Die Pandemie der Privatiers: Neoliberale Kontinuitäten in der Corona-Krise

von Jonas Heller (Frankfurt) & Katharina Hoppe (Frankfurt) Die mit der Corona-Pandemie einhergehenden politischen Maßnahmen wurden vielfach als massiver Eingriff in den Raum des Privaten erfahren. Weil in der Krise ein regulierendes Handeln des Staates spürbar wurde, erschien sie vielen als Unterbrechung. Wie die Folgen der Pandemie ist auch diese…

Querfühlen statt Querdenken? Tocqueville zu Solidarität, Gemeinsinn und Individualismus in Zeiten von Corona

Von Sarah Rebecca Strömel (Regensburg) Die QuerdenkerInnen-Bewegung ist seit geraumer Zeit in aller Munde. Woche für Woche reklamieren ihre VertreterInnen das kritische Denken und das Hinterfragen der Entscheidungen von etablierten PolitikerInnen für sich. Von Personen, die ihren Unmut über die Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus zum Ausdruck bringen möchten, über…

Von schlechtem Sex zur patriarchalen Ehe? Überlegungen zu Fichtes Geschlechtertheorie in der Grundlage des Naturrechts (1796/7)

Von Esther Neuhann (Hamburg) In seinem Werk Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre [GNR] schließt Johann Gottlieb Fichte von der vermeintlichen Tatsache, dass die Frau[1] beim heterosexuellen Geschlechtsverkehr eine rein passive Rolle einnehme, auf die Notwendigkeit, dass sie bei der Eheschließung „alle ihre Rechte abtrete“[2]. Diese Argumentation funktioniert nun…

Videos: Deutsch als Wissenschaftssprache in philosophischen Zeitschriften

Die online Diskussionsrunde „Deutsch als Wissenschaftssprache in philosophischen Zeitschriften“ fand am 8. Juni 2021 statt und wurde von der Zeitschrift für Praktische Philosophie gemeinsam mit dem populären Philosophieblog praefaktisch organisiert. Die Videos der Eingangsstaments sind zum Nachsehen online. Es diskutierten: Dagmar Borchers (Bremen, Zeitschrift für Ethik und Moralphilosophie), Andrea Esser…

Hegel als Zombie. Eine Erwiderung auf Daniel James und Franz Knappik

von Folko Zander (Jena) Dass Hegel in vielen seiner Schriften leicht misszuverstehen ist, kann vorbehaltlos zugegeben werden. Das ist auch leicht verständlich angesichts der Schwierigkeit seiner philosophischen Gegenstände und der sich daraus ergebenden Probleme der sprachlichen Vermittlung. Deswegen sind in der seriösen Hegelliteratur Fehldeutungen, Uneinigkeiten und ein eher langsames Voranschreiten…

Der verdrängte Tod

Von Thomas Pölzler (Graz) Die Corona-Krise legt den Finger auch in eine existentielle Wunde. Vielleicht hilft es, sich offen mit unserer Sterblichkeit zu beschäftigen.

Der Trolley-Führerschein. Eine pragmatische Bedienungsanleitung zu Gedankenexperimenten im Seminaralltag

Von Fredrik Brüggen, Johannes Löhr und Nils Wendler (Kiel) Ob als nützliche Illustration moralphilosophischer Überlegungen geschätzt oder als weltfremde Spielereien abgetan – die philosophische Diskussion um Gedankenexperimente ist mindestens so lang wie der berühmte Trolley, der droht, auf fünf Gleisarbeiter*innen zuzufahren. Ähnlich vernichtend wie dieser Trolley für die fünf hilflosen…

Stolz und Vorurteil. Adaptive Erklärungen von Emotionen in der Evolutionspsychologie

Von Rebekka Hufendiek (Bern) Stolz ist eine Emotion, die für viele Menschen recht unmittelbar nicht nur mit einem positiven Urteil über sich selbst und einem erhebenden Gefühl, sondern auch mit einer Reihe charakteristischer körperlicher Ausdrucksformen – wie einem siegesgewissen Lächeln, einem erhobenen Kinn und der sprichwörtlichen «Stolz geschwellten Brust» –…

Klima und Armut

von Ivo Wallimann-Helmer (Fribourg) Dieser Blogbeitrag bezieht sich auf einen ausführlichen Beitrag im neuen Handbuch Philosophie und Armut, welches im April 2021 bei J.B. Metzler erschienen ist. Der Klimawandel trifft die armen und ärmsten Weltregionen und Bevölkerungsgruppen besonders hart. Weder haben diese in der Vergangenheit viel zum Klimawandel beigetragen, noch ist…

Konkretes zur Frage, warum ein Netzwerk Wissenschaftsfreiheit gebraucht wird

Von Maria-Sibylla Lotter (Bochum) Auf Praefaktisch.de sind zwei kritische Artikel zum Netzwerk Wissenschaftsfreiheit erschienen, die zeigen, dass Philosophen und Philosophinnen auch dann rein spekulativ arbeiten können, wenn sie es nicht mit Metaphysik, sondern Wissenschaftspolitik zu tun haben. Gibt es Einschränkungen der Wissenschaftsfreiheit? Bevor wir uns erneut in ideologische Scheingefechte begeben,…

Replik auf Breitenstein

von Dieter Schönecker (Siegen) Das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit wurde seit seiner Gründung im Februar dieses Jahres von durchaus gebildeten Menschen u. a. als (ich zitiere) tiefschwarz reaktionär, rechts, rechtsradikal und rassistisch bezeichnet, als Horde Ahnungsloser, als Gruppe alter weißer cis-Menschen mit Prof. Dr. vorm Namen und Angst vor Gendersternchen, als ein…

Von religiösen Eiferern und Fanatikern

Von Ruth Rebecca Tietjen (Kopenhagen) Von religiösem Eifer ist allerorts die Rede: er wird angeführt, um religiös motivierte oder legitimierte Gewalt zu erklären, soll religiösen Fanatismus motivieren oder sogar mit konstituieren. Was aber ist religiöser Eifer? Wie hängt er mit religiöser Gewalt zusammen? Was trägt unsere jeweils eigene Perspektive auf…

Das Untote in Hegel: Warum wir über seinen Rassismus reden müssen

Von Daniel James (Düsseldorf) & Franz Knappik (Bergen) Ob als Theoretiker der Anerkennung, der Freiheit, der Normativität, der staatlich eingegrenzten Märkte, der Logik oder der Kunst—das Erbe Hegels floriert derzeit im Inland wie im Ausland. Autor:innen in den unterschiedlichsten philosophischen Traditionen finden Inspiration in den Schriften Hegels, und selbst in…

Was ist eigentlich feministische Philosophie?

Von Hilkje C. Hänel (Potsdam) Feministische Philosophie ist mittlerweile auch in Deutschland auf dem besten Weg, eine eigene anerkannte Forschungsrichtung in der Philosophie zu werden. Wo man sich als feministische Philosophin noch vor wenigen Jahren mit der Frage konfrontiert sah, ob Feministische Philosophie überhaupt Philosophie sei, sieht man sich heute…

Das Recht der Völker: Eine Blaupause für die Staatenanerkennung?

Von Adis Selimi (Düsseldorf) Von allen Werken, die John Rawls zu Fragen der Gerechtigkeit vorgelegt hat, hat wohl kaum eines so viele Kontroversen hervorgerufen wie das 1999 erschienene The Law of Peoples (dt. Das Recht der Völker). In seiner Schrift verteidigt Rawls eine internationale Gerechtigkeitstheorie, die deutlich von anderen liberalen…

Das Lieferkettengesetz in der Diskussion. Potenziale und Herausforderungen für Arbeitnehmer*innen im globalen Süden – eine Bewertung auf Basis des Capability Ansatzes

Dieser Blogbeitrag bezieht sich auf einen ausführlichen Beitrag im neuen Handbuch Philosophie und Armut, welches im April 2021 bei J.B. Metzler erschienen ist. Von Annekatrin Meißner (Passau) Das Bundeskabinett hat am 3. März 2021 den Entwurf eines ‚Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten‘ für Deutschland verabschiedet. Die Reaktionen auf…

Zeiten der Pandemie – Zeiten der Improvisation?

Von Claus Beisbart (Bern) Die Pandemie hat so manchen Plan durchkreuzt. Einige halten daher das Improvisieren für angesagt und ziehen eine Parallele zur künstlerischen Improvisation. Doch ein genauerer philosophischer Blick zeigt: Was wir in Zeiten der Pandemie tun, kann zwar aus einer langfristigen Zeitperspektive als Improvisieren gelten. Doch im Detail…

Integrität im Anthropozän

Von Stefan Knauß (Halle & Erfurt) Corona und Anthropozän Als Anthropozän wird das gegenwärtige Erdzeitalter bezeichnet, das durch die massive, menschengemachte Veränderung natürlicher Ökosysteme gekennzeichnet ist (Crutzen und Stoermer 2000). Naturwissenschaftler sprechen von einer „Geologie der Menschheit“ (Crutzen 2002). Sie gehen davon aus, dass die Menschheit spätestens seit der industriellen…

Frauen und der biotechnologische Fortschritt: Philosophische Aspekte künstlicher Befruchtung aus altersethischer Perspektive

Von Esther Redolfi Widmann Die Philosophin Simone de Beauvoir (*1908; †1986) hat in Das andere Geschlecht[1] (1949)und Das Alter[2] (1970) die Situation der Frau luzide analysiert. Sie war damit nicht nur ihrer Zeit weit voraus, sondern ist in ihrem Denken gerade heute wieder verblüffend aktuell.Die Entwicklung ihrer philosophischen Thesen lässt…

Covidologisches Zupfen

Von Martin Krohs (Berlin) Warum sind die Debatten um die Covid-Maßnahmen so rabiat, gerade die virtuellen? Auf facebook und twitter, in den Foren und Kommentarspalten bestimmen Verachtung, Überheblichkeit, Hass und Häme den Ton. Lockdown oder Öffnung, Zero Covid oder mit dem Virus leben? Ziel der Auseinandersetzung ist nicht so sehr,…

Rawls und die Kritik am Distributionsparadigma

Von Bernd Ladwig (Berlin) Für Rawls ist Gerechtigkeit die erste Tugend sozialer Institutionen. Die Grundfrage einer Theorie der Gerechtigkeit laute, wie die gesellschaftliche Grundordnung die Rechte und Pflichten sowie die Früchte der Zusammenarbeit unter den Angehörigen eines Gemeinwesens verteilen sollte. Die gerechte Verteilung beschränkt sich dabei nicht auf ein System…

Zwischen Tugend- und Sozialethik: Armut in der Patristik und im Frühmittelalter

Dieser Blogbeitrag bezieht sich auf einen ausführlichen Beitrag im neuen Handbuch Philosophie und Armut, welches im April 2021 bei J.B. Metzler erschienen ist. Von Peter Schallenberg (Mönchengladbach) Alles Nachdenken einer christlich inspirierten Philosophie zur Armut beginnt mit dem programmatischen Satz Jesu: „Denn wo euer Schatz ist, da ist euer Herz!“…