuellem Missbrauch und Vergewaltigung von ihrer Scham zu befreien und Mädchen und Frauen aus überwiegend schwarzen Communities zu stärken. Später gründete sie die „Me Too“-Kampagne und…