Die Feminist Killjoy und die Realität der Feministischen Philosophie

Von Lena Eckert und Steffi Hobuß (Lüneburg) Als Feminist Killjoy hat man es nicht leicht, denn die feministische Praxis des Spaßverderbens macht keinen Spaß. Das betrifft auch universitäre Strukturen: Dort ist feministische Philosophie zwar theoretisch einigermaßen anerkannt, darauf basierender feministischer Praxis wird jedoch häufig mit Genervtheit und Ablehnung begegnet. Was…

Krieg und Frieden

von Gottfried Schweiger (Salzburg) Der Krieg Russlands gegen die Ukraine wird einhellig als historische Zäsur verstanden. Dieser Krieg erzeugt durch die geographische, kulturelle und politische Nähe eine Betroffenheit, die ungleich größer ist als bei Kriegen in der Distanz. Ja, auch bei vielen anderen Kriegen (zum Beispiel dem Irakkrieg 2003) gab…

Interspezies-Gerechtigkeit: „Nachhaltiges Fleisch“ als Oxymoron

Von Leonie Bossert (Tübingen) Wir leben in einer Zeit, in der wir immer mehr mit den Auswirkungen sozio-ökologischer Krisen – wie dem Klimawandel, dem Biodiversitätsverlust oder auch vergleichsweise akuten Krisen wie Pandemien – konfrontiert werden. Zur Entstehung der eben genannten Krisen trägt die Erzeugung von Nahrungsmitteln tierlicher Provenienz ein Stück…

Mensch und Natur in der Romantik – Eine romantische Ökologie

von Giulia Valpione (Padua) Die Romantik reflektiert über die Stellung des Menschen innerhalb der Natur aus wissenschaftlich-naturwissenschaftlicher, metaphysischer und politischer Perspektive. In einer Zeit wie der heutigen, in der die Folgen der ökologischen Krise nicht mehr zu leugnen sind – Anstieg des Meeresspiegels, Verschlechterung der Luftqualität, zunehmende Dürre in ehemals…

»Denken dichten. Philosophische Poetologien jüngerer und ältester Gegenwart« – Ein Vorwort

Von Florian Arnold (Stuttgart und Offenbach) Lyrik genießt derzeit freudigen Zuspruch. Eine rege Szene, insbesondere im deutschsprachigen Raum, ist in den letzten zehn-fünfzehn Jahren durch weithin beachtete Veröffentlichungen, gutbesuchte Lesungen, aber auch poetologische-programmatische Reflexionen einem größeren Publikum bekannt geworden. Darunter finden sich Bestseller von einem späteren Büchner-Preisträger (Jan Wagners Regentonnenvariationen…

Darf man Fleisch essen, wenn Tiere Rechte haben? Eine Antwort auf Konrad Ott

Von Marina Moreno und Adriano Mannino (München) Konrad Ott schließt seinen spannenden Beitrag “Warum ich kein Vegetarier bin” mit der folgenden Bemerkung und Frage: “Ich erwarte nicht, dass Tierrechtler*innen meiner Lebensart, Nicht-Vegetarier zu sein, zustimmen werden. Aber das brauchen sie auch nicht. Ich möchte niemandem den Vegetarismus streitig machen, wenn…

Erwiderung auf die Stellungnahme von Heiner Koch und Deborah Mühlebach zur Stellungnahme der GAP zu Kathleen Stock

Hinweis der Redaktion: Wir möchten an dieser Stelle nochmals betonen, dass wir dazu einladen, Repliken auf Blogbeiträge zu schreiben und uns zu schicken. Wir teilen durchaus nicht alle auf diesem Blog veröffentlichten Meinungen, Argumente und Thesen, veröffentlichen Texte jedoch nur dann nicht, wenn sie klar gegen wissenschaftliche Regeln der Philosophie…

Residuale ›Romantik‹ – im Vermissen des Fehlenden selbst

von Burkhard Liebsch (Bochum) Der »Verfall« der Romantik, so wie er von Hegel über R. Huch, R. Welleck, O. Pöggeler und K. H. Bohrer bis hin zu R. Safranski beschrieben worden ist, war ihr vielleicht von Anfang an vorgezeichnet und bereits nach wenigen Jahren besiegelt. Ungeachtet dessen (oder vielmehr gerade…

Stellungnahme zur Stellungnahme der GAP «Für eine freie und kritische Auseinandersetzung in den Wissenschaften»

von Heiner Koch und Deborah Mühlebach Die Stellungnahme der GAP zum Fall Kathleen Stock suggeriert, dass eine wissenschaftlich neutrale Auseinandersetzung mit politisch relevanten Fragen möglich ist. Weil wir anders als die GAP davon ausgehen, dass Wissenschaftsfreiheit nicht losgelöst von bestehenden Machtverhältnissen in- und außerhalb der Universität gedacht werden kann, halten…

Warum ich kein Vegetarier bin

Von Konrad Ott (Kiel) In den vergangenen Jahrzehnten wurden tierethische Forderungen gesteigert. Was zunächst im utilitaristischen Paradigma (Singer 1990) mit der berechtigten Forderung nach mehr Tierwohl und weitaus weniger Tierleid begann, wurde zur Forderung nach Tierrechten (Regan 1989), nach politischen Tierrechten (Donaldson & Kymlicka 2013) und zuletzt zur Forderung, auch…

„Das wüsste ich aber!“ Zur Ehrenrettung des argumentum ad ignorantiam

von Hans Rott (Regensburg) 1. Einleitung In einer virtuellen Pressekonferenz am 30. März 2020 sagte Michael J. Ryan, der Direktor des WHO-Programms für Gesundheitsnotfälle: „there is no specific evidence to suggest that the wearing of masks by the mass population has any particular benefit.“ Dass es keine Indizien dafür gebe,…

Absoluter Vorrang der Grundrechte? – Das Leitbild der „lexikalischen Ordnung“ der Gerechtigkeitsgrundsätze bei John Rawls

Von Björn Engelmann (Erlangen-Nürnberg) Der vorliegende Beitrag behandelt Rawls` Leitbild der „lexikalischen Ordnung“ im Hinblick auf die beiden von ihm entwickelten Gerechtigkeitsprinzipien, nämlich (1) das System gleicher Grundfreiheiten und Chancengleichheit sowie (2) das Differenzprinzip. Hierbei werde ich zunächst eine möglichst präzise Definition des besagten Begriffs der „lexikalischen Ordnung“ voranstellen und…

Ethische Ernährung – eine Chimäre

Von Gunther Hirschfelder (Regensburg) In Homers Ilias, die am Anfang der fiktionalen Dichtung Europas steht, finden sich die Menschen in der Gewalt eines unentrinnbaren Schicksals, bedroht von unheimlichen Göttern und Kräften. Eine dieser seltsamen Gestalten ist Chimaira, ein feuerspeiendes Mischwesen, das von vorne wie ein Löwe aussieht, in der Mitte…

Impfskeptizismus: Anthroposoph:innen in der Verantwortung

Von Matthias Kramm (Wageningen) Wenn ich nun das Werk Rudolf Steiners analysiere, so durch eine wissenschaftsphilosophische Linse. Es geht mir nicht darum, das Werk oder die Person Rudolf Steiners in irgendeiner Weise zu verunglimpfen. Ich habe durchaus Sympathien für einige Aspekte seines Werks, insbesondere in den Bereichen der Ästhetik und…

Mit Auto-Autos gegen die Klimakrise?

Warum bei der Regulierung autonomer Fahrzeuge Nachhaltigkeitsüberlegungen eine Rolle spielen sollten Von Lando Kirchmair und Sebastian Krempelmeier (München) Autonome Autos (salopp manchmal „Auto-Autos“) sind Kraftfahrzeuge, welche „die Fahraufgabe ohne eine fahrzeugführende Person selbständig“ (§ 1d Abs. 1 Z. 1 StVG) erfüllen können. Sie werden oft als die Verkehrstechnologie der Zukunft…

Ein hegelianischer Rawls

Von Hannes Kuch (Frankfurt a.M.) Rawls wird meist als Kantianer verstanden, doch steht er auch Hegel nahe, viel näher als gemeinhin angenommen wird. Diese Nähe betrifft nicht nur die Interpretation von Rawls, sie hat deutliche Konsequenzen für die Frage nach Alternativen zum Kapitalismus, die Rawls selbst stellt: Anstelle einer Eigentümerdemokratie…

Warum Ernährung politisch ist. Ethik, Politik und Ernährungskultur

Von Franz-Theo Gottwald (Berlin) „Essen ist politisch!“ – Diese Aussage des Slow Food-Gründers Carlo Petrini bringt auf den Punkt, dass es trotz aller wirtschaftlich-technologischen Bemühungen und Produktivitätssteigerungen auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen der Welt seit dem 2. Weltkrieg noch nicht gelungen ist, Hunger zu beenden. Im Gegenteil: Hunger nimmt wieder…

Warum ein demokratischer Rechtsstaat Armut nicht tolerieren darf

Dieser Blogbeitrag bezieht sich auf einen ausführlichen Beitrag im neuen Handbuch Philosophie und Armut, welches im April 2021 bei J.B. Metzler erschienen ist. von Eva Maria Maier (Wien) Einleitung: Armut und Pandemie Gerade die aktuelle Krise illustriert eindringlich, dass wachsende Armut und Arbeitslosigkeit nicht nur ökonomische Wachstumsraten gefährden, sondern selbst die…

Die Rechte der Natur im deutschen Feuilleton. Eine Presseschau

von Stefan Knauß, Andreas Gutmann, Jula Zenetti, Klaus Bosselmann Rechte der Natur sind im Feuilleton angekommen. Die ZEIT schlägt vor, “den Hambacher Wald und das Lichtenmoor zu Rechtspersonen [zu] machen.” Die Süddeutsche legt dar, warum es lohnt, die Idee von Rechten der Natur “auch hier ernst zu nehmen.” Auch die…

Uninformed Non-Consent: Widerspricht eine Impfpflicht dem Autonomieprinzip?

von Daniel Lucas (Marburg) In Deutschland wird aktuell wieder über eine Impfpflicht – in medizinischen Berufen im Besonderen, aber auch im Allgemeinen – diskutiert. Grund dafür ist die niedrige Impfquote und die damit einhergehende Gewalt, mit welcher die vierte Corona-Welle auf die Bundesrepublik trifft. Während insbesondere der Schutz Dritter als…

Macht es Sinn, von gemeinsamer Verantwortung für Weltarmut zu sprechen?

Dieser Blogbeitrag bezieht sich auf einen ausführlichen Beitrag im neuen Handbuch Philosophie und Armut, welches im April 2021 bei J.B. Metzler erschienen ist. von Anne Schwenkenbecher (Murdoch University, Perth) Wer regelmäßig Nachrichten aus dem eigenen Land und der Welt verfolgt, wird nicht umhin können, sich die Fragen zu stellen, ob man…

Über den Begriff der Schreibform bei Ludwig Wittgenstein

Von Marcus Döller (Erfurt) In einem flüchtigen Notat aus seinen privaten Denktagebüchern gibt Wittgenstein Auskunft über den Begriff der „Schreibform“. Mit dem Begriff der „Schreibform“ gibt Wittgenstein Aufschluss über die Grundform seines Denkens. Die Weise philosophischen Denkens, die Wittgenstein vollzieht, gibt es nur im Schreiben und nur als Schreiben. Denken…

Simone de Beauvoir: Eine Feministische Phänomenologie der Schwangerschaft

Von Isabella Marcinski (Göttingen) Das Phänomen der Schwangerschaft wurde noch keiner umfassenden philosophischen Reflexion unterzogen. Zahlreiche Aspekte bilden somit Desiderate philosophischer Forschung. Die bisher vorliegenden Untersuchungen konzentrieren sich auf ethische Fragestellungen bezüglich der Reproduktionsmedizin und reproduktiver Entscheidungen. Selbst in der feministischen Philosophie ist das Phänomen der Schwangerschaft lediglich als Randthema…

Wittgensteins Denken erkunden und entdecken

Von Wilhelm Vossenkuhl (München) Vor 70 Jahren starb Ludwig Wittgenstein. Dies ist ein Anlass, aber noch kein Grund sich mit seinem Denken zu beschäftigen. Der wahre Grund ist unabhängig vom Todesdatum sein Denken. Dessen Bedeutung, Tiefgang und Reichweite wieder und neu zu entdecken, ist lohnend, wird aber von allerlei Vorurteilen…

Bias, Sprachassistent*innen und humans in the loop: für eine kritische Ethik Künstlicher Intelligenz

Von Julia Maria Mönig (Bonn) Technologieethik, genauer gesagt „KI-Ethik“, ist derzeit in aller Munde. Warum es wichtig ist,  die Kategorie „Geschlecht“ dabei zu bedenken, und einen feministischen Blick auf KI zu werfen, zeigen die folgenden Beispiele. Technologie ist nie wertneutral. In die Technikgestaltung fließen immer bereits Werte, Designvorstellungen, Absichten, Verwendungszwecke…

Staatliche Souveränität in der multipolaren Weltgemeinschaft

Von Max Gottschlich (KPU Linz) Es gehört heute zum vornehmen Ton in der Einschätzung politischer Verhältnisse, die Rede von staatlicher Souveränität für gehaltlos anzusehen. Man verweist dazu auf die Evidenz allseitiger Abhängigkeitsverhältnisse sowie ökologischer, ökonomischer, gesundheitspolitischer und sicherheitspolitischer Herausforderungen, die nicht auf einzelstaatlicher Ebene bewältigbar sind. Das zunehmende Gewicht supranationaler…