Zur Verantwortung der Intellektuellen. Ein Statement

Von Janina Loh (Wien) Vor ein paar Monaten wurde ich dazu eingeladen, auf der 4. Love and Sex with Robots Konferenz (LSR) eine Keynote zum Thema “Sexrobotik – Ethische Fragen und feministische Herausforderungen” zu geben. Meine Freude darüber währte allerdings ebenso kurz wie intensiv. Denn als ich das Event vor…

Interview mit Eve-Marie Engels

Eve-Marie Engels war bis zu ihrem Ruhestand Inhaberin des Lehrstuhls für Ethik in den Biowissenschaften an der Fakultät für Biologie der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Wieso wollten Sie Philosophin werden? Das Fach Philosophie hat mich bereits in der Schule begeistert, weil Philosophie mit Fragen und Problemen zu tun hat, die nicht durch…

Only spenders

von Simon Derpmann (Münster) Omar Little aus David Simons The Wire verdient seinen Lebensunterhalt mit dem Ausrauben von Drogenhändlern in Baltimore, und er hat sein Handwerk gelernt. In allen Schichten des Drogenkosmos ruft das Pfeifen, mit dem Omar sich ankündigt, eine Mischung aus Furcht und Respekt hervor. Er unterscheidet sich…

Zur Kontroverse um das Kontroversitätsgebot: Ein politisch-liberales Kriterium

von Johannes Giesinger (Zürich) In einem anregenden Beitrag auf diesem Blog befasst sich Johannes Drerup mit der Frage, was in der Schule „direktiv“ und was „kontrovers“ unterrichtet werden sollte. Als direktiv gilt hier ein Unterricht, der bestimmte Inhalte als gültig (wahr, richtig) vermittelt. Unterrichtet man ein Thema in kontroverser Weise,…

Der Nagel hat es auf den Kopf getroffen.

von Birgit Beck (TU Berlin) „Vorher aber möchte ich bemerken, daß ich von keinem der Dinge, die ich sagen werde, mit Sicherheit behaupte, daß es sich in jedem Fall so verhalte, wie ich sage, sondern daß ich über jedes einzelne nur nach dem, was mir jetzt erscheint, erzählend berichte.“[1] Der…

Geburtstagsgedanken – Teil 2

von Gottfried Schweiger (Salzburg) Vor einem Jahr haben wir praefaktisch ins Lebens gerufen. Die Geburt war relativ einfach, was danach kam mitunter mühsam aber lohnend. Es ist ein Jubiläum und das sollte man ja feiern aber dennoch kritisch zurück und mutig voraus blicken. (Falls sich ein paar Dinge hier wiederholen,…

Ein Jahr Praefaktisch – oder: sie werden so schnell groß

von Norbert Paulo (Graz & Salzburg) Am 10. April 2018 haben wir mit einem Interview mit Mari Mikkola den Philosophieblog Praefaktisch gestartet. Seither haben wir – mit kurzen Unterbrechungen im Sommer und um Weihnachten – durchgängig jede Woche mindestens zwei Beiträge veröffentlicht. Immerhin knapp 100 Beiträge im ersten Jahr. Die…

Wasser predigen, Wein trinken – Die Gefahren der ethischen Reflexion

Von Johannes Wagner (Graz) Das Reflektieren über ethische Fragestellungen und Probleme, das Durchdenken von Argumenten für und gegen ethische Standpunkte, kurz, die ethische Reflexion, bildet das Herzstück der philosophischen Ethik. Manche PhilosophInnen sind von diesem Grundpfeiler der Philosophie so fasziniert, dass Sie seiner Erforschung ihre gesamte berufliche Laufbahn widmen und…

„Eine Zeit zum Zerreißen“ (Koh 3,7)

von Angelika Walser (Salzburg) Folgender Beitrag ist weder eine wissenschaftlich-nüchterne Abhandlung noch ein distanzierter Essay. Seine Autorin ist „aus der Fassung geraten“. Und steht zu ihrem Zorn. „Die gesamte Redaktion der vatikanischen Frauenzeitschrift „Donne Chiesa Mondo“ tritt zurück“, so lautet eine Meldung vom 27.3.2019, die es auch in die österreichischen…

Sinn und Moral

von Simon Weber (Universität Bonn) Das eigene Leben als sinnvoll zu erfahren ist Teil des menschlichen Glücks. Das weiß jede, die schon einmal in einer handfesten biographischen Krise gesteckt hat. Ebenso beruht unsere Bewunderung für Persönlichkeiten wie Mutter Teresa, Albert Einstein und Paul Gauguin nicht zuletzt darauf, dass wir ihre…

Sexualerziehung in der Schule. Eine Kritik der Kritik

von Johannes Drerup (Koblenz-Landau) Einleitung Sexualerziehung und sexuelle Bildung[1] sind Gegenstand anhaltender Kontroversen über die angemessene und legitime Einrichtung des Bildungssystems in liberalen Demokratien. Zur Debatte stehen Fragen nach der normativen Legitimation, den Inhalten und den Folgen von Sexualerziehungsprogrammen, die Vorgaben machen, ob und wie, wann und mit welchen Schwerpunktsetzungen…

Zum Verhältnis von Ritus, Mythos und Wahrheit in religiösen Systemen

von Markus Wirtz (Köln) Für das spirituelle Selbstverständnis und die gelebte Praxis religiöser Gemeinschaften und Individuen spielt es vermutlich nur eine untergeordnete Rolle, dass es sich bei Religionen um soziale Konglomerate aus sehr verschiedenen Komponenten handelt. Erst aus der distanzierten Außenperspektive der Religionswissenschaft, Religionssoziologie oder Religionsphilosophie erschließt sich die nähere Zusammensetzung…

„Der Mensch wird nur unter Menschen ein Mensch“

von Leonhard Weiss (Alfter bei Bonn ) Wie auch in einigen Beiträgen zu diesem Blog thematisiert wird, ist in der aktuellen öffentlichen Debatte oft eine Reduktion von „Bildung“ auf „Kompetenzerwerb“ zu erleben, die etwa vom Kunstpädagogen und Bildungstheoretiker Jochen Krautz zurecht als Ausdruck einer „Ökonomisierung“ von Bildung diagnostiziert und kritisiert…

Die Frage nach dem Sinn des Lebens

von Joachim Bromand (Bonn/Mannheim) Hinsichtlich der Frage nach dem Sinn des Lebens sind zunächst zwei Fragestellungen zu unterscheiden: die ‚subjektive‘ Frage danach, ob bzw. wie es möglich ist, sein Leben sinnerfüllt zu gestalten, und die ‚objektive‘ Frage danach, ob unsere Existenz unabhängig von unseren eigenen Wünschen und Zielen einen bestimmten Zweck…

Das Religiöse im Übergang von Religion zu Religion. Anmerkungen zur Logik der Konversion

von Sebastian Edinger (Potsdam) Der gemeinsame Nenner der meisten Diskussionen über Religionen im Plural besteht darin, dass sie als Entitäten aufgefasst werden, wodurch sie einerseits zwar überhaupt erst wirklich als etwa Christentum oder Islam identifizierbar werden, andererseits aber auch in der gemeinen Handhabung wie monolithische Blöcke erscheinen. Selten thematisiert wird…

Interview mit Nicole C. Karafyllis

Nicole C. Karafyllis ist seit 2010 Professorin für Philosophie an der Technischen Universität Braunschweig. prae|faktisch: Wieso wollten Sie Philosophin werden? Nicole C. Karafyllis: Ich kann gar nicht sagen, dass ich unbedingt Philosophin werden wollte, im strengen Sinne von „Wollen“. Ich wollte immer forschen und interessierte mich für das Leben –…

Religion, Philosophie und Religionsphilosophie

von Benedikt Paul Göcke (Bochum) Um das Verhältnis von Religion und Philosophie zu erläutern, wird in einem ersten Schritt dafür argumentiert, dass der Religionsbegriff nicht präzise genug ist, um religiöse von areligiösen Weltanschauungen zu unterscheiden und daher aus wissenschaftlicher Perspektive nicht von Religionen an sich, sondern von konkreten Weltanschauungen wie…

Wer fragt nach dem Sinn des Lebens?

von Christian Thies (Passau) Oft hört man die Ansicht, alle Menschen würden nach dem Sinn des Lebens fragen, sogar in allen Epochen und in allen Kulturen. Diese Auffassung halte ich für falsch. Zwar ist es richtig, dass die Frage nach dem Sinn des Lebens zu denen gehört, die Immanuel Kant…

Politische Bildung und die Kontroverse über Kontroversitätsgebote

von Johannes Drerup (Koblenz-Landau) Die Frage, was im Unterricht kontrovers, d.h. mit offenem Ausgang und nicht direktiv diskutiert werden sollte und was nicht, ist Gegenstand anhaltender nationaler und internationaler Debatten. Wie ist es z.B. mit den Themen Klimawandel oder Migration und wie sollten Lehrer als Vertreter liberaler Demokratie mit der…

#MeToo und die Kunst – oder: Darf man eigentlich noch Filme mit Kevin Spacey gucken?

von Andrea Klonschinski (Kiel) Kevin Spacey und die Philosophische Filmreihe Wie im Rahmen des Themas „populäre Philosophie“ auf diesem Blog bereits kundgetan, organisiere ich derzeit in Kiel die philosophische Filmreihe „Filmisches Philosophieren“. Dabei zeigt das Kino in der Pumpe in Kiel einen Film, danach hebt ein Referent oder eine Referentin…

„Besser, nicht geboren zu sein“. Ist es rational, die eigene Existenz zu bedauern?

Dieser Blogbeitrag basiert auf einem Aufsatz, der im Schwerpunkt „Das Schöne, Wahre und Gute. Das sinnvolle Leben in der Diskussion“ in der Zeitschrift für Praktische Philosophie erschienen ist. von Oliver Hallich (Duisburg-Essen) Wohl jeder, der sich jenseits der Tagesroutine über das eigene Dasein und dessen Bedeutung Gedanken macht, wird in dunklen Momenten gelegentlich der Ansicht…

Sich besser fühlen dank analytischer Philosophie

von Thomas Pölzler (Graz) Jeder von uns trägt ein gewisses Maß an Problemen mit sich herum. Manche werden regelmäßig von Reue oder Schuldgefühlen heimgesucht; andere haben eine Neigung, sich zu ängstigen; wieder andere wurden betrogen und schaffen es deshalb nur schwer, ihrem/r Partner/in zu vertrauen. Probleme wie diese beeinträchtigen unser…

Philosophische Gotteserkenntnis?

von Robert Deinhammer SJ (Innsbruck) Kann man Gott auf rein philosophischem Weg erkennen, mit unserer „natürlichen“ Vernunft, also ohne Bezugnahme auf Offenbarung und Glaube? Gibt es vielleicht „Gottesbeweise“, die im Prinzip allen Menschen einleuchten müssten? Diese Fragen wurden in der Tradition kontrovers beurteilt, aber der Mainstream abendländischer Philosophie bis Kant war…

Wie uns Emotionen den Sinn des Lebens zeigen

von Elke Elisabeth Schmidt (Universität Siegen) Gibt es so etwas wie einen Sinn des Lebens? Wenn ja, worin besteht er, und ist dieser Sinn für alle Menschen der gleiche? Angesichts der zunehmenden Kritik metaphysisch geprägter Weltbilder durch naturalistische Strömungen wird diese Frage auch in der Philosophie immer öfter negativ oder…

10 Gründe, besser heute als morgen Atheist zu werden

von Lisz Hirn (Wien) 1. Atheisten glauben auch. Nur eben daran, dass es Gott nicht gibt. Der Atheismus ist nicht der Gegenspieler der Religionen, für den er gehalten wird. Der schlaue Hinweis kam bereits von Arthur Schopenhauer: „Was für eine schlaue Erschleichung und hinterlistige Insinuation in dem Wort Atheismus liegt!…

Bildung zum Anderen

von René Torkler (Eichstätt) Der Erwerb von Bildung gilt vielen als Schlüssel zu einer gelingenden Lebensgestaltung. In diesem Sinne ist Bildung ohne Frage ein Zukunftsthema, da nur derjenige vor den Aufgaben des Lebens bestehen wird, der sich durch zukunftsfeste Bildung hinreichend auf diese vorbereitet. Solches Vorbereitsein auf zentrale Lebensaufgaben dürfte…

#MeToo – Versuch einer Bilanz

von Tatjana Hörnle (Berlin) Die Folgen der internationalen Empörungsbewegung, die mit dem Hashtag #MeToo bezeichnet wird, waren drastisch: arbeitsrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen und/oder soziale Ächtung für viele Beschuldigte, darunter prominente und einflussreiche Personen (in der Regel Männer). Es lohnt sich, im Rückblick positive und negative Aspekte dieser Bewegung zu benennen.…